Der Thalamus ist eine wichtige Umschlagstation für Signale im Gehirn, die ziemlich in der Mitte des Schädels sitzt. Er gilt als Tor zum Bewusstsein, weil er die Sinnesinformationen filtert, bevor er sie an die Großhirnrinde weiterleitet. Schon lange wird vermutet, dass der Thalamus entscheidend ist für den Zustand der Wachheit. Deshalb haben Forscher aus Israel und den USA zwei Makaken feine Elektrodennetze genau dort, im Thalamus eingepflanzt.
Zusätzlich setzten sie die Elektroden auch in die Großhirnrinde. In dem Experiment, das folgte, wurden die beiden Affen erst in eine tiefe Narkose verletzt. Nach zwei Stunden wurde dann ein kleiner Teil des Thalamus, der zentrale laterale Kern elektrisch stimuliert und zwar mit Rhythmen, wie sie für das wache Gehirn typisch sind. Tatsächlich öffneten die Affen daraufhin die Augen, sie reagiert auf Töne, sie versuchten nach Gegenständen zu greifen.
Die Makaken öffneten die Augen, reagierten auf Töne
Die Stimulation dieser Region des Thalamus durchbrach die Narkose und zwar bei zwei unterschiedlichen Narkosemitteln. Die Großhirnrinde reagierte nicht nur dort, wo die Signale vom Thalamus eintrafen. Es wurden ganze Netzwerke eigenständig aktiv. Gleichzeitig hatte eine Stimulation anderer Gebiete im Thalamus keinen Effekt, sodass alles darauf hindeutet, dass der zentrale laterale Nucleus eine Art Schalter enthält, der über Bewusstlosigkeit und Wachheit entscheidet.
Die beiden Affen ließen sich nicht nur aus der Narkose holen, sondern auch aus dem Tiefschlaf. Solange stimuliert wurde, wirkten sie wach und reagierten. Schalteten die Forscher den Strom wieder ab, versanken sie erneut im Tiefschlaf.
Ein Zustand, wie man ihn vom minimalen Bewusstsein kennt
Der amerikanische Neurologe Nicholas Schiff, der an einer klinischen Anwendung der Tiefenhirnstimulation forscht, deutet die Ableitungen aus dem Gehirn der Affen nicht als volles Erleben. Sie glichen eher den Aktivitäten, die er von Patienten im vegetativen oder minimal bewussten Zustand kenne, so Schiff. Auch diese Patienten reagierten auf Geräusche, folgten Personen mit den Augen, aber sie seien eben nicht ansprechbar.
Der Ansatz von Nicholas Schiff könnte in Zukunft Patienten unterstützen, die aus dem Koma aufgewacht sind, aber noch Probleme haben mit der Konzentration, mit Erschöpfung oder Schläfrigkeit zu unterstützen. Erste Erfahrungen zeigen, dass die Stimulation genau dieses Kerns im Thalamus die Wachheit des Gehirns erhöht. Dies soll jetzt in einer Studie systematisch getestet werden. Im Hinblick auf eine Anwendung bei Komapatienten ist der Neurologe Andreas Meisel von der Charité in Berlin weniger optimistisch. Er betont, dass ein Koma anders als eine Narkose meist mit Hirnschäden einhergehe. Ob man mit einer Hirnstimulation einfach aufgeweckt werden könne, sei zumindest unklar, zumal die Operation am Gehirn auch Risiken berge.
Probleme beim Tierwohl
Auch für Neurophilosophen wie Thomas Metzinger von der Universität Mainz ist das Makaken-Experiment von Interesse. Die Arbeit zeige, das Bewusstsein nicht allein eine Funktion höherer Gehirnregionen ist. Diese sorgen wahrscheinlich für die Inhalte des Bewusstseins. Aber eine vermeintlich primitivere Region wie der Thalamus spannt erst einmal einen "Raum der Wachheit" auf, der dann mit Erleben gefüllt werden kann. Vielleicht, so spekuliert Metzinger, gelange man am ehesten in einer tiefen Meditation in diesen Raum der Wachheit hinein. Was wieder die Frage aufwirft, was die beiden Affen wohl erlebt haben, als sie so plötzlich aus der Narkose gerissen wurden. Da sieht der Philosoph bei aller Faszination für die Studie auch Probleme beim Tierwohl.