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Nordkorea und seine Nachbarn
Zwischen Kriegsangst und Säbelrasseln

Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel haben sich in jüngster Zeit verschärft. In den Nachbarländern Nordkoreas wächst daher die Angst vor einer Eskalation des Konflikts. Im Umgang mit der Bedrohung verfolgen die Staaten allerdings sehr unterschiedliche Strategien - von Deeskalation bis zur Simulation von Raketenangriffen.

Von Axel Dorloff, Martin Fritz und Thielko Grieß | 27.04.2017
    Nordkoreanische Militärkräfte geben anlässlich des 85. Jahrestags der Armeegründung ein Konzert in Pjöngjang
    In Pjöngjang wird der 85. Jahrestag der Armeegründung Nordkoreas gefeiert. (picture alliance / MAXPPP)
    Im Stechschritt marschieren am Ostersamstag Tausende von Soldaten durch Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang. Der Anlass für die mächtige Militärparade ist der "Tag der Sonne", der Geburtstag von Staatsgründer Kim Il-sung. Sein Enkel Kim Jong-un, seit fünf Jahren selbst Machthaber, verfolgt die Parade von einem Podium aus und winkt den Soldaten immer wieder zu.
    Vorgeführt wird auch eine neue Interkontinentalrakete mit mobiler Abschussrampe. Politische Beobachter erkennen darin eine Botschaft an die USA: Seht her, wir haben Raketen, die bis nach Kalifornien fliegen können, sie sind mobil und vor dem Abschuss nur schwer auszuschalten. Die passenden Drohungen dazu liefert Choe Ryong-hae, Vize-Vorsitzender des Zentralkomitees der nordkoreanischen Arbeiterpartei und die informelle Nummer Zwei hinter Herrscher Kim.
    "Falls die Vereinigten Staaten eine rücksichtslose Provokation gegen uns ausführen, wird unsere revolutionäre Macht sofort mit einem vernichtenden Schlag dagegenhalten, und wir werden auf den totalen Krieg mit einem totalen Krieg und auf einen Atomkrieg mit einem Nuklearschlag antworten."
    Nordkoreanisches Atomprogramm weit gediehen
    Wegen solcher Rhetorik tituliert die westliche Presse Kim Jong-un – wie früher seinen Vater – gerne als den "Irren mit der Bombe". In Wirklichkeit folgt Nordkoreas Führung der Überzeugung, dass nur der Besitz von Atomwaffen und die Drohung, sie einzusetzen einen Angriff der USA verhindern kann. Diese Lehre hat Nordkorea aus dem US-geführten Krieg gegen den Irak von 2003 gezogen. Fast zur gleichen Zeit nahm Nordkorea sein Atomprogramm offiziell wieder auf. Inzwischen ist das Programm nach Ansicht von Victor Cha, Korea-Experte beim US-Thinktank Zentrum für strategische und internationale Studien, schon weit gediehen.
    Militärparade in Nordkorea anlässlich des 105. Geburtstag des vor 23 Jahren gestorbenen Präsidenten Kim Il Sung.
    Militärparade in Nordkorea anlässlich des 105. Geburtstag des vor 23 Jahren gestorbenen Präsidenten Kim Il Sung. (AFP/Ed Jones)
    "Wir unterschätzen die Nordkoreaner. Manche sagen, sie brauchen noch drei bis fünf Jahre für eine Interkontinentalrakete, aber ich denke, es könnte auch früher sein. Wir können jetzt nicht mehr einfach nur sagen: Da ist dieser verrückte Typ in Asien. Das war vielleicht vor 20 Jahren so, aber heute nicht mehr."
    Kim lässt freie Märkte zu
    Für die Atom- und Raketenrüstung zahlt Kim allerdings einen hohen Preis: Die deswegen von den Vereinten Nationen verhängten Sanktionen behindern die wirtschaftliche Entwicklung. Um Unmut in der Bevölkerung zu verhindern, lässt Kim viele Ansätze einer kapitalistischen Wirtschaft gedeihen, darunter freie Märkte, die sein Vater noch unterdrückte. Damit habe Kim Erfolg, hat Andrei Lankov, Nordkorea-Experte an der Kookmin-Universität in Seoul, beobachtet.
    "Es gibt Wachstum. Die nordkoreanische Wirtschaft läuft jetzt besser. Der Lebensstandard ist deutlich gestiegen, auch außerhalb der Hauptstadt. Der allgemeine Eindruck ist, dass es aufwärts geht."
