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Niedersächsische Technische Hochschule geplant

Seit Jahren leiden niedersächsische Hochschulen, die Ingenieure ausbilden, unter einer geringen Auslastung, weil die Attraktivität dieser Studiengänge, die in Braunschweig, Clausthal und Hannover angeboten werden, gering ist. Nun verkündete Wissenschaftsminister Lutz Stratmann, dass er die drei Standorte zu einer "Niedersächsischen Technischen Hochschule" - kurz NTH - zusammenführen will. Keine Fusion im engeren Sinne, sondern ein Zusammenschluss in Form einer "trilokalen Kooperation".

Von Michael Engel |
    "Niedersächsische Technische Hochschule" - so soll der Zusammenschluss einmal heißen, weil die Abkürzung "NTH" so schön an die erfolgreiche ETH erinnert - die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich. Die ETH ist Vorbild und Ansporn zugleich, sagt Prof. Jürgen Hesselbach, Präsident der TU Braunschweig, der nach eigenem Bekunden die Idee dazu entwickelte.

    " Die zentralen Vorteile sind eigentlich eine Bündelung der Stärken, die wir ja haben. Also wir haben sehr starke Ingenieurwissenschaften in Niedersachsen, aber verteilt über's Land. Wenn Sie sich zum Beispiel das erfolgreiche Bayern anschauen, die gönnen sich eine Technische Universität und dann gibt es noch eine technische Fakultät in Erlangen. Und das zeigt im Grunde genommen, dass man heutzutage die Ressourcen bündeln muss, auch Quantitäten tragen zur Sichtbarkeit der Hochschulstandorte bei. "

    Größe allein, die durch die Bündelung entsteht, führt aber nicht automatisch zur erhofften Exzellenz. Niedersachsen muss deutlich mehr in die drei Hochschulen investieren als bisher, fordert Prof. Hans-Peter Beck - Vizepräsident der TU Clausthal und zuständig für Forschung und Hochschulenwicklung. Er schaut dabei besonders auf die Zahl der Professoren.

    " Man kann sich ja mal die Frage stellen, und das haben wir getan, warum der Süden Deutschlands bei dieser Exzellenzinitiative, Eliteuniversitätsdiskussion, besser abgeschnitten hat. Ich glaube, das ist für jedermann sichtbar, dass beispielsweise in Bayern doppelt so viele Universitätsprofessoren bezahlt werden wie in Niedersachsen. Also, es kann nicht darum gehen, hier abzubauen, sondern es kann eigentlich nur darum gehen, Synergieeffekte zu nutzen, und diese Bereiche, die wir bei uns schon haben, zusammenzuführen, um dann stärker zu werden als wir bisher schon sind. "

    Jedoch, der Teufel steckt im Detail. Alle drei Hochschulen bieten zum Beispiel Studiengänge in Informatik und Maschinenbau an. Weil die Auslastung an den drei niedersächsischen Standorten gering ist, herrschte bislang ein harter Wettbewerb um jeden Studierenden. Jedoch: keiner der Uni-Präsidenten möchte vorhandene Studienangebote zugunsten eines anderen Standortes aufgeben, vielmehr - so die Vorstellung von Jürgen Hesselbach aus Braunschweig - solle es "ortübergreifende Fakultäten" geben.

    " Also es wird in Zukunft dann so sein, dass ich sage, ich mache eine Bachelor, ich nehme mal die Elektrotechnik, den mache ich in Braunschweig, und dann kann ich mich spezialisieren, in einem Masterprogramm, in Hannover, auch in der Elektrotechnik. Also durch diese Strukturierung des Studiums durch dieses Bachelor-Master-System sind wir in der Lage, unser Angebot durchaus ergänzend aufzustellen. Zwischen Hannover und Braunschweig, aber auch zwischen Braunschweig und Clausthal ist das dann möglich. "

    Weg von der leidigen Konkurrenz - hin zu einer Kooperation - hier herrscht Konsens bei den beteiligten Universitätspräsidenten. Prof. Erich Barke - Präsident der Uni Hannover - wünscht sich für die Leitung der NTH einen Präsidiumsvorstand, bestehend aus den drei Präsidenten. Und: Keine Einschnitte bei den Verwaltungen vor Ort. Sein besonderes Problem: Anders als in Braunschweig und Clausthal verfügt die Leibniz Universität Hannover über große geisteswissenschaftliche Fakultäten mit Instituten u.a. für Germanistik, Geschichte, Erziehungs- und Kunstwissenschaften.

    " Für uns sind die Geisteswissenschaften sehr wichtig. Wir sind ja längst viel mehr als eine technische Universität. Zugegebenermaßen ist die Lage in Braunschweig und vor allem auch in Clausthal anders. Hier wird man sich viel leichter tun, die gesamten Universitäten in eine Konstruktion "NTH" einzubringen, das wird bei uns nicht möglich sein. Sondern wir sprechen im Moment nur über die Ingenieurwissenschaften und möglicherweise angrenzende Gebiete, die wir unter das Dach NTH bringen wollen. "

    Die Geisteswissenschaften sollen unter dem Dach der Leibniz Universität Hannover bleiben. Angehende Ingenieure, die an der künftigen "trilokalen" NTH studieren, müssen wohl vor allem mobil sein: Immerhin umfasst das Dreieck Braunschweig, Clausthal und Hannover 235 Kilometer. Frühestens 2015 bis 2020 soll das ehrgeizige Projekt stehen. Wenn alles glatt läuft. Noch einmal Erich Barke:

    " Ja, ich sehe Risiken, weil Hochschulen schwer zu bewegen sind. Aber ich bin eigentlich optimistisch. "