Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv

NRW: Der Fall Sami A. im Rechtsausschuss
Biesenbach sieht Aufschrei der Empörung positiv

Die Debatte über die rechtswidrige Abschiebung des Gefährders Sami A. hat für NRW-Justizminister Biesenbach (CDU) gezeigt, dass der Rechtsstaat noch sehr gut funktioniert. SPD und Grüne sahen das im Rechtsausschuss des Landtags allerdings etwas anders. Unklar bleibt weiter, ob Sami A. wieder nach Deutschland zurückkommt.

Von Moritz Küpper | 27.08.2018
    Joachim Stamp und Peter Biesenbach warten auf den Beginn der Sitzung.
    Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) und Justizminister Peter Biesenbach (CDU) vor der Sitzung des Rechtsausschusses (Federico Gambarini / dpa)
    Nein, er sehe keine Verfassungskrise im Fall des rechtswidrig abgeschobenen Gefährders Sami A., so NRWs Justizminister Peter Biesenbach, CDU, heute, in einer Sondersitzung der Rechtsausschuss des NRW-Landtages:
    "Wir haben kein gestörtes Vertrauensverhältnis von Politik und Justiz."
    Für Biesenbach zeige die Causa Sami A. sogar das Gegenteil:
    "Wir haben auch erlebt in der Diskussion in den letzten Wochen, dass dieser Rechtsstaat funktioniert. Denn alleine der Anschein, es könnte etwas Rechtswidriges danebengegangen sein, hat dazu geführt, dass es einen Aufschrei gab, wie ich ihn gerne erlebt habe. Ich bin stolz auf die Reaktion dieses Landes, der Menschen, der Richter, der Präsidentin der OVG, wie damit umgegangen worden ist. Das freut mich."
    Vorwürfe an die Opposition
    Nachdem das NRW-Oberverwaltungsgericht Münster entschieden hatte, dass Sami A. nach Deutschland zurückgeholt werden müsse, hatte OVG-Präsidentin Ricarda Brandts der Politik vorgeworfen, in diesem Fall Druck auf die Justiz ausgeübt zu haben und von einem Austesten der Rechtsstaatsgrenzen gewarnt. Zur Gewaltenteilung gehöre, dass die Regierung gerichtliche Entscheidungen zu befolgen habe, was getan werde, erwiderte heute nun Biesenbach. Er lehnte es dagegen ab, die OVG-Entscheidung selbst zu kommentieren.
    Der Minister, so Biesenbach im Ausschuss, leitet die Justizverwaltung. Er sei nicht oberster Richter. Auch das Verhalten seiner Ministerkollegen wolle er nicht bewerten. Neben Integrationsminister Joachim Stamp, der über die Abschiebung entschieden hatte, war vor allem NRW-Innenminister Herbert Reul in die Kritik geraten, weil er angemahnt hatte, dass Richter bei ihren Entscheidungen das "Rechtsempfinden der Bevölkerung im Blick" haben sollten, dafür hatte er später um Entschuldigung gebeten. Biesenbach warf der Opposition vielmehr vor, einen Sachverhalt politisch instrumentalisieren zu wollen:
    "Ich hatte die Hoffnung, wir würden heute die Chance nutzen, das Ganze ein wenig zu deeskalieren, weg von dieser Skandalisierung, aber dazu die Opposition heute überhaupt nicht bereit. Wir hätten die Möglichkeit gehabt zu sagen: Wir stehen zu diesem Rechtsstaat, wir haben einen starken Rechtsstaat. Aber nein. Es ging nur darum, einen Keil zu treiben in die Landesregierung. Entschuldigung, das ist unwürdig."
    Vertrauen verloren gegangen
    Die Opposition reite ein totes Pferd, so Biesenbach und formulierte somit einen Vorwurf, den der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion in NRW, Sven Wolf, so nicht stehen lassen wollte:
    "Also, ich glaube, dass der Rechtsstaat, die Rechtsstaatsprinzipien und die Grundprinzipien unserer Verfassung kein totes Pferd sind und da hat er sich, glaube ich, in den Worten vergriffen."
    SPD und Grüne bemängelten im Ausschuss, dass das Vertrauen als wichtiger Grundsatz des Rechtsstaates verloren gegangen sei. Biesenbachs Auftritt sei eine verpasste Chance gewesen:
    "Er hätte eigentlich, sich sehr deutlich an die Seite der Justiz stellen müssen. Das ist ausgeblieben. Jetzt liegt es am Ministerpräsidenten, dass er sich sehr deutlich positioniert."
    Eine Entschuldigung bei der Justiz sei angemessen. Unterdessen ist immer noch unklar, ob und falls ja, wann Sami A. wirklich aus Tunesien nach Deutschland zurückkehrt.