    Südkorea setzt auf Diplomatie
    Der Aufschwung in Nordkorea wird in Südkorea aufmerksam registriert, macht er doch auf längere Sicht eine Wiedervereinigung leichter. Dieses Ziel hatte die kürzlich abgesetzte Präsidentin Park Geun-hye für ihre Nordkorea-Politik definiert. Aber in der Praxis kappte sie wegen der Atom- und Raketenrüstung alle Brücken nach Norden. Das will der Favorit bei der Präsidenten-Neuwahl, die Anfang Mai stattfindet, ändern. Er werde die Spannungen in der Region durch Gespräche abbauen, um die Atombombe zu stoppen, versprach Moon Jae-in im Wahlkampf.
    "Wir müssen die völlige Zerstörung der nordkoreanischen Atomstreitkräfte durch multilaterale Diplomatie erreichen und sowohl das innerkoreanische Friedensabkommen als auch die Beziehungen zwischen Nordkorea und den USA normalisieren. Wir brauchen eine ausgewogene Diplomatie, indem wir das Bündnis mit den USA festigen und gleichzeitig unserer Beziehung zu China nicht schaden."
    Ein Fernseher in einem Einkaufszentrum von Seoul (Südkorea) zeigt Nachrichten über einen Raketenstart in Nordkorea. 
    Der Start einer Rakete wird auf der koreanischen Halbinsel stets mit großer medialer Aufmerksamkeit verfolgt. (AFP / Ed Jones)
    Die Forderung nach einer ausgewogenen Diplomatie ergibt sich aus Südkoreas geografischer Lage, nahe Nordkorea und China. Bei einem US-Militärschlag gegen den Norden würde wohl Südkorea das erste Opfer eines Vergeltungsangriffs sein. Nordkoreas Artillerie steht 50 Kilometer nördlich der Hauptstadt Seoul. Gegen Nordkoreas Raketen installiert Südkorea gerade ein US-Abwehrsystem. Das verärgert Russland und den wichtigsten Handelspartner der Südkoreaner, China. Als am Mittwoch die ersten Teile der Abwehrbatterie an ihren Standort im Süden transportiert wurden, protestierten Hunderte Anwohner.
    Südkorea braucht die USA
    Der Protest beleuchtet das Dilemma von Südkorea: Man braucht die USA als militärische Schutzmacht und ihren Atomschirm, aber ist ihr auch ausgeliefert. Man braucht China als Wirtschaftspartner, aber will nicht zu seiner Einflusssphäre gehören. Die angespannte Lage ist auch bei einer Straßenumfrage in Seoul zu spüren.
    "Die USA greifen Syrien an und verlegen Waffen nach Korea. Das zeigt klare Kriegsabsichten. Auch Südkorea sollte sich vorbereiten."
    "Es wird immer nur geredet, aber nie ist etwas passiert. Nordkorea wird auch von niemandem unterstützt und ich glaube nicht, dass es selbst einen Krieg anfangen kann."
    Japan sieht ernste Bedrohung
    Weniger gelassen fallen die Reaktionen beim Nachbarn Japan aus. Mehrere nordkoreanische Raketen fielen nahe Japans Hoheitsgebiet ins Meer. Danach übte die japanische Marine gemeinsam mit Südkorea und den USA das Abschießen von Raketen. Vertreter aller drei Länder trafen sich Anfang der Woche, um über die Bedrohung zu beraten. Die Spannungen haben viele Japaner nervös gemacht. Die Hersteller von Atombunkern und Luftfiltern melden eine stark gestiegene Nachfrage.
    Die japanische Regierung schürt dieses Gefühl der Bedrohung. Der Zivilschutz veröffentlichte erstmals Verhaltensregeln für einen Raketenangriff. An Grundschulen entlang der Nordkorea zugewandten Westküste von Japan kam es zu ersten Übungen. Zudem warnte Premierminister Shinzo Abe im Parlament vor einem Giftgasangriff.
