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Nirgendwo Willkommen - Zur Lage der Kosovo-Flüchtlinge

Adler: Nirgendwo sind sie willkommen, keiner will sie haben. Das Schicksal der Menschen, die vor den Kämpfen im Kosovo flüchten, ist ungewiss und beklagenswert. Doch in Deutschland überlegen Politiker wie zum Beispiel SPD-Innenminister Glogowski aus Niedersachsen, wie die Flüchtlinge in das Bürgerkriegsgebiet zurückgeschickt werden können. Das ist seit dem Landeverbot für die jugoslawische Fluggesellschaft JAT schwieriger geworden, denn Abschiebung kann, wenn überhaupt, nur auf dem Landweg erreicht werden. Glogowski hat sich deshalb für eine Aufhebung des Landeverbots ausgesprochen. Großbritannien und nun auch Griechenland halten sich nicht an das EU-weite Landeverbot. Am Telefon ist jetzt Felicitas Rohder von der Gesellschaft für bedrohte Völker. Frau Rohder, guten Morgen!

    Rohder: Guten Morgen!

    Adler: In welche Situation würde man denn die Flüchtlinge zurückschicken, wenn man sie jetzt abschieben würde?

    Rohder: Mir ist es unbegreiflich, wie man darüber spekulieren kann, in der jetzigen Situation und bei den jetzigen Wetterbedingungen auch zusätzliche Flüchtlinge zu deportieren aus dem sicheren Europa in den Kosovo. Wir haben jetzt im Kosovo nach unterschiedlichen Schätzungen 70 bis 100 000 Menschen, die obdachlos sind, also nicht die Gesamtzahl der Flüchtlinge die ist ja weit höher , sondern Leute, die kein Dach über dem Kopf haben. Das sind Leute, die leben unter freiem Himmel, die haben keine Decken, kein Trinkwasser, die können medizinisch nicht versorgt werden, die kämpfen ums Überleben. Es hat das Sterben schon begonnen. Das ist nicht in ein paar Wochen zu erwarten, sondern es sterben jetzt schon jeden Tag Menschen. Diese Menschen kämpfen also ums Überleben, und es ist mir unbegreiflich, wenn man Bilder wie in Bosnien in den letzten Tagen wieder gesehen hat, wie man in diese Situation hinein noch Menschen abschieben will.

    Adler: Die Flüchtlinge sitzen an der Grenze zu Montenegro fest. Am Wochenende sind sie dort nicht hineingelassen worden. Sie wurden letztlich nach Albanien geschickt, das sie auch aufgenommen hat. Nur ist Albanien jetzt nach den bürgerkriegsähnlichen Zuständen in Tirana auch nicht gerade der sichere Aufenthaltsort für diese Flüchtlinge?

    Rohder: Albanien ist mit Sicherheit nicht der sichere Aufenthaltsort, und das ist ja auch nicht die Lösung. Wir müssen doch einmal an die Wurzel des Problems denken. Diese Menschen haben ein Zuhause. Sie leben im Kosovo. Sie müssen in Sicherheit und in Frieden in ihre Dörfer zurückkehren können. Das Problem ist auch nicht Albanien, sondern es ist der serbische Staat, es ist Milosevic mit seinen Truppen, der inzwischen große Gebiete im Kosovo albanerfrei gemacht hat. Und das, was man inzwischen im Kosovo beobachten kann, das muß man als Völkermord werten. Da muß man ansetzen. Die Verbrechen der Milosevic-Truppen müssen gestoppt werden, die serbischen Truppen müssen ‘raus aus dem Kosovo, damit die Leute in Frieden, in Sicherheit in ihre Heimat zurückkehren können.

    Adler: Wie groß ist denn die Gefahr, daß denn der aufständische albanische Oppositionsführer Berischa um ein Großalbanien kämpft?

    Rohder: Ich kann zu den Motiven von Herrn Berischa nichts sagen.

    Adler: Woran liegt es, daß es momentan keinerlei Gesprächsbereitschaft auf beiden Seiten gibt, sowohl auf Seiten der Kosovoalbaner als auch der serbischen Führung?

    Rohder: Ich finde die Fragestellun