Remme: Und gleichzeitig mitgehört hat Ingo Wolf, Innenminister in Nordrhein-Westfalen von der FDP. Herr Wolf, ich grüße Sie.
Wolf: Ja, schönen guten Tag, Herr Remme.
Remme: Herr Wolf, wenn wir auf das Zeitungsecho blicken, Schneeschock wird es da geschrieben in fetten Lettern, von Katastrophenszenario ist die Rede. Ist das eine Überreaktion?
Wolf: Nein, das war schon eine ganz außergewöhnliche Situation. Ich glaube, das ist ja auch deutlich geworden, dass solch eine Situation seit Menschengedenken nicht vorgeherrscht hat, dass durch einen verhältnismäßig geringen Schneefall - es sind ja nur bis zu 30, 40 Zentimeter gewesen, verglichen mit dem Alpenland ist es ja nicht viel Schnee - aber dieser Schnee hat eben eine katastrophale Wirkung gehabt, was die Stromversorgung anbelangt. Das war das Kernproblem.
Remme: Ist es nicht trotzdem eine merkwürdige Kluft, wenn wir darüber reden, dass wir hier über Funk verbunden sind, sie vermutlich im Auto noch fahren und andererseits die Stromversorgung ein paar hundert Kilometer weiter schlicht nicht klappt?
Wolf: Also wenn Überlandleitungen mit richtigen Kaventsmännern als Masten wie Streichhölzer umknicken, dann denke ich ist das eine solch außergewöhnliche Situation, die hat keiner vorhersehen können. Und ich selber habe mir ja jetzt am Wochenende oben auch ein Bild gemacht, ich war Samstag und Sonntag in den betreffenden Krisengebieten. Da hingen die Leitungen wirklich runter und Sie konnten eben sehen richtige Oberarmdicke, ursprünglich waren das mal Finger oder Gartenschläuche. Wenn solch ein Volumen plötzlich dazu kommt, das haut den stärksten Mast erkennbar um. Nur das war nicht vorhersehbar, das ist noch nie passiert.
Remme: Müssen denn diese Kaventsmänner, wie Sie sagen, dann möglicherweise verstärkt werden?
Wolf: Da wird RWE sicherlich sich Gedanken drüber machen. Das werden wir auch mit ihm gemeinsam besprechen. Man wird auch die Frage stellen müssen, ob es noch mehr Absicherung geben muss über Ringleitungen, damit wenn etwas umfällt, an der anderen Stelle Reserve bereit steht. Nur ich war gestern in Vreden, eine Stadt mit 23.000 Einwohnern, die hatte von zwei Seiten eine Zuleitung, nur auf beiden Wegen sind sozusagen die Masten umgeknickt wie Streichhölzer. Da kann man natürlich am Ende nur sagen, dann hat auch die Reserve keine Chancen mehr gehabt. Gott sei Dank ist dann ja mit Notstromaggregaten dann doch schnell geholfen worden. Und die Institutionen, die am meisten Hilfe brauchen, Krankenhäuser, Altenheime, Wohnheime von Asylbewerbern, überall wo viele Menschen auch waren, die leicht der Hilflosigkeit eben anheim fallen, da haben wir sofort natürlich Strom wieder angeliefert.
Remme: Welche Note würden Sie denn den Leistungen des Katastrophenschutzes in dieser Hinsicht geben?
Wolf: Also ich bin von einzelnen Kritiken abgesehen durchweg auch nur mit großem Lob konfrontiert gewesen. Ich würde sagen, es hat gut geklappt. Die Bezirksregierungen, die Kreisverwaltungen, die Gemeindeverwaltungen haben gut zusammengearbeitet. Das war ein hervorragender Zusammenschluss auch von Polizei, Feuerwehr, Hilfsorganisationen und die Ehrenamtlichen muss man sagen, rund um die Uhr, bis hin zu einer Nachbarschaftshilfe, die beispiellos war. Oben die Menschen dort, haben das sehr gefasst hingenommen und sind auch sehr ruhig mit dem Thema umgegangen. Das ist natürlich hart, wenn sie warten und warten, Stund um Stund auf den Stromanschluss und er kommt nicht. Nur Gott sei Dank haben wir jetzt bis auf 50.000 das reduzieren können. Das heißt von den 250.000, die ursprünglich ohne Strom waren, ist es erheblich besser geworden und man kann immer wieder sagen, stündlich schafft RWE den nächsten Netzschluss.
Remme: Herr Wolf, für viele war es am Wochenende nicht nur eine Frage der mangelnden Gemütlichkeit, sondern auch eine Frage der Existenz. Ich denke an die landwirtschaftlichen Betriebe, vor allen Dingen die Melkbetriebe. Diese wurden sicherlich durch Notstromaggregate so weit es geht versorgt, das haben Sie eben geschildert. Aber der Ärger mit dem Stromversorger, in diesem Falle RWE, der ist ja da. Haben Sie Verständnis für den Ärger von Kunden?
Wolf: Naja, gegen Naturkatastrophen solchen Ausmaßes ist niemand gefeit. Wenn sich niemand in der Gegend und auch glaube ich in ganz Deutschland nicht an eine solche Situation erinnern kann, dann ist das etwas außergewöhnliches. Da muss man am Ende mit fertig werden. Und gerade in der Landwirtschaft haben wir massiv geholfen. Es sind die Notstromaggregate immer rundgeführt worden, die Melkbetriebe, auch die Ferkelzucht, die ja Licht brauchen. Es ist natürlich klar, dass der eine oder andere dem einen oder anderen die Zeit zu lang wird beim Warten. Das hatten wir auch bei den Autounfällen beziehungsweise der Straßensperrung auf der A31. Wenn Sie kilometerlange Staus haben, die nicht sofort aufgelöst werden können, dann wird natürlich der eine oder andere unruhig. Nur die Kräfte haben wirklich bis zum Rand der Erschöpfung gearbeitet. Wir haben da schichtweise ausgetauscht. Wir haben aus anderen Landesteilen dann auch die Rettungskräfte dazu geführt. Das war schon vorbildlich.
Remme: Den Katastrophenschutz, den will ich gar nicht kritisieren.
Wolf: Auch der RWE hat einen Krisenstab gehabt und der hat funktioniert.
Remme: Das ist ein Konzern, der macht jede Menge Gewinne. Der Bund der Energieverbraucher sagt jetzt, da müssen Schadensersatzansprüche natürlich geltend gemacht werden können. Stimmen Sie zu?
Wolf: Also zunächst einmal bevor man über Schadensersatz spricht, muss man überhaupt wissen, welche Schäden entstanden sind. Das wird man im Einzelnen eruieren. Es ist für mich jedenfalls ganz klar, dass das RWE eine solche Situation nicht vorher sehen konnte und dass dann auch mit allen, was verfügbar war, sofort geholfen wurde. Andere Energieversorger sind eingesprungen. Ich habe das extra auch noch mal gefragt. Also auch andere Energieversorgungsunternehmen haben Personal gestellt. Am Ende haben wir 750 Notstromaggregate im Einsatz gehabt, um eben die wichtigsten Unternehmungen zu stützen. Dass das natürlich nicht am nächsten Tag erledigt ist, ist völlig selbstverständlich. Und eine Pauschalkritik, dagegen möchte ich mich auf jeden Fall auch verwahren. Man muss jeder Problematik im Einzelfall nachgehen. Nur wenn etwas nicht vorhersehbar ist, dann kann man auch im Nachhinein nicht anderen Leuten pauschal Vorwürfe machen.
Remme: Schließen Sie jetzt eine Schadensersatzleistung aus oder nicht?
Wolf: Das sind Fragen, die sich zunächst einmal bei jedem natürlich nach eigenen Versicherungen richtet. Es gibt ja auch Elementarschadenversicherungen, das wird man prüfen. Erst ganz am Ende stellt sich die Frage natürlich des Schadensersatzes gegenüber RWE. Da wird die Frage sein, ob höhere Gewalt nicht an dieser Stelle auch Schadensansprüche ausschließt.
Remme: Also das Argument, wer das Geschäft macht, soll auch für die Sicherheit der Versorgung leisten, überzeugt Sie nicht?
Wolf: Es geht immer darum, dass die Dinge bei uns rechtlich abgesichert sind. Und eine Gefährdungshaftung ist ja in vielen Punkten da. Das Problem ist nur, ob es bis zu einem gewissen Punkt hier nicht ausgeschlossen ist. Und das Thema höhere Gewalt, das muss man juristisch überprüfen, ob das insofern Platz greift, ist da natürlich häufig ein Ausschlusskriterium.
Remme: Ingo Wolf war das, der Innenminister von Nordrhein-Westfalen. Er ist von der FDP. Herr Wolf, vielen Dank für das Gespräch.
Wolf: Ja, schönen guten Tag, Herr Remme.
Remme: Herr Wolf, wenn wir auf das Zeitungsecho blicken, Schneeschock wird es da geschrieben in fetten Lettern, von Katastrophenszenario ist die Rede. Ist das eine Überreaktion?
Wolf: Nein, das war schon eine ganz außergewöhnliche Situation. Ich glaube, das ist ja auch deutlich geworden, dass solch eine Situation seit Menschengedenken nicht vorgeherrscht hat, dass durch einen verhältnismäßig geringen Schneefall - es sind ja nur bis zu 30, 40 Zentimeter gewesen, verglichen mit dem Alpenland ist es ja nicht viel Schnee - aber dieser Schnee hat eben eine katastrophale Wirkung gehabt, was die Stromversorgung anbelangt. Das war das Kernproblem.
Remme: Ist es nicht trotzdem eine merkwürdige Kluft, wenn wir darüber reden, dass wir hier über Funk verbunden sind, sie vermutlich im Auto noch fahren und andererseits die Stromversorgung ein paar hundert Kilometer weiter schlicht nicht klappt?
Wolf: Also wenn Überlandleitungen mit richtigen Kaventsmännern als Masten wie Streichhölzer umknicken, dann denke ich ist das eine solch außergewöhnliche Situation, die hat keiner vorhersehen können. Und ich selber habe mir ja jetzt am Wochenende oben auch ein Bild gemacht, ich war Samstag und Sonntag in den betreffenden Krisengebieten. Da hingen die Leitungen wirklich runter und Sie konnten eben sehen richtige Oberarmdicke, ursprünglich waren das mal Finger oder Gartenschläuche. Wenn solch ein Volumen plötzlich dazu kommt, das haut den stärksten Mast erkennbar um. Nur das war nicht vorhersehbar, das ist noch nie passiert.
Remme: Müssen denn diese Kaventsmänner, wie Sie sagen, dann möglicherweise verstärkt werden?
Wolf: Da wird RWE sicherlich sich Gedanken drüber machen. Das werden wir auch mit ihm gemeinsam besprechen. Man wird auch die Frage stellen müssen, ob es noch mehr Absicherung geben muss über Ringleitungen, damit wenn etwas umfällt, an der anderen Stelle Reserve bereit steht. Nur ich war gestern in Vreden, eine Stadt mit 23.000 Einwohnern, die hatte von zwei Seiten eine Zuleitung, nur auf beiden Wegen sind sozusagen die Masten umgeknickt wie Streichhölzer. Da kann man natürlich am Ende nur sagen, dann hat auch die Reserve keine Chancen mehr gehabt. Gott sei Dank ist dann ja mit Notstromaggregaten dann doch schnell geholfen worden. Und die Institutionen, die am meisten Hilfe brauchen, Krankenhäuser, Altenheime, Wohnheime von Asylbewerbern, überall wo viele Menschen auch waren, die leicht der Hilflosigkeit eben anheim fallen, da haben wir sofort natürlich Strom wieder angeliefert.
Remme: Welche Note würden Sie denn den Leistungen des Katastrophenschutzes in dieser Hinsicht geben?
Wolf: Also ich bin von einzelnen Kritiken abgesehen durchweg auch nur mit großem Lob konfrontiert gewesen. Ich würde sagen, es hat gut geklappt. Die Bezirksregierungen, die Kreisverwaltungen, die Gemeindeverwaltungen haben gut zusammengearbeitet. Das war ein hervorragender Zusammenschluss auch von Polizei, Feuerwehr, Hilfsorganisationen und die Ehrenamtlichen muss man sagen, rund um die Uhr, bis hin zu einer Nachbarschaftshilfe, die beispiellos war. Oben die Menschen dort, haben das sehr gefasst hingenommen und sind auch sehr ruhig mit dem Thema umgegangen. Das ist natürlich hart, wenn sie warten und warten, Stund um Stund auf den Stromanschluss und er kommt nicht. Nur Gott sei Dank haben wir jetzt bis auf 50.000 das reduzieren können. Das heißt von den 250.000, die ursprünglich ohne Strom waren, ist es erheblich besser geworden und man kann immer wieder sagen, stündlich schafft RWE den nächsten Netzschluss.
Remme: Herr Wolf, für viele war es am Wochenende nicht nur eine Frage der mangelnden Gemütlichkeit, sondern auch eine Frage der Existenz. Ich denke an die landwirtschaftlichen Betriebe, vor allen Dingen die Melkbetriebe. Diese wurden sicherlich durch Notstromaggregate so weit es geht versorgt, das haben Sie eben geschildert. Aber der Ärger mit dem Stromversorger, in diesem Falle RWE, der ist ja da. Haben Sie Verständnis für den Ärger von Kunden?
Wolf: Naja, gegen Naturkatastrophen solchen Ausmaßes ist niemand gefeit. Wenn sich niemand in der Gegend und auch glaube ich in ganz Deutschland nicht an eine solche Situation erinnern kann, dann ist das etwas außergewöhnliches. Da muss man am Ende mit fertig werden. Und gerade in der Landwirtschaft haben wir massiv geholfen. Es sind die Notstromaggregate immer rundgeführt worden, die Melkbetriebe, auch die Ferkelzucht, die ja Licht brauchen. Es ist natürlich klar, dass der eine oder andere dem einen oder anderen die Zeit zu lang wird beim Warten. Das hatten wir auch bei den Autounfällen beziehungsweise der Straßensperrung auf der A31. Wenn Sie kilometerlange Staus haben, die nicht sofort aufgelöst werden können, dann wird natürlich der eine oder andere unruhig. Nur die Kräfte haben wirklich bis zum Rand der Erschöpfung gearbeitet. Wir haben da schichtweise ausgetauscht. Wir haben aus anderen Landesteilen dann auch die Rettungskräfte dazu geführt. Das war schon vorbildlich.
Remme: Den Katastrophenschutz, den will ich gar nicht kritisieren.
Wolf: Auch der RWE hat einen Krisenstab gehabt und der hat funktioniert.
Remme: Das ist ein Konzern, der macht jede Menge Gewinne. Der Bund der Energieverbraucher sagt jetzt, da müssen Schadensersatzansprüche natürlich geltend gemacht werden können. Stimmen Sie zu?
Wolf: Also zunächst einmal bevor man über Schadensersatz spricht, muss man überhaupt wissen, welche Schäden entstanden sind. Das wird man im Einzelnen eruieren. Es ist für mich jedenfalls ganz klar, dass das RWE eine solche Situation nicht vorher sehen konnte und dass dann auch mit allen, was verfügbar war, sofort geholfen wurde. Andere Energieversorger sind eingesprungen. Ich habe das extra auch noch mal gefragt. Also auch andere Energieversorgungsunternehmen haben Personal gestellt. Am Ende haben wir 750 Notstromaggregate im Einsatz gehabt, um eben die wichtigsten Unternehmungen zu stützen. Dass das natürlich nicht am nächsten Tag erledigt ist, ist völlig selbstverständlich. Und eine Pauschalkritik, dagegen möchte ich mich auf jeden Fall auch verwahren. Man muss jeder Problematik im Einzelfall nachgehen. Nur wenn etwas nicht vorhersehbar ist, dann kann man auch im Nachhinein nicht anderen Leuten pauschal Vorwürfe machen.
Remme: Schließen Sie jetzt eine Schadensersatzleistung aus oder nicht?
Wolf: Das sind Fragen, die sich zunächst einmal bei jedem natürlich nach eigenen Versicherungen richtet. Es gibt ja auch Elementarschadenversicherungen, das wird man prüfen. Erst ganz am Ende stellt sich die Frage natürlich des Schadensersatzes gegenüber RWE. Da wird die Frage sein, ob höhere Gewalt nicht an dieser Stelle auch Schadensansprüche ausschließt.
Remme: Also das Argument, wer das Geschäft macht, soll auch für die Sicherheit der Versorgung leisten, überzeugt Sie nicht?
Wolf: Es geht immer darum, dass die Dinge bei uns rechtlich abgesichert sind. Und eine Gefährdungshaftung ist ja in vielen Punkten da. Das Problem ist nur, ob es bis zu einem gewissen Punkt hier nicht ausgeschlossen ist. Und das Thema höhere Gewalt, das muss man juristisch überprüfen, ob das insofern Platz greift, ist da natürlich häufig ein Ausschlusskriterium.
Remme: Ingo Wolf war das, der Innenminister von Nordrhein-Westfalen. Er ist von der FDP. Herr Wolf, vielen Dank für das Gespräch.