Philipp Krohn: Am Telefon begrüße ich Max Stadler, der lange Jahre die FDP in Bayern führte. Mit ihm wollen wir eine Bilanz der Ära Stoiber ziehen. Guten Tag, Herr Stadler!
Max Stadler: Guten Tag!
Krohn: Herr Stadler, geht der erfolgreichste Ministerpräsident aller Zeiten?
Stadler: Man ist ja immer geneigt, bei solchen Anlässen wie jetzt dem Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten nahezu den Wahlspruch zu beherzigen "de mortuis nihil nisi bene", also für jemand, der aus dem Amt scheidet, gilt, dass man nur noch Gutes über ihn sagt, aber ich möchte den Superlativ ein wenig relativieren. Der Ministerpräsident Stoiber blickt zweifellos auf eine erfolgreiche Regierungszeit zurück, aber bei näherer Betrachtung gibt es doch auch einige Kritikpunkte, die an solchen Tagen vielleicht dann eher als kleinkariert empfunden werden, aber die man später, wenn man mit einigem Abstand auf die Ära Stoiber zurückblickt, vielleicht wieder mehr ins Blickfeld bekommt.
Krohn: Die Arbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Stand in Deutschland, was hätte Stoiber mehr erreichen sollen?
Stadler: Das ist ein ganz wichtiger Punkt, die Arbeitslosigkeit war aber in Bayern während der Regierungszeit Stoibers ebenfalls sehr hoch, und Bayern hat profitiert, genau wie die gesamte Bundesrepublik Deutschland und damit die jetzige Bundesregierung vom Anwachsen der Weltkonjunktur. Innerhalb Bayerns gibt es aber erhebliche Unterschiede. Es gibt im Grunde Vollbeschäftigung in Freising, das ist der Bereich um den Flughafen, der sich zweifellos als Jobmaschine übrigens erwiesen hat, von der CSU durchgesetzt, das ist anzuerkennen, aber es gibt erhebliche Probleme in Oberfranken, in der Oberpfalz, auch in Teilen Niederbayerns. Nicht alles, was glänzt, ist Gold.
Krohn: Wie hätten denn diese Strukturschwächen aufgehoben werden sollen?
Stadler: Die bayerische Staatsregierung hat sehr viel Geld in die Ballungsräume gesteckt nach München und nach Nürnberg, die CSU betreibt ja in Bayern keine reine Marktwirtschaft, sondern sie betreibt ja eine staatsinterventionistische Wirtschaftspolitik zum Teil mit Erfolgen, aber eben, wenn man sich schon entschließt mit staatlicher Wirtschaftsförderung in das Marktgeschehen einzugreifen, dann ist es eben eine berechtigte Kritik, wenn davon nicht alle Landesteile gleichermaßen profitieren.
Krohn: Nun liegen in Bayern die Forschungs- und Bildungsausgaben weit über dem Bundesschnitt. 60 Prozent der Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe arbeiten in der Hightech-Branche. Hat man die Privatisierungserlöse nicht schlicht in die richtige Richtung gelenkt?
Stadler: Ich will anerkennen, dass Stoiber überhaupt als erster in der CSU erkannt hat, dass die Forderungen nach Privatisierung, wie sie beispielsweise von der FDP und der Wirtschaft schon lange zuvor erhoben worden waren, in die Tat umgesetzt werden müssen. Das war ja in den Vorgängerregierungen versäumt worden, deswegen hat Stoiber wirtschaftlichen Spielraum oder finanziellen Spielraum gehabt, den er zum Teil durchaus richtig genutzt hat. Sie haben die Beispiele ja genannt. Auf der anderen Seite ist auch in der Regierungszeit Stoibers zu beobachten gewesen, dass der Staat eben nicht immer glücklich agiert, wenn er in die Privatwirtschaft eingreift. Es sind auch Milliardenbeträge in den Sand gesetzt worden etwa durch die landeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau.
Krohn: Milliarden- und Millionenpleiten gab es auch um das Stahlwerk Maxhütte oder die Kirch-Gruppe. Wenn wir aber hier nach der politischen Verantwortung fragen, ist das dann nicht ein Suchen nach dem Haar in der Suppe?
Stadler: Ja. In diesen Fällen bin ich mit der Kritik milder, da gab es eben strukturelle Veränderungen am Markt. Wenn früher ein mittleres Unternehmen in Schwierigkeiten war, ist in Bayern immer der Wirtschaftsminister persönlich dort vorgefahren und hat Staatsbürgschaften versprochen und alles Mögliche, den Erhalt der Arbeitsplätze. Heute weiß auch die bayerische Staatswirtschaft, dass das leider in manchen Fällen nicht möglich ist, sondern dass der Markt eben auch eine Auslese trifft.
Krohn: Würde es Bayern ohne Interventionismus besser gehen?
Stadler: Zumindest wird durch Staatsinterventionismus viel Geld fehlgeleitet in die Erhaltung von überholten Strukturen, das hat man ja gerade in Nordrhein-Westfalen gesehen, in Bayern in diesem Ausmaß nicht, aber es ist auch geschehen. Und auch eine CSU-Regierung kann einen Privatisierungserlös nur einmal ausgeben, wenn das nämlich in konsumtiv Ausgaben fließt. Zum Teil, wie gesagt, ist das allerdings besser gemacht worden und man hat in Zukunftsbranchen investiert, aber das Beispiel Leo Kirch, das sie genannt haben, zeigt, dass auch die starken Einflussnahmen Bayerns, ein Medienstandort von Rang zu werden, keineswegs immer erfolgreich gewesen sind, sondern dass da eben auch Kräfte einwirken, gegen die der Staat letztlich machtlos ist.
Krohn: Die Bilanz von Max Stadler, ehemaliger FDP-Landesvorsitzender in Bayern. Danke für das Gespräch.
Stadler: Ich danke.
Max Stadler: Guten Tag!
Krohn: Herr Stadler, geht der erfolgreichste Ministerpräsident aller Zeiten?
Stadler: Man ist ja immer geneigt, bei solchen Anlässen wie jetzt dem Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten nahezu den Wahlspruch zu beherzigen "de mortuis nihil nisi bene", also für jemand, der aus dem Amt scheidet, gilt, dass man nur noch Gutes über ihn sagt, aber ich möchte den Superlativ ein wenig relativieren. Der Ministerpräsident Stoiber blickt zweifellos auf eine erfolgreiche Regierungszeit zurück, aber bei näherer Betrachtung gibt es doch auch einige Kritikpunkte, die an solchen Tagen vielleicht dann eher als kleinkariert empfunden werden, aber die man später, wenn man mit einigem Abstand auf die Ära Stoiber zurückblickt, vielleicht wieder mehr ins Blickfeld bekommt.
Krohn: Die Arbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Stand in Deutschland, was hätte Stoiber mehr erreichen sollen?
Stadler: Das ist ein ganz wichtiger Punkt, die Arbeitslosigkeit war aber in Bayern während der Regierungszeit Stoibers ebenfalls sehr hoch, und Bayern hat profitiert, genau wie die gesamte Bundesrepublik Deutschland und damit die jetzige Bundesregierung vom Anwachsen der Weltkonjunktur. Innerhalb Bayerns gibt es aber erhebliche Unterschiede. Es gibt im Grunde Vollbeschäftigung in Freising, das ist der Bereich um den Flughafen, der sich zweifellos als Jobmaschine übrigens erwiesen hat, von der CSU durchgesetzt, das ist anzuerkennen, aber es gibt erhebliche Probleme in Oberfranken, in der Oberpfalz, auch in Teilen Niederbayerns. Nicht alles, was glänzt, ist Gold.
Krohn: Wie hätten denn diese Strukturschwächen aufgehoben werden sollen?
Stadler: Die bayerische Staatsregierung hat sehr viel Geld in die Ballungsräume gesteckt nach München und nach Nürnberg, die CSU betreibt ja in Bayern keine reine Marktwirtschaft, sondern sie betreibt ja eine staatsinterventionistische Wirtschaftspolitik zum Teil mit Erfolgen, aber eben, wenn man sich schon entschließt mit staatlicher Wirtschaftsförderung in das Marktgeschehen einzugreifen, dann ist es eben eine berechtigte Kritik, wenn davon nicht alle Landesteile gleichermaßen profitieren.
Krohn: Nun liegen in Bayern die Forschungs- und Bildungsausgaben weit über dem Bundesschnitt. 60 Prozent der Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe arbeiten in der Hightech-Branche. Hat man die Privatisierungserlöse nicht schlicht in die richtige Richtung gelenkt?
Stadler: Ich will anerkennen, dass Stoiber überhaupt als erster in der CSU erkannt hat, dass die Forderungen nach Privatisierung, wie sie beispielsweise von der FDP und der Wirtschaft schon lange zuvor erhoben worden waren, in die Tat umgesetzt werden müssen. Das war ja in den Vorgängerregierungen versäumt worden, deswegen hat Stoiber wirtschaftlichen Spielraum oder finanziellen Spielraum gehabt, den er zum Teil durchaus richtig genutzt hat. Sie haben die Beispiele ja genannt. Auf der anderen Seite ist auch in der Regierungszeit Stoibers zu beobachten gewesen, dass der Staat eben nicht immer glücklich agiert, wenn er in die Privatwirtschaft eingreift. Es sind auch Milliardenbeträge in den Sand gesetzt worden etwa durch die landeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau.
Krohn: Milliarden- und Millionenpleiten gab es auch um das Stahlwerk Maxhütte oder die Kirch-Gruppe. Wenn wir aber hier nach der politischen Verantwortung fragen, ist das dann nicht ein Suchen nach dem Haar in der Suppe?
Stadler: Ja. In diesen Fällen bin ich mit der Kritik milder, da gab es eben strukturelle Veränderungen am Markt. Wenn früher ein mittleres Unternehmen in Schwierigkeiten war, ist in Bayern immer der Wirtschaftsminister persönlich dort vorgefahren und hat Staatsbürgschaften versprochen und alles Mögliche, den Erhalt der Arbeitsplätze. Heute weiß auch die bayerische Staatswirtschaft, dass das leider in manchen Fällen nicht möglich ist, sondern dass der Markt eben auch eine Auslese trifft.
Krohn: Würde es Bayern ohne Interventionismus besser gehen?
Stadler: Zumindest wird durch Staatsinterventionismus viel Geld fehlgeleitet in die Erhaltung von überholten Strukturen, das hat man ja gerade in Nordrhein-Westfalen gesehen, in Bayern in diesem Ausmaß nicht, aber es ist auch geschehen. Und auch eine CSU-Regierung kann einen Privatisierungserlös nur einmal ausgeben, wenn das nämlich in konsumtiv Ausgaben fließt. Zum Teil, wie gesagt, ist das allerdings besser gemacht worden und man hat in Zukunftsbranchen investiert, aber das Beispiel Leo Kirch, das sie genannt haben, zeigt, dass auch die starken Einflussnahmen Bayerns, ein Medienstandort von Rang zu werden, keineswegs immer erfolgreich gewesen sind, sondern dass da eben auch Kräfte einwirken, gegen die der Staat letztlich machtlos ist.
Krohn: Die Bilanz von Max Stadler, ehemaliger FDP-Landesvorsitzender in Bayern. Danke für das Gespräch.
Stadler: Ich danke.