Freitag, 19. April 2024

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"NPD ist keine demokratische Partei"

Anlässlich des 75. Jahrestages der Machtergreifung der NSDAP hat der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier, erneut ein Verbot der NPD gefordert. Er sei der Überzeugung, dass die rechtsextreme Partei als verfassungsfeindlich einzuschätzen ist. Sie trete "kämpferisch, aggressiv" auf und habe "die feste Absicht, eine andere Gesellschaftsordnung" in Deutschland aufzubauen, betonte der CDU-Politiker.

Moderation: Elke Durak | 30.01.2008
    Elke Durak: 30. Januar 1933 - den Nazis wird die Macht in Deutschland übergeben. 30. Januar 2008 - rechtsextreme Parteien sitzen in deutschen Parlamenten. Was für eine Entwicklung! Dazwischen lagen Völkermord, ein verbrecherischer Weltkrieg mit Millionen Toten, ein großes Nachdenken nach der noch größeren Niederlage und dem jahrelangen, jahrzehntelangen Bemühen, alles besser zu machen. Demokratie, Menschenrechte, Meinungs- und Redefreiheit - allerdings für alle: auch für die, die sich haarscharf an den Grenzen des Rechts entlang bewegen, rechtsextrem, rechtsradikal, gefährlich und seit einiger Zeit direkt auf dem Marsch in die Mitte der Gesellschaft. 75 Jahre danach sind sie offensichtlich wieder da. Ein Mann kämpft gegen die NPD, die ihm im Parlament gegenüber sitzt: Lorenz Caffier, Innenminister in Mecklenburg-Vorpommern, nun am Telefon. Guten Morgen Herr Caffier!

    Lorenz Caffier: Schönen guten Morgen.

    Durak: "Politiker in westlichen Bundesländern lebten oft im Tal der Ahnungslosen", haben Sie wohl gesagt und meinten deren Blick auf die NPD, um deren Verbot gestritten wird. Was wissen Sie, was die anderen wohl nicht wissen?

    Caffier: Ich bin gerade auf dem Weg in die Landtagssitzung und im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern ist ja seit gut eineinhalb Jahren die NPD vertreten mit ihren Abgeordneten. Und das wissen eben viele in Deutschland nicht, welches Auftreten diese Abgeordneten haben, wie haarscharf sie immer auch in ihren Reden an grundgesetzlichen Festungen rütteln und wie ihr gesamtes Auftreten ist: undemokratisch, von Ausländerfeindlichkeit geprägt und mit viel Nähe zum Nationalsozialismus.

    Durak: Das heißt die NPD sollte Ihrer Meinung nach verboten werden?

    Caffier: Ich habe dazu eine klare Aussage getroffen. Dazu stehe ich. Ich bin der festen Überzeugung, was im Übrigen viele meiner Kollegen sind, dass die NPD eine verfassungsfeindliche Partei ist, und ich vertrete die Auffassung nach allem, was uns hier im Land bekannt ist - und ich kann hier nur als Landesminister für das Auftreten der NPD hier in Mecklenburg-Vorpommern reden -, treten sie kämpferisch, aggressiv auf und sie haben die feste Absicht, eine andere Gesellschaftsordnung hier aufzubauen. Deswegen gehören sie aus meiner Sicht auch verboten.

    Durak: Es ist ja schon mal versucht worden, das Verbot zu erreichen. Das ist nicht gelungen. Wie stellen Sie sich vor soll es denn gelingen?

    Caffier: In dem Verbotsverfahren beziehungsweise in dem Urteil haben die Richter genau gesagt, aus welchen Gründen sie in der Sache nichts beurteilen können. Deswegen wissen alle davon Betroffenen, was in jedem Fall Grundvoraussetzung ist, damit nicht ein mögliches neues Verbotsverfahren nicht gelingt. Des Weiteren muss man sich natürlich, was die Inhalte betrifft - und in der Sache der Inhalte hat das Gericht sich ja noch nie entschieden, sondern es hat nur auf Fehler im Rahmen der Vorbereitung hingewiesen -, mit den Inhalten ordnungsgemäß auseinandersetzen. Insofern gibt es ja an alle Länder die Aufforderung, bis Ende März an das Bundesamt für Verfassungsschutz Erkenntnisse zu geben, sofern man andere hat als die bisher gelieferten. Dann wird auch in dieser Form das neu überdacht werden.

    Durak: Herr Caffier, von Ihnen, dem Innenminister in Mecklenburg-Vorpommern, hört man dieses, was wir jetzt eben von Ihnen gehört haben. Man hört aber auch anderes aus Mecklenburg-Vorpommern, das wirklich erstaunt. Beim Neujahrsempfang der Schweriner Industrie- und Handelskammer saß wohl NPD-Fraktionschef Udo Pastörs in der ersten Reihe der Gäste. Die IHK hat sich zunächst verteidigt - das sei eine demokratisch gewählte Partei - und hat erst nach heftiger Kritik irgendwelche Einsichten gezeigt. Das heißt doch: Rechtsextreme sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Wie erklären Sie sich das?

    Caffier: Genau das, was Sie gerade sagen, ist das, was ich persönlich mit großem Entsetzen, nicht nur mit Bedauern, sondern mit großem Entsetzen feststelle, dass die Strategie, die die NPD verfolgt, zumindest in Teilen der Gesellschaft dahingehend Erfolg zeigt, dass man die NPD als eine - ich würde nicht demokratisch sagen-, aber als eine normal gewählte Partei mit einlädt, weil sie sozusagen im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern auch vertreten sind. Ich glaube da haben wir noch ungemein viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Die NPD ist keine demokratische Partei und deswegen muss beispielsweise eine IHK oder andere Institutionen nicht den parlamentarischen Stil pflegen und alle Parteien zu so einer Veranstaltung einladen. Das ist für eine Landtagspräsidentin eine andere Maßgabe, wenn sie sozusagen vom Protokoll her Veranstaltungen des Landtages durchführt. Da ist es leider so, dass die NPD gewählt ist.

    Durak: Gewählt mit 7,3 Prozent beim letzten Mal, in manchen Regionen sogar mit um die 30 Prozent. Was tun Sie, was tut die Landesregierung, um die Partei zu bekämpfen, deren Wähler und Sympathisanten zum anders Denken und Handeln zu bewegen?

    Caffier: Ich glaube zunächst muss die Überschrift über diese gesamte Diskussion sein "was tun wir gemeinsam, um die NPD in Zukunft zu verhindern", weil Einzelaktionen für ein NPD-Verbot oder auch gegen einen Wiedereinzug in den Landtag nicht ausreichen. Zum zweiten haben wir einen Verbund im Land gebildet. Die ganzen Fragen zum Thema Demokratie und Toleranz werden geleitet und koordiniert von meinem Kollegen Sozialminister Sellering. Aus unserem Haus wird die gesamte Präventionsarbeit durchgeführt. Die Parteien im Land Mecklenburg-Vorpommern setzen sich intensiv mit dem Thema Rechtsextremismus auseinander. Es muss darüber hinaus den Dreiklang geben von Prävention, es muss die Bildung in der Schule sich ganz klar ausrichten auf die Gefahr, die vom Nationalsozialismus ausgeht, die aber auch von der NPD insbesondere ausgeht. Insofern gibt es eine Vielfalt von Aktivitäten, unabhängig von den vielfältigen Vereinen, die es im Land gibt, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, die Rechtsextremisten zu bekämpfen.

    Durak: Lorenz Caffier (CDU), Innenminister in Mecklenburg-Vorpommern. Besten Dank für das Gespräch, Herr Caffier.