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"Noël dans le parc" in Montréal
Bitterkalter Weihnachtsmarkt

Im kanadischen Montréal ist es im Winter kalt. Minus 15 Grad sind keine Seltenheit. Die Bewohner ziehen sich eher in ihre Wohnungen zurück. Der Weihnachtsmarkt "Noël dans le parc" will das ändern und die Menschen draußen versammeln - mit einer Art Musikfestival.

Von Dennis Kastrup | 19.12.2016
    Der Weihnachtsmarkt in Montreal am Abend.
    In Montréal soll ein besonderer Weihnachtsmarkt das Miteinander fördern. (Deutschlandfunk/ Dennis Kastrup)
    Die Straße Sainte-Catherine im Osten von Montréal, direkt neben der Universität Berri-UQAM und der großen Bibliothek, ein kleiner Platz, so groß wie ein Fußballfeld: Place Émilie-Gamelin. Es ist das erste Mal in der langen Geschichte von "Noël dans le Parc", dass dieser Standort gewählt wurde. Für die Umsetzung und Auswahl der Künstler ist Alain Gingras verantwortlich:
    "Wir haben hier Rechtsanwälte, alleinerziehende Mütter, Kinder und alte Menschen. Sie kommen alle von dieser großen Straße in Montreal: Rue Saint-Catherine. Eigentlich strahlt sie negative Energie aus. Aber wenn die Menschen hierher kommen, leuchten ihre Augen. Dann fangen sie an, am Feuerplatz miteinander zu reden. Vorurteile verschwinden. Das ist so schön, zu sehen. Darum geht es bei diesem Konzept."
    Mit negativer Energie meint Gingras die ansässige Obdachlosen- und Drogenszene, für die der Platz seit Jahren bekannt ist. Er sieht in ihr aber kein Problem. Im Gegenteil: Sie ist eher Ansporn. Denn sein Weihnachtsmarkt soll die unterschiedlichen Menschen zusammen bringen. Der Zugang ist kostenlos.
    Musiker spielen hinter Plexiglasscheiben
    Bis Weihnachten treten bekannte Bands aus der Region auf. Es ist bitterkalt. Am vergangenen Wochenende waren es Minus 20 Grad. Die Musiker haben es aber warm. Sie spielen in geheizten Holzhütten hinter Plexiglasscheiben. So entsteht eine seltsame Situation: Die Bands hören den Applaus nicht und sind dadurch oft irritiert. Noch komplizierter wird es, wenn ein ganzer Chor singt, wie zum Beispiel der Chorale Nouvelle Vie. Chorleiterin Tamara Beaulè muss ihre 50 Mitglieder draußen vor den Scheiben dirigieren.
    "Es ist schon sehr schwierig, weil ich alles über Kopfhörer hören muss. Das hat nicht gut funktioniert. Normalerweise rede ich mit ihnen, aber das kann ich nicht machen, wenn sie drinnen stehen und ich draußen bin. Es gibt also Vor- und Nachteile bei solchen Konzerten."
    Damit das Publikum nicht leidet, brennen ab 14 Uhr täglich zwei offene Feuer. Hier drängen sich die Menschen dicht und kommen sich näher. Oft kann man Gesprächen zuhören, die wohl so nie stattgefunden hätten: Ein Obdachloser erzählt einer Mutter mit Kind, warum er auf der Straße lebt. Ein stark alkoholisierter Mann schaut traurig ins Feuer, während Musik im Hintergrund läuft und ein Rentner ihm Mut zuspricht.
    Die ehrenamtlichen Mitarbeiter, die Musiker und die Gäste verleihen diesem Weihnachtsmarkt so eine Aura, die - auch wenn das jetzt ein bisschen kitschig klingt – durch das Miteinander der Welt ein bisschen Hoffnung schenkt. Dieses Gefühl bleibt nach einem Besuch genauso hängen wie der Geruch von dem Feuer in der Kleidung. Wenn man sie später in den Schrank hängt, duftet das eigene Zuhause nach brennendem Holz. Damit baut "Noël dans le parc" Brücken, sogar nach Deutschland.
    "Tausende haben Spaß, feiern das Leben und Weihnachten mit Bands aus Québec. Sie trinken Bier und Glühwein. Da hat uns Deutschland inspiriert. Ein kleiner Teil aus Deutschland ist also auch in Montréal beim "Noël dans le parc" dabei."