    Nach seinem Gespräch mit dem designierten US-Präsident Trump stellt sich Japans Regierungschef Abe den Journalisten
    Japans Regierungschef Abe nach dem Gespräch mit Trump. Japan sieht sich durch nordkoreanische Raketen bedroht. (MAXPPP)
    Mit der Scharfmacherei verfolgt der japanische Regierungschef zwei Ziele: Erstens macht er Stimmung für sein Projekt einer Verfassungsänderung. Der sogenannte Pazifismus-Artikel erlaubt Japans Militär nur Verteidigungsaktionen. Diese Beschränkung will Abe abschaffen. Zweitens profiliert er sich als treuer Bündnispartner der USA. Japan fürchtet das Hegemoniestreben von China und will das mit den USA zusammen einzudämmen. Nordkorea ist für Japan daher auch ein Testfall für die Bereitschaft der USA, sich in Asien zu engagieren.
    China sieht sich als Vermittler
    Als Mittler zwischen den Beteiligten sieht sich China. Für die Führung in Peking tritt Außenminister Wang Yi gerne und oft als warnende Stimme zum Thema Nordkorea auf.
    "Die Situation ist vergleichbar mit zwei Zügen, die aufeinander zurasen, und keiner will nachgeben. Sind beide Seiten wirklich bereit für einen Frontalzusammenstoß? Nichts ist jetzt wichtiger, als die rote Warnlampe aufleuchten zu lassen. Beide Züge müssen bremsen."
    Die Züge – das sind Nordkorea auf der einen Seite und die USA und Südkorea auf der anderen Seite. China hat demnach die Rolle, mit der roten Warnlampe zu leuchten. Der Vergleich sagt viel aus über das Selbstverständnis Chinas in der Nordkorea-Krise.
    "Auch wenn China nicht im Mittelpunkt des Konflikts steht und nicht den Schlüssel zur Lösung im Nuklearstreit hat – China hat immer darauf gedrungen, alle Seiten an den Verhandlungstisch zurückzuholen. Wir haben genug Drohkulissen und Konfrontation erlebt. Wir müssen einen friedlichen und vernünftigen Weg finden."
    Chinesisch-nordkoreanische Beziehungen so schlecht wie nie
    Für eine friedliche Lösung hat auch Yang Xiyu lange gestritten. Im chinesischen Außenministerium hat er mehrere Jahre die Abteilung für die koreanische Halbinsel geleitet. Heute arbeitet Yang für das renommierte, regierungsnahe China-Institut für Internationale Studien in Peking. Und stellt fest: Die Beziehungen Chinas zum Nachbarn Nordkorea haben in den vergangenen Jahren gelitten.
    "Die unterschiedlichen Sichtweisen beider Seiten zum Nuklearprogramm Nordkoreas sind immer mehr in den Vordergrund getreten. Allein deshalb, weil Pjöngjang seine Position geändert hat und das Waffenprogramm weiter verfolgt. Chinas Ziel ist weiter eine atomwaffenfreie, koreanische Halbinsel. Darum sind die chinesisch-nordkoreanischen Beziehungen so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht mehr."
    Chinas Außenminister Wang äußert sich in Peking (14.4.17)  zum Nordkorea-Konflikt. 
    Chinas Außenminister Wang äußert sich in Peking zum Nordkorea-Konflikt. (AFP PHOTO / Fred DUFOUR)
    Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte Nordkorea in der Vergangenheit mehrfach vor weiteren Atomtests gewarnt. Ohne Erfolg. Im Februar hat China angekündigt, den Import von Kohle aus Nordkorea bis zum Ende des Jahres zu stoppen. Auch ohne sichtbare Wirkung. Trotzdem setzt China weiterhin auf Diplomatie und will neue UN-Sanktionen unterstützen. Aber die Führung in Peking zieht eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf, sagt Korea-Experte Yang.
    "China hat sehr klare Prinzipien: keinen Krieg und kein Chaos. US-Präsident Trump sagt: Alle Optionen sind auf dem Tisch. Wenn ich die Position von Chinas Präsident Xi beschreiben soll, dann sage ich: Alle Optionen sind auf dem Tisch, bis auf die militärische Option. Da liegt der Unterschied. Aber beide, Präsident Xi und Präsident Trump, wollen ein atomwaffenfreies Nordkorea."
    Das Dilemma der chinesischen Nordkorea-Politik
    Die koreanische Halbinsel ist traditionell chinesisches Interessengebiet. Im Korea-Krieg von 1950 bis 1953 unterstützte China das kommunistische Nordkorea und half dabei, die Teilung des Landes zu zementieren. Seit 1961 hat China mit Nordkorea einen Beistandsvertrag, auch wenn die gegenseitigen Verpflichtungen mittlerweile verringert wurden. Kritiker bemängeln immer wieder, dass China seinen Einfluss auf Nordkorea nicht ausreichend nutze. Die US-Regierung unter Trump werde deshalb weiter versuchen, China zu mehr Engagement zu drängen, meint der kritische Pekinger Politik-Experte Zhang Lifan.
