Ihr Ruf könnte schlechter kaum sein. Eine freiwillige Selbstverpflichtung zur Zahlung eines Mindestlohns von 8 Euro 50 pro Stunde an die in ihren Unternehmen tätigen Leiharbeiter lehnen die Vertreter von Niedersachsens führenden Zerlege- und Schlachtbetrieben gleichwohl rigoros ab. Besonders ärgerlich aus Sicht des niedersächsischen Wirtschaftsministers Olaf Lies von der SPD: Zu diesem Punkt sei in einer früheren Gesprächsrunde längst Zustimmung signalisiert worden.
"Hier hat die Fleischwirtschaft das Angebot, das wir gemacht haben, ein Bild in der Öffentlichkeit wieder zu verbessern, bewusst scheitern lassen. Und das ärgert mich sehr, weil wir eine Chance gehabt hätten, aus Niedersachsen heraus einen Impuls zu setzen."
Stattdessen hätten die Unternehmen bei den Gesprächen am Vortag einen sogenannten "gefühlten Mindestlohn" angeboten, so der sichtlich empörte Minister. Demnach hätte sich der gezahlte Lohn an den Einkommensverhältnissen in den Heimatländern der oft aus Osteuropa über Subunternehmen angeheuerten Leiharbeiter bemessen sollen. Die Betreiber hätten zudem deutlich gemacht, dass die Billiglöhne durch Kindergeld und andere Sozialleistungen in Deutschland aufgestockt werden könnten.
"Dann zeigt sich, dass hier jedes Instrument ausgenutzt wird, um Lohndumping zu betreiben. Um den Sozialstaat sozusagen als Lohnsubvention zu wählen. Das ist einfach ein - darf man so sagen - perverses System, das da entstanden ist."
"Hier hat die Fleischwirtschaft das Angebot, das wir gemacht haben, ein Bild in der Öffentlichkeit wieder zu verbessern, bewusst scheitern lassen. Und das ärgert mich sehr, weil wir eine Chance gehabt hätten, aus Niedersachsen heraus einen Impuls zu setzen."
Stattdessen hätten die Unternehmen bei den Gesprächen am Vortag einen sogenannten "gefühlten Mindestlohn" angeboten, so der sichtlich empörte Minister. Demnach hätte sich der gezahlte Lohn an den Einkommensverhältnissen in den Heimatländern der oft aus Osteuropa über Subunternehmen angeheuerten Leiharbeiter bemessen sollen. Die Betreiber hätten zudem deutlich gemacht, dass die Billiglöhne durch Kindergeld und andere Sozialleistungen in Deutschland aufgestockt werden könnten.
"Dann zeigt sich, dass hier jedes Instrument ausgenutzt wird, um Lohndumping zu betreiben. Um den Sozialstaat sozusagen als Lohnsubvention zu wählen. Das ist einfach ein - darf man so sagen - perverses System, das da entstanden ist."
Kritiker: Stundenlöhne von drei bis fünf Euro üblich
8.000 bis 10.000 Menschen arbeiten nach Informationen der Landesregierung in Niedersachsens Schlachtbetrieben, ein Großteil hat Werkverträge. In einigen Betrieben sollen die Leiharbeiter inzwischen bis zu 80 Prozent aller Beschäftigten ausmachen. Kritiker der Missstände schätzen die dort gezahlten Stundenlöhne auf drei bis fünf Euro. Menschen unwürdig sind auch die Unterkünfte der Leiharbeiter. Für diese will die Landesregierung eine Beratungsstelle im Oldenburger Münsterland finanzieren und Gewerkschaften und Kirchen zur Mithilfe auffordern.
"Was wir da gesehen haben, das ist wirklich zum Teil Menschenhandel und moderne Sklaverei."
Als Folge des ergebnislosen Treffens, an dem auch er beteiligt war, kündigt Agrarminister Christian Meyer von den Grünen eine härtere Gangart an. Ziel sei es nun, über Bund, Gemeinden und Handel den nötigen Druck auf die Branche aufzubauen. Meyer setzt zudem auf den mündigen Verbraucher. Ihm schwebt eine Art Gütesiegel für den Handel vor, das den Verbraucher überhaupt erst in die Lage versetzen würde, die "Schwarzen Schafe" der Branche zu erkennen.
"Wir werden jetzt auch noch einmal stärker den Handel suchen, weil es dort am Ende ist, wo die Produkte landen, die dann eben möglicherweise Zustände der Ausbeutung und des Lohndumpings darstellen. Und dann auch mit dem Handel zusammen überlegen, ob wir nicht ein Siegel, ein Kennzeichen hinkriegen für faires Fleisch aus Niedersachsen, faire Arbeitsbedingungen."
"Was wir da gesehen haben, das ist wirklich zum Teil Menschenhandel und moderne Sklaverei."
Als Folge des ergebnislosen Treffens, an dem auch er beteiligt war, kündigt Agrarminister Christian Meyer von den Grünen eine härtere Gangart an. Ziel sei es nun, über Bund, Gemeinden und Handel den nötigen Druck auf die Branche aufzubauen. Meyer setzt zudem auf den mündigen Verbraucher. Ihm schwebt eine Art Gütesiegel für den Handel vor, das den Verbraucher überhaupt erst in die Lage versetzen würde, die "Schwarzen Schafe" der Branche zu erkennen.
"Wir werden jetzt auch noch einmal stärker den Handel suchen, weil es dort am Ende ist, wo die Produkte landen, die dann eben möglicherweise Zustände der Ausbeutung und des Lohndumpings darstellen. Und dann auch mit dem Handel zusammen überlegen, ob wir nicht ein Siegel, ein Kennzeichen hinkriegen für faires Fleisch aus Niedersachsen, faire Arbeitsbedingungen."
Keine Einzelfälle
Der kriminelle Missbrauch von Werkverträgen habe Methode, von Einzelfällen - wie von Vertretern der Branche behauptet - könne längst keine Rede mehr sein. Er habe auch eine europäische Dimension, so die Minister. Aus Nachbarländern mit Regelungen zum Mindestlohn reisten Delegationen zur Visite an, alarmiert ist auch die EU-Kommission.
Neben einer Initiative im Bundesrat werde Niedersachen auch die Bundesregierung ansprechen, kündigt der Wirtschaftsminister an. Und Olaf Lies verwehrt sich gegen den Eindruck, dass er im Konflikt mit Niedersachsens Fleischindustrie im Grunde machtlos sei:
"Ich glaube, dass in der Frage dessen, was da passiert, was da mit den Menschen passiert und welches Bild Deutschland und Niedersachsen in Europa abgibt, eine große politische Entschlossenheit entstehen wird, dem entgegen zu treten. Insofern, glaube ich, macht die Fleischindustrie einen Riesenfehler, wenn sie glaubt, dass der Bund jetzt sich dem Mindestlohn weiter versagen wird."
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"Ich glaube, dass in der Frage dessen, was da passiert, was da mit den Menschen passiert und welches Bild Deutschland und Niedersachsen in Europa abgibt, eine große politische Entschlossenheit entstehen wird, dem entgegen zu treten. Insofern, glaube ich, macht die Fleischindustrie einen Riesenfehler, wenn sie glaubt, dass der Bund jetzt sich dem Mindestlohn weiter versagen wird."
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