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Neues von Helmut Oehring und Falk Richter

In dem Stück "AscheMOND" unter der Regie von Claus Guth und mit Musik von Helmut Oehring steht ein Mann im Mittelpunkt, der in das Haus seiner Kindheit zurückkehrt. In "For the Disconnected Child" von Falk Richter werden sketchartige Szenen, Ausschnitte aus der Oper und Schubert-Lieder vermischt.

Von Georg-Friedrich Kühn |
    "Heute zu versuchen 'Fairy Queen' als solches aufzuführen, ist eine relativ fragwürdige Angelegenheit."

    So Regisseur Claus Guth zur Frage, warum er Purcells Semi-Opera, so wie sie ist, nicht aufführen wollte: "klapprig" wie er sagt.

    "Die Perle sind eben die Musiken von Purcell, nicht die Gesamtkonstruktion."

    Für seine Inszenierung hat Guth den Komponisten Helmut Oehring hinzugebeten als Mitbearbeiter. Gemeinsam haben sie ein quasi neues Stück erfunden, "AscheMOND". In dessen Mittelpunkt steht ein als Sprechrolle eingeführter Mann, der zurückkehrt ins Haus seiner Kindheit. Dort will er, sich erinnernd, herausfinden, warum seine Mutter einst durch Freitod starb.

    Was man in mehr als zwei doch überlangen Stunden hört und sieht, ist eine Mischung aus albtraumartigen Szenen, die die wechselnden und sich überkreuzenden Beziehungen zweier Paare rekonstruiert. In der Mitte das Kind, das immer wieder mit geisterhaften Tänzen die Aufmerksamkeit der Eltern und Freunde auf sich zu ziehen versucht.

    Shakespeares "Sommernachtstraum" und instrumentale wie elektronische Klänge Oehrings bilden neben Purcells Musik die Folie. Auch der Mythos von der Abspaltung der einst verschmolzenen Himmelsgestirne Sonne und Mond wird zitiert mit einem Text Adalbert Stifters über eine Sonnenfinsternis.

    "Die Kräfte, die die Erde zum Drehen bringen, bringen auch uns zum Drehen im Prinzip. Und davon handelt diese Oper. Davon handelt der olle Shakespeare und Purcell und immer alles, was mit Liebe und Tod zu tun hat. Das sind im Wesentlichen die Themen, die ich immer behandele."

    So Oehring. Purcells Songs, Arien und Chöre einzubinden in seine eher flächige Musik, gelingt ihm gut. Mit Marlis Petersen als Mutter oder etwa dem Countertenor Bejun Mehta hat man auch exzellente Solisten. Den die Vergangenheit erforschenden Sohn spielt Ulrich Matthes. Eine für Oehrings Komponieren konstitutive Gebärdensolistin spannt die Verbindung in die Jenseitswelt der Feen und Geister.

    Die zwei Orchester im Graben, die Akademie für Alte Musik unter Benjamin Bayl und Mitglieder der Staatskapelle unter dem kurzfristig eingesprungenen Johannes Kalitzke, mischen sich fugenlos. Ziemlich ermüdend das von Christian Schmidt konzipierte Bühnenbild mit den vier Räumen der alten Wohnung, fast permanent rotierend auf der Drehscheibe. Vom Publikum wurde der Abend dennoch heftig akklamiert.

    In der Schaubühne und als Kooperation mit der Staatsoper stellt der Regisseur und Autor Falk Richter Überlegungen an zum modernen Monadentum, die Bindungslosigkeit in den Beziehungen von Menschen heute. Sein Ausgangspunkt: die Titelfigur von Tschaikowskys Oper "Eugen Onegin".

    Im Programmheft liest man dazu Nachdenkens Wertes. Aber dass lebenslange Bindungen eher die Ausnahme sind als die Regel und die Natur sehr vielfältige Beziehungsmuster kennt – davon nichts.

    Auf der Bühne werden Songs, Texte, sketchartige Szenen, Ausschnitte aus der Tschaikowsky-Oper, Schubert-Lieder, Tanzeinlagen und Videoprojektionen ineinander vermischt. Musiker, Tänzer, Schauspieler agieren nebeneinander.

    Zu einem sinnlichen Miteinander verdichtet sich Richters "For the Disconnected Child" nicht. Es bleibt bei einem eher sterilen Volkshochschul-Kursangebot auf einer altarartigen Bühne mit eingezogener Empore.