Peter Kapern: Das nennt man wohl gutes Timing. Genau an dem Tag, an dem die ganze Welt über die globale Datenspionage der US-Geheimdienste diskutiert, eröffnet die bayerische Landesregierung ihr Cyber-Allianzzentrum. Hinter dem etwas unglücklich gewählten Titel verbirgt sich eine Einrichtung, die bayerischen Unternehmen dabei helfen soll, sich vor Hackerangriffen zu schützen. Bis vor wenigen Tagen hat man die bösen Buben dabei überwiegend in Peking Pjöngjang oder Moskau vermutet; heute wissen wir, sie sitzen auch in Washington.
Deutschland ist nach dem Verständnis der US-Administration für Washington also ein Partner dritter Klasse. Soll heißen, kein so enger Freund wie Großbritannien etwa, aber auch nicht ganz so übel wie Nordkorea. Auf jeden Fall rechtfertigt diese Klassifizierung aus US-Sicht die Überwachung von Millionen von Telefondaten oder Internet-Abfragen hier in Deutschland - und zwar durch US-Geheimdienste. So berichtete es ja "Der Spiegel".
- Mein Kollege Matthias von Hellfeld hat gestern Abend mit Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik über das transatlantische Verhältnis gesprochen und seine erste Frage war, ob das jetzt aufgedeckte Ausmaß der Überwachung das Verhältnis nachhaltig belasten könnte.
Josef Braml: Ich denke, dass wir andere, viel größere Probleme haben, die da jetzt durch diese Abhörskandale überlagert werden. Vielleicht haben die bestehenden Probleme, die wir im wirtschaftlichen Bereich haben, auch etwas mit diesen Spionageangriffen zu tun.
Matthias von Hellfeld: Wir beginnen gerade, mit den Amerikanern über eine Freihandelszone zu verhandeln. Ist das nicht eine starke Belastung?
Braml: Das könnte diese Verhandlungen belasten, zumal ja das Europäische Parlament auch in der Vergangenheit hier schon Probleme angemahnt hatte. Denken wir nur an die Fluggastdaten, die die Europäer den Amerikanern hätten liefern sollen. Wir haben die einigermaßen eingeschränkt, das Ganze konnte ausgebügelt werden. Dieses Thema wird aber wieder auf die Agenda gebracht werden.
von Hellfeld: Der französische Staatspräsident ist sauer, Angela Merkel ist sauer. Sie hat über den Regierungssprecher heute wörtlich sagen lassen, "abhören von Freunden, das ist inakzeptabel, das geht gar nicht, wir sind nicht mehr im Kalten Krieg." Ist das ein bisschen heuchlerisch? Hat die Bundesregierung wirklich gar nichts gewusst?
Braml: Ich denke, dass wir mit diesem Freund-Feind-Schema nicht sehr weit kommen. Wir sollten uns auch pragmatisch auf gemeinsame Interessen konzentrieren, aber auch eingestehen, dass wir massive Interessensgegensätze haben, zumal in der Wirtschaftspolitik.
von Hellfeld: Noch mal gefragt: Wusste die Regierung davon oder nicht?
Braml: Das kann sein. Ich denke, dass wir im Sicherheitsbereich mit den Amerikanern durchaus zusammenarbeiten, dass aber in anderen Politikfeldern massive Interessensgegensätze bestehen. Und ich wäre nicht überrascht, wenn hier auch Industriespionage betrieben worden wäre.
von Hellfeld: Haben denn, anders herum noch mal gefragt, deutsche Behörden möglicherweise von den durch die USA gewonnenen Daten auch etwas haben können? Sind möglicherweise Daten auf diese Art und Weise zustande gekommen und dann ausgetauscht worden?
Braml: Die Kanzlerin hat ja gesagt, dass dadurch, durch diese Kooperation auch Anschläge in Deutschland verhindert worden wären. Das ist im Sicherheitsbereich. Aber ich befürchte, dass sich die Spähaktionen nicht nur auf Terroristen konzentrieren, sondern auch in anderen Bereichen sich tummeln.
von Hellfeld: Ich wollte gerade fragen: Was steckt denn aus Ihrer Sicht, wenn Sie sich mal in die Lage der Amerikaner hinein versetzen, hinter diesen Aktivitäten?
Braml: Ich kann mir vorstellen, dass Deutschland vor allem wirtschaftspolitisch sehr interessant ist, dass Deutschland vor allem als wichtige Macht im Euro-Raum sehr interessant sein kann. Anders kann ich mir nicht vorstellen, dass vor allem auch Frankfurt, die Bankenmetropole, so interessant für die Amerikaner ist.
von Hellfeld: Aber das Ausspähen in dieser Hinsicht ist doch schlicht Wirtschaftskriminalität, oder nicht?
Braml: Das mögen Juristen beurteilen. Mir, der nur die transatlantischen Beziehungen im Auge hat, ich kann mir vorstellen, dass das noch sehr viel größere Belastungen nachziehen wird.
Kapern: Josef Braml war das von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik im Gespräch mit meinem Kollegen Matthias von Hellfeld.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Deutschland ist nach dem Verständnis der US-Administration für Washington also ein Partner dritter Klasse. Soll heißen, kein so enger Freund wie Großbritannien etwa, aber auch nicht ganz so übel wie Nordkorea. Auf jeden Fall rechtfertigt diese Klassifizierung aus US-Sicht die Überwachung von Millionen von Telefondaten oder Internet-Abfragen hier in Deutschland - und zwar durch US-Geheimdienste. So berichtete es ja "Der Spiegel".
- Mein Kollege Matthias von Hellfeld hat gestern Abend mit Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik über das transatlantische Verhältnis gesprochen und seine erste Frage war, ob das jetzt aufgedeckte Ausmaß der Überwachung das Verhältnis nachhaltig belasten könnte.
Josef Braml: Ich denke, dass wir andere, viel größere Probleme haben, die da jetzt durch diese Abhörskandale überlagert werden. Vielleicht haben die bestehenden Probleme, die wir im wirtschaftlichen Bereich haben, auch etwas mit diesen Spionageangriffen zu tun.
Matthias von Hellfeld: Wir beginnen gerade, mit den Amerikanern über eine Freihandelszone zu verhandeln. Ist das nicht eine starke Belastung?
Braml: Das könnte diese Verhandlungen belasten, zumal ja das Europäische Parlament auch in der Vergangenheit hier schon Probleme angemahnt hatte. Denken wir nur an die Fluggastdaten, die die Europäer den Amerikanern hätten liefern sollen. Wir haben die einigermaßen eingeschränkt, das Ganze konnte ausgebügelt werden. Dieses Thema wird aber wieder auf die Agenda gebracht werden.
von Hellfeld: Der französische Staatspräsident ist sauer, Angela Merkel ist sauer. Sie hat über den Regierungssprecher heute wörtlich sagen lassen, "abhören von Freunden, das ist inakzeptabel, das geht gar nicht, wir sind nicht mehr im Kalten Krieg." Ist das ein bisschen heuchlerisch? Hat die Bundesregierung wirklich gar nichts gewusst?
Braml: Ich denke, dass wir mit diesem Freund-Feind-Schema nicht sehr weit kommen. Wir sollten uns auch pragmatisch auf gemeinsame Interessen konzentrieren, aber auch eingestehen, dass wir massive Interessensgegensätze haben, zumal in der Wirtschaftspolitik.
von Hellfeld: Noch mal gefragt: Wusste die Regierung davon oder nicht?
Braml: Das kann sein. Ich denke, dass wir im Sicherheitsbereich mit den Amerikanern durchaus zusammenarbeiten, dass aber in anderen Politikfeldern massive Interessensgegensätze bestehen. Und ich wäre nicht überrascht, wenn hier auch Industriespionage betrieben worden wäre.
von Hellfeld: Haben denn, anders herum noch mal gefragt, deutsche Behörden möglicherweise von den durch die USA gewonnenen Daten auch etwas haben können? Sind möglicherweise Daten auf diese Art und Weise zustande gekommen und dann ausgetauscht worden?
Braml: Die Kanzlerin hat ja gesagt, dass dadurch, durch diese Kooperation auch Anschläge in Deutschland verhindert worden wären. Das ist im Sicherheitsbereich. Aber ich befürchte, dass sich die Spähaktionen nicht nur auf Terroristen konzentrieren, sondern auch in anderen Bereichen sich tummeln.
von Hellfeld: Ich wollte gerade fragen: Was steckt denn aus Ihrer Sicht, wenn Sie sich mal in die Lage der Amerikaner hinein versetzen, hinter diesen Aktivitäten?
Braml: Ich kann mir vorstellen, dass Deutschland vor allem wirtschaftspolitisch sehr interessant ist, dass Deutschland vor allem als wichtige Macht im Euro-Raum sehr interessant sein kann. Anders kann ich mir nicht vorstellen, dass vor allem auch Frankfurt, die Bankenmetropole, so interessant für die Amerikaner ist.
von Hellfeld: Aber das Ausspähen in dieser Hinsicht ist doch schlicht Wirtschaftskriminalität, oder nicht?
Braml: Das mögen Juristen beurteilen. Mir, der nur die transatlantischen Beziehungen im Auge hat, ich kann mir vorstellen, dass das noch sehr viel größere Belastungen nachziehen wird.
Kapern: Josef Braml war das von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik im Gespräch mit meinem Kollegen Matthias von Hellfeld.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.