    "Ich glaube, die USA werden noch mehr Druck ausüben. China befindet sich mit seiner Nordkorea-Politik einmal mehr in einem Dilemma. Sie tun sich sehr schwer, dabei zu helfen, Kims Regime in Nordkorea zu stürzen. Aber ich glaube auch nicht, dass China es verhindern wird, sollten Südkorea und die USA ernst machen. China wird für Nordkorea nicht in einen koreanischen Krieg eintreten. Das schließe ich aus."
    China liefert Nordkorea die Energie
    Bis zu 90 Prozent des nordkoreanischen Energieverbrauchs beruhen auf chinesischen Importen. Rund drei Viertel der Getreideimporte Nordkoreas kommen ebenfalls aus China. Für Nordkorea ist China mit Abstand die größte Quelle für Handel und Hilfsgüter. Eine Einstellung der Lieferungen könnte dazu führen, dass Nordkorea destabilisiert und unregierbar wird. Und weitere Sanktionen aus Peking scheinen derzeit immer wahrscheinlicher, falls Nordkorea weiter Atomwaffen testet. Außenpolitik-Experte Yang vom China-Institut für Internationale Studien:
    "Wenn Nordkorea das tun sollte, wird China reagieren. Und zwar viel schärfer als zuvor. Wir können nicht einfach nichts tun, wenn Nordkorea so etwas Schreckliches macht."
    Dennoch bleibt die Führung in Peking nach wie vor bei der offiziellen Strategie, zu deeskalieren und zu mäßigen.
    Russland ist seit Jahrzehnten Partner Nordkoreas
    Stabilität wünscht sich auch Russland, das seit Jahrzehnten Beziehungen mit Pjöngjang unterhält. Nordkorea zeigte lange Jahre lang Interesse an sowjetischer Atomtechnik; erste Schritte der Zusammenarbeit unternahmen beide Seiten Ende der 50er-Jahre. In den 80er-Jahren lieferte die Sowjetunion grundlegende Materialien, schildert Alexej Arbatow, vom Moskauer Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen.
    Russland Präsident Putin spricht auf einem Wirtschaftsforum in Wladiwostock.
    Russland Präsident Putin auf einem Wirtschaftsforum in Wladiwostock. Beziehungen zu Nordkorea sind ihm wichtig, als Atommacht will er das Land nicht sehen. (dpa/picture-alliance/Alexei Druzhinin)
    "Die ersten nuklearen Sprengsätze wurden auf Basis von Plutonium hergestellt, das aus dem Brennstoff eines Forschungsreaktors stammte. Diesen Reaktor hat die Sowjetunion gebaut, weil Nordkorea 1985 dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten war und Inspektionen der Internationalen Atomenergieorganisation garantiert hatte. Dann aber ist es aus dem Vertrag ausgetreten."
    Moskaus Ziele sind Stabilität und Kooperation
    Nach dem Zerfall der Sowjetunion zeigte Präsident Boris Jelzin an einer engen Partnerschaft mit Nordkorea wenig Interesse und wandte sich stattdessen Südkorea zu. Unter Wladimir Putin hat dagegen eine Wiederannäherung an den Nachbarn stattgefunden. Dabei gilt aber auch: Eine Atommacht Nordkorea in direkter Nachbarschaft zu Russlands östlichen Regionen liegt nicht im Interesse Moskaus. Russlands Außenminister Sergej Lawrow in der vergangenen Woche:
    "Wir akzeptieren die abenteuerlichen Nuklear- und Raketenaktionen Pjöngjangs nicht. Sie verletzen zahlreiche Resolutionen des UN-Sicherheitsrates. Das bedeutet aber nicht, dass man gegen das Völkerrecht verstoßen darf. Ich hoffe sehr, dass es keine einseitigen Handlungen geben wird wie jene, die wir alle vor Kurzem vonseiten der USA in Syrien gesehen haben."
    Moskaus Ziele lauten: Stabilität, Kooperation, gegenseitige Geschäfte. Russland ist heute einer der wichtigsten Handelspartner Nordkoreas, was dem Wort Moskaus Gewicht verleiht. Die Handelsdaten der vergangenen Jahre belegen: Vor allem die Lieferungen von Kohle und Öl sind stark angestiegen. Nordkorea exportiert Fisch und Meeresfrüchte sowie in nennenswertem Umfang Musikinstrumente in die Russische Föderation.
    Nordkoreanische Arbeiter in Russland geschätzt
    Nach Zahlen der russischen Migrationsbehörde von 2015 arbeiten in Russland rund 30.000 Nordkoreaner. Sie werden zum Beispiel auf Baustellen eingesetzt. Konstantin Asmolow vom Zentrum für Koreaforschung der Russischen Akademie der Wissenschaften:
    "Die nordkoreanischen Arbeiter werden sehr geschätzt, weil die Qualität ihrer Arbeit im Unterschied zur Qualität der Arbeiter aus den anderen Ländern besser und das Kriminalitätsniveau viel niedriger ist. Nachdem die UN-Sanktionen verschärft worden sind, sind die Geldtransfers der Arbeiter eine wichtige Quelle nordkoreanischer Einnahmen geworden."
    Der US-Flugzeugträger USS Carl Vinson. Hier eine Aufnahme aus dem Jahr 2011.
    Trump schickte den US-Flugzeugträger "USS Carl Vinson" in Richtung Nordkorea. (AFP/ Aaron Tam )
    Sowohl die Vereinten Nationen als auch Menschenrechtsorganisationen haben mehrfach deutliche Kritik an den Arbeitsbedingungen der Nordkoreaner geübt. Geflüchtete Arbeiter berichteten, sie seien fast lückenlos überwacht worden. Ein Teil ihres Einkommens werde direkt an den nordkoreanischen Staat abgeführt.
    Aber Russland tut noch mehr, um die Stabilität Nordkoreas zu sichern. So hat es vor wenigen Jahren 90 Prozent der Schulden Pjöngjangs erlassen – mehr als zehn Milliarden US-Dollar. Die verbleibenden zehn Prozent sollen etwa durch die Lieferung von Rohstoffen wie Seltene Erden ausgeglichen werden. Um die Logistik abzuwickeln, hat die staatliche russische Eisenbahngesellschaft die notwendige Trasse für umgerechnet rund 300 Millionen Dollar saniert.
    Weder Trump noch Kim sind für Zurückhaltung bekannt
    Ob Russland, China, Japan oder Südkorea – gegenüber Nordkorea verfolgen die Nachbarländer unterschiedlichen Strategien, aber ein gemeinsames Interesse war in den vergangenen Wochen zu erkennen. Nämlich den Ausbruch eines Krieges zu verhindern. Auch die US-Verbündeten Japan und Südkorea betonten immer wieder die Notwendigkeit einer diplomatischen Lösung. Denn die militärischen Drohgebärden der USA wie auch Nordkoreas könnten die Lunte am Pulverfass leicht in Brand setzen. Korea-Experte Lankov ist besorgt.
    "Viel hängt davon ab, wie viel Zurückhaltung beide Seiten zeigen. Doch weder Trump noch Kim sind für Zurückhaltung bekannt. Deshalb riskieren sie, dass selbst ein kleiner Feuerwechsel zu einem zweiten Koreakrieg führen könnte, in dem Hunderttausende von Menschen sterben würden."
    USA wollen die finanziellen Daumenschrauben anziehen
    Diese Einsicht scheint inzwischen auch bei der Trump-Administration in Washington anzukommen, die jetzt den politischen und wirtschaftlichen Druck auf Pjöngjang erhöhen will. Verantwortungsbewusste Mitglieder der internationalen Gemeinschaft – gemeint ist China – sollten diesen Weg mitgehen. Auch für Verhandlungen sei man offen. Die militärische Option wurde nicht mehr erwähnt. Stattdessen zieht man die finanziellen Daumenschrauben an. Das kündigte der Vorsitzende des Kongress-Komitees für Außenpolitik, Ed Royce, diese Woche an.
    "Ein Zusatzgesetz wird sehr schnell kommen. Damit schneiden wir ihnen einige der Devisen für ihr Atomprogramm ab. Dabei werden wir uns ganz besonders auf Finanzinstitute konzentrieren."
    Vor zehn Jahren hatten die USA schon einmal Nordkorea in die finanzielle Zange genommen. Das tat dem Kim-Regime schon bald so weh, dass man an den Verhandlungstisch zurückkehrte und das Atomprogramm auf Eis legte. Diesen Erfolg möchte die US-Regierung offenbar wiederholen.