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NRW-Medienminister
Den "Bock zum Gärtner" gemacht?

Mit Stephan Holthoff-Pförtner hat NRW seit gut einem Monat einen Medienminister, der sich mit seinem Metier bestens auskennt: Zuvor war er Präsident des Verbandes Deutscher Zeitungsverleger. Doch ganz hat der Politiker noch nicht mit dem Mediengeschäft abgeschlossen. Er bleibt Anteilseigner der Funke Mediengruppe - ein Interessenkonflikt?

Von Moritz Küpper | 09.08.2017
    Stephan Holthoff-Pförtner, Jurist, Anwalt von Helmut Kohl, aufgenommen am 12.10.2014 während der ARD-Talksendung "Günther Jauch" im Studio des Berlin Gasometer.
    Besteht bei NRWs Medienminister Stephan Holthoff-Pförtner auf Grund seiner Anteile an der Funke Mediengruppe ein Interessenkonflikt mit seinem politischen Amt? (dpa / Karlheinz Schindler)
    Es war im Mai, exakt zwei Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, als Stephan Holthoff-Pförtner als Präsident des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger in Düsseldorf den Sammelband "Medien und Journalismus 2030. Perspektiven für NRW" vorstellte.
    "Herr Holthoff-Pförtner hat bei der Präsentation des Buches einige Worte zu dem Buch gesagt und durchaus waren dort kritische Stimmen auch zu hören seinerseits zu den Beiträgen in unserem Buch", erinnert sich Alexander Vogt.
    Zusammen mit seinem SPD-Parteifreund Marc Jan Eumann, dem damaligen Staatssekretär für Medien in NRW, ist er Herausgeber des Buches und - auch in der neuen Legislaturperiode - medienpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.
    Weiterhin Anteilseigner der Funke Mediengruppe
    Holthoff-Pförtner dagegen ist nicht mehr Zeitschriftenverleger-Präsident, sondern nun Minister für Bundesangelegenheiten, Europa, internationale Beziehungen und vor allem Medien in Nordrhein-Westfalen. Aber: Weiterhin Anteilseigner der Funke Mediengruppe, auch wenn er seine Führungsämter dort nach Vereidung niedergelegt.
    Für Vogt ist die Berufung seines einstigen Laudators vor allem eines: ein Interessenskonflikt. Wie soll ein künftiger Medienminister arbeiten?
    "Da stellen wir uns schon die Frage, wie das eigentlich geschehen soll, wenn wir uns die Funke-Mediengruppe ansehen, dann haben wir dort alleine in Nordrhein-Westfalen vier Zeitungstitel, wir haben eine ganze Reihe an Zeitschriften, wir haben zwölf private lokale Radiosender und wir haben über 80 Anzeigen-Titel, plus das Digitalgeschäft. Das ist schon ein ganz großer Bereich in der Medienthematik, der hier betroffen ist."
    Interessenkonflikt könnte Gesetzgebung beeinflussen
    Zumal es im Koalitionsvertrag zahlreiche medienpolitische Punkte gebe, die aus Vogts Sicht, die Funke-Mediengruppe betreffen.
    "Wenn wir beispielsweise sehen, dass das Landesmediengesetz geändert werden soll, was die Rahmenbedingungen für private, lokale Radiosender festsetzt und das Digitalgeschäft. Wenn wir sehen, dass das WDR-Gesetz geändert und bearbeitet werden soll, was die Werbezeiten regelt, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Anspruch nehmen darf und auf der anderen Seite natürlich die privaten Radiosender sich 100 Prozent aus Werbeeinnahmen finanzieren, dann sehen wir ganz viele Punkte, die, wenn wir Herrn Laschet ernstnehmen und Herr Holthoff-Pförtner sich zu diesen Punkten nicht äußern darf und nicht beteiligen darf, direkt die Frage entstehen lassen: Wie soll dann eigentlich Medienpolitik in Nordrhein-Westfalen funktionieren?"
    Ministerehrenkommission soll mögliche Interessenskonflikte prüfen
    "Wie jedes weitere berufene Kabinettsmitglied wird auch Minister Holthoff-Pförtner sein Handeln alleine an Verfassung und Gesetz sowie am Wohle des Landes Nordrhein-Westfalen und seiner Bürgerinnen und Bürger orientieren und sich damit entsprechend seines geleisteten Eides verhalten", sagt Regierungssprecher Christian Wiermer.
    Eine sogenannte Ministerehrenkommission werde mögliche Interessenskonflikte prüfen; Holthoff-Pförtner werde sich an Entscheidungen, die seine Verlagsgesellschaft unmittelbar betreffen, nicht beteiligen, kündigte zudem Ministerpräsident Armin Laschet an. SPD-Mann Vogt zweifelt die Praxis-Tauglichkeit dieses Modells an.
    "Wir haben die Vorgabe in Nordrhein-Westfalen, dass beispielsweise im Plenum nicht der Staatssekretär reden darf, sondern nur der Minister. Und wer spricht dann eigentlich zu den gesamten Gesetzesvorhaben der Landesregierung? Wer arbeitet eigentlich diese Vorlagen aus, wenn Herr Holthoff-Pförtner laut Herrn Laschet sich an diesen Themen gar nicht beteiligen soll?"
    Fehlende Sensibilität?
    Alles kein Problem, heißt es aus Holthoff-Pförtners Ministerium. Doch Vogt ist nicht alleine mit seinen Bedenken, auch für Martin Morlok, Professor für Rechtswissenschaften an der Universität Düsseldorf, ist der Interessenskonflikt durch Holthoff-Pförtners Besitz offensichtlich.
    Das führe dazu, "dass seine Orientierung am Gemeinwohl strukturell - das betone ich - gefährdet ist, durch sein Eigeninteresse."
    Er sieht in dem Vorgang fehlende Sensibilität.
    "Dass man also den Bock zum Gärtner macht, das ist ja sprichwörtlich keine gute Idee", findet auch Professor Hans-Herbert von Arnim, Verfassungsrechtler der Universität Speyer, der sich seit Jahrzehnten mit Interessenskonflikten rund um öffentliche Ämter auseinandersetzt.
    "Wenn man selbst so starke Interessen hat, an den Auswirkungen der eigenen Medienpolitik, dann ist so jemand eigentlich als Medienminister nicht tragbar."
    Und während Morlok dafür plädiert, die Medien-Zuständigkeit anderweitig zu vergeben, kann für von Arnim Holthoff-Pförtner nur unter einem Gesichtspunkt Medienminister bleiben.
    "