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Neuordnung beim Berliner Lageso
Sozialsenator wirbt um neues Vertrauen

Das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales stand in den vergangenen Monaten immer wieder in den Schlagzeilen: Flüchtlinge mussten dort tagelang bei Wind und Wetter anstehen, die Verwaltung war überfordert. Doch jetzt soll alles besser werden: Mit Umstrukturierungen will der Sozialsenator die Lage in den Griff bekommen.

Von Claudia van Laak | 12.03.2016
    Der Berliner Sozialsenator spricht im Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) mit einer Sprachmittlerin.
    Der Berliner Sozialsenator im Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso). (dpa/picture alliance/Bernd von Jutrczenka)
    "Hier werden die Akten jetzt dem Flüchtling in die Hand gegeben, jeder geht jetzt mit seinen Akten weiter…"
    Ortstermin in der Registrierungsstelle für Flüchtlinge. Kein Anstellen mehr am Lageso - hier, auf dem Gelände einer alten Polizeiliegenschaft, treffen die Syrer, Afghanen und Eritreer, die es im Moment noch nach Berlin schaffen, zum ersten Mal auf deutsche Verwaltung.
    Zuvor wurden schöne bunte Schaubilder und Balkendiagramme an die Journalisten verteilt. "Administrative Maßnahmen" ist da zu lesen, "Zwei-Phasen-Modell der Registrierung" oder auch "Bearbeitungskapazität ZLA". "Wir haben jetzt die Lage im Griff" - dies möchte Berlins Sozialsenator Mario Czaja vermitteln. Zunächst aber gibt es eine Entschuldigung. Der CDU-Politiker nennt die Situation:
    "Unerträglich. Und sie war auch an vielen Stellen so, dass wir auch ganz selbstkritisch sagen müssen, dass es an vielen Tagen nicht so war, wie sich Deutschland, wie sich Berlin zeigen sollte."
    "Wir haben grundlegende Veränderungen getroffen"
    Man habe hart gearbeitet, sagt Sozialsenator Czaja, der kurz vor seiner Entlassung durch den Regierenden Bürgermeister Michael Müller stand. Das Lageso hat einen neuen, kommissarischen Chef, das Aktensuchen soll ein Ende haben, die Charité hat ein medizinisches Behandlungszentrum auf dem Gelände aufgebaut, die Erstregistrierung wurde verlagert - damit entspannte sich die Situation auf dem Gelände. Nachts gebe es kaum noch Wartende, sagt der Sozialsenator.
    "Wir glauben nicht mehr, dass wir solche großen Probleme haben werden, weil wir haben ganz grundlegend Veränderungen getroffen. Von Zentralen Aktensystemen, die elektronische Terminvergabe. Auch andere Systeme, wie beispielsweise die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, haben geholfen, um Flüchtlinge nicht regelmäßig vorsprechen lassen zu müssen, für jede Überweisung zu einem Facharzt."
    In einem Punkt ist Berlin jetzt sogar vorn - beim Flüchtlingsausweis, auch Ankunftsnachweis genannt. In fünf Städten im Probetrieb gestartet, ist Berlin das erste Bundesland, in dem alle Flüchtlinge jetzt diesen Ausweis erhalten. Markus Richter vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF:
    "An den Ankunftsnachweis werden künftig Sozialleistungen geknüpft und nur mit dem Ankunftsnachweis wird das möglich sein. Damit wird künftig vermieden, dass Flüchtlinge quasi selbst einen Zielort bestimmen, sondern dass wir hier eine stärkere Steuerung vornehmen."
    Grüne: "Czaja kommt mit der Thematik nicht klar"
    Die stark zurückgegangenen Flüchtlingszahlen erleichtern dem Land Berlin natürlich Registrierung und Versorgung der Ankommenden. Doch Sozialsenator Czaja ist überzeugt davon, dass das Lageso auch auf möglicherweise wieder steigende Zahlen vorbereitet ist.
    Skepsis bei der Opposition - die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Canan Bayram, über Mario Czaja:
    "Mein Eindruck ist eben, dass er mit der Thematik nicht klarkommt und bisher hat er dort auch nur Niederlagen erlebt. Das heißt, es gab auch für ihn keinen Zeitpunkt, wo man den Eindruck hatte: Ja, er versteht jetzt, was seine Behörde macht, er kann politische Vorgaben machen. Und das ist glaub ich auch ein großes Problem."
    Doch nachdem Berlins Sozialsenator Czaja angesichts des Chaos am Lageso monatelang praktisch abgetaucht war, hat er jetzt wieder die Initiative ergriffen. Untätigkeit will er sich offensichtlich angesichts des bevorstehenden Wahlkampfes nicht mehr vorwerfen lassen.