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Neugeborenengelbsucht
Gelblicherr Schimmer der Augen

Eine Gelbsucht bei Säuglingen kommt ziemlich häufig vor. Kinderärzte diagnostizieren diese Störung bei drei von fünf Babys. Der Anteil des Blutfarbstoffs Bilirubin ist dabei erhöht und lässt Haut, Schleimhaut und Bindehaut gelblich schimmern.

Von Mirko Smiljanic | 12.04.2016
    Ein Baby mit einer Spezialbrille liegt zur Phototherapie in einem Wärmebett.
    Mit dem über dem Wärmebett angebrachten kurzwelligen blauen Licht wird bei den Säuglingen Neugeborenengelbsucht behandelt. (picture-alliance/dpa/Waltraud Grubitzsch)
    Klinikum Leverkusen, Abteilung für Neonatologische Intensivmedizin. Schwestern und Ärzte stehen vor kleinen mit Glashauben geschützten Betten, darin Babys, die alle eint: Sie brauchen medizinische Hilfe. Stolz sei man zudem auf die Mutter-Kind-Zimmer, die immer dann zum Einsatz kommen, wenn Neugeborene nach der Geburt medizinische Unterstützung brauchen.
    Ein geschmackvoll möbliertes Zimmer in sanften, hellen Farben, links stehen Betten für Mutter und Kind, die es sich an diesem Nachmittag aber in einem Sessel bequem gemacht haben. Vier Tage jung ist das Mädchen, in der 36. Woche geboren, also etwas zu früh, aber einfach nur süß,…
    "… schrecklich niedlich, ja, da kann man nichts anderes sagen, sie ist ganz unglaublich süß. Die kleinen Zehen, die kleinen Finger, alles fertig und trotzdem winzig klein, das ist schon ganz faszinierend und wundervoll zu sehen."
    Viktoria-Anna heißt ihre Tochter, benannt nach den Omas. Alles bestens, fast zumindest.
    "Eine Verwandte sagt, oh, das sieht aus, als hätte das Kind einen Sonnenbrand, aber wir mussten sagen, es leider ein bisschen gelblich, ja, es könnte eine Gelbsucht werden, jetzt ist es dann tatsächlich so."
    Augen, Haut und Schleimhäute schimmern gelblich
    Viktoria-Anna hat unmittelbar nach der Geburt eine Neugeborenengelbsucht beziehungsweise einen Neugeborenen Ikterus entwickelt. Das Weiße ihrer Augen schimmert gelblich, ebenso Haut und Schleimhäute. Das sieht schlimmer aus, als es ist, genau genommen reinigt das Mädchen gerade seinen Körper, und weil das auf Hochtouren geschieht, kommt es schon mal zu Störungen. Alle Babys müssen nach der Geburt Reste des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin ausscheiden. Bei diesem Vorgang entsteht Bilirubin, ein gelber Farbstoff, der im Idealfall über die Leber in den Darm gelangt.
    "Und wenn es Probleme gibt auf einer dieser Stufen, also hoher Anfall von Hämoglobin, also zum Beispiel bei sehr hohen Blutwerten oder bei einem Hämatom am Kopf durch die Geburt, wo dann sehr schnell Hämoglobin freigesetzt und abgebaut wird, und dann diffundiert dieses Bilirubin aus dem Blut in das Gewebe und dort und dann sieht man diesen gelben Schimmer in der Haut."
    Bei reif geborenen Kindern spricht Oberarzt Dr. Peter Jahn von einer "physiologischen Neugeborenengelbsucht". Etwas komplizierter ist der Ikterus zu früh geborener Kinder, …
    "… das ist die Schwester von der Henrietta, das ist die Josefine, und die hat schon geschafft, die liegt in einem Wärmebettchen."
    Erklärt Christina Block, Pflegerische Leiterin der neonatologischen Intensivstation am Klinikum Leverkusen. Die Zwillinge wurden in der 29. Schwangerschaftswoche geboren, haben sich nach der Entbindung aber unterschiedlich entwickelt: Josefine wiegt 1.600 Gramm, ihre Schwester 300 Gramm weniger. Beide werden rund um die Uhr digital überwacht.
    "Da können wir mit dem ersten oben beginnen, das ist die Herzfrequenz, das zweite die Sauerstoffsättigung im Blut, das heißt, wie viel Sauerstoff halt im Blut sich befindet, können wir durch einen Hausensor kontrollieren, und das dritte ist die Atemfrequenz."
    Beide Mädchen leiden unter einem Neugeborenen-Ikterus. Da ihre Organe noch nicht vollständig entwickelt sind, haben sie größere Probleme mit dem Abbau des Bilirubins als reif geborene Kinder. Rund 80 Prozent aller Frühchen entwickeln diese Störung, bei reif geborenen Kinder sind es immerhin noch 60 Prozent.
    "Das wurde mir auch gesagt, das beruhigt mich auch, dass viele Frühgeborene eine Gelbsucht haben, dass es nichts schlimmes ist, nichts außergewöhnliches, dass man es behandeln kann, aber es ist halt trotzdem schwer zu sehen, wie die kleine Maus da liegt, ja, man nicht viel machen kann, man nur warten kann."
    Hautausschlag als Nebenwirkung der Phototherapie
    Aber während des Wartens baut das Kind überflüssiges Bilirubin ab, und zwar ziemlich elegant. Neben dem Bett der Mutter steht ein blau ausgeleuchtetes Babybett, darin schläft Viktoria-Anna.
    "Das Kind liegt dann in einem geschlossenen Wärmebett, weil es ja nackt liegt, damit es nicht auskühlt, wird es also von unten noch aufgewärmt, und das blaue Lichts bestrahlt dann, wie Sie sehen, mit Leuchtstoffröhren in diesem Modell, dann ein möglichst großes Areal der Haut, und deshalb werden die Kinder halt immer auch zwischendurch neu gelagert, damit dann die bisher nicht bestrahlte Seite des Kindes, bestrahlt werden kann."
    Bei der Phototherapie – erläutert Oberarzt Dr. Peter Jahn – forciert kurzwelliges blaues Licht die Ausscheidung von Bilirubins. Dabei werden Bilirubin-Moleküle so anregt, dass sie sich zu einer wasserlöslichen Form umwandeln, die der Körper in den Darm transportieren kann. Steigen die Bilirubin-Werte besonders schnell und stark an, etwa bei einer Blutgruppenunverträglichkeit, reicht die Lichttherapie nicht. In solchen Fällen greifen Ärzte zur Austauschtransfusion: Das Blut des Babys wird komplett durch Blut der Blutgruppe 0 Rhesusfaktor negativ ersetzt – eine universell einsetzbare Blutgruppe ohne jede Unverträglichkeiten.
    Als Nebenwirkung der Phototherapie kann es zu harmlosen, nicht juckenden Hautausschlag kommen. Wichtig ist zudem, dass die Babys viel trinken, außerdem müssen ihre Augen komplett bedeckt sein. Ist das gewährleistet, verschwindet von Tag zu Tag der gelbe Schimmer.
    "Bei manchen Kindern fängt es am dritten Tag an und ist nach zwei Tagen vorbei, bei Frühgeborenen ist es häufig so, dass es mal einen Tag bestrahlt wird, einen Tag Pause und dann doch noch mal bestrahlt wird, schlussendlich ist es meistens eine Sache der ersten Lebenswoche.
    Ich habe sie jetzt gerade rausgenommen, sie war jetzt ungefähr eine Stunde drin, ich werde sie jetzt füttern, dann wickeln und dann lege ich sie wieder rein, diesmal auf den Bauch dann!"