Ermittlungen
Nord-Stream-Verdächtiger von Italien an Deutschland ausgeliefert

Der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge auf die Nord-Stream-Gasleitungen in der Ostsee ist von Italien ausgeliefert worden. Der 49-jährige Ukrainer wurde mit einem Hubschrauber in Begleitung deutscher Beamter zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe gebracht. Dort soll er morgen dem Ermittlungsrichter werden, der ihm den Haftbefehl eröffnen dürfte.

    Der Mann im blauen Overall und mit Ohrenschutz wird von zwei vermummten Polizisten in Kampfmonitur abgeführt. Alle sind von hinten fotografiert. Im Hintergrund eine Wand des Bundesgerichtshofs und ein Polizeiauto.
    Der überstellte Verdächtige (m.) bei der Ankunft in Karlsruhe. (Uli Deck/dpa)
    Serhij K. soll dann auch in Deutschland der Prozess gemacht werden. Im Gespräch ist das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg. Zunächst müsste die Bundesanwaltschaft dafür aber eine Anklage erheben, und das Gericht müsste diese annehmen. Wann es so weit sein könnte, ist unklar.

    Im Urlaub festgenommen

    Italiens oberstes Gericht hatte in der vergangenen Woche die Auslieferung des Ukrainers genehmigt. Den Ermittlungen zufolge soll er die Anschläge auf die beiden Pipelines im September 2022 koordiniert haben. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm gemeinschaftliches Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindliche Sabotage vor. Festgenommen wurde er im Sommer während eines Familienurlaubs an der Adria auf Grundlage eines europäischen Haftbefehls. Offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet, dass er dort gefasst werden könnte. Zuvor soll er schon mehrfach in andere europäische Länder gereist sein, ohne dass ihm etwas geschah.

    Verdächtiger im Hungerstreik

    Der Beschuldigte bestreitet die Vorwürfe. In Italien hatte er die meiste Zeit seiner Untersuchungshaft in einem Hochsicherheitsgefängnis in Ferrara im Norden des Landes verbracht. Mit Beschwerden vor der italienischen Justiz versuchte er mehrfach, seine Auslieferung zu verhindern. Zwischenzeitlich war er auch im Hungerstreik.

    Weiterer Verdächtiger in Polen

    Die Festnahme eines weiteren Verdächtigen, ebenfalls ein Ukrainer, scheiterte 2024 zunächst. Bei Wolodymyr Z. handelt es sich laut Bundesanwaltschaft um einen ausgebildeten Taucher. Er wurde vergangenes Jahr in Polen gesichtet - kurz vor seiner Verhaftung floh er aber in die Ukraine. Ende September dieses Jahres wurde er schließlich in der Nähe von Warschau festgenommen. Ein polnisches Gericht verweigerte allerdings im Oktober seine Auslieferung nach Deutschland. Inzwischen ist der Mann wieder frei.

    Pipeline war nicht in Betrieb

    Bei der Sabotageaktion im September 2022 waren die Leitungen, die für den Transport von russischem Gas nach Deutschland gebaut worden waren, durch Sprengsätze schwer beschädigt worden. Die Nord-Stream-2-Pipelines waren damals nicht in Betrieb; es befand sich aber bereits Gas darin. Mehrere Sprengungen beschädigten die beiden Leitungen so sehr, dass sie nicht mehr genutzt werden konnten. Gaslieferungen über Nord Stream 1 hatte Russland bereits kurz zuvor gestoppt - mutmaßlich als Reaktion auf die westlichen Sanktionen angesichts des russischen Einmarschs in die Ukraine. 

    Bundesanwaltschaft übernahm Ermittlungen

    Schon kurz nach der Sabotageaktion, im Oktober 2022, hatte die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Sie geht davon aus, dass mehrere Männer und einer Frau Sprengsätze in der Nähe der dänischen Insel Bornholm an den Leitungen platzierten. Für den Transport sollen sie eine Segelyacht genutzt haben, die von Rostock aus startete. Diese sei mit Hilfe gefälschter Ausweispapiere über Mittelsmänner bei einem deutschen Unternehmen gemietet worden.
    Diese Nachricht wurde am 27.11.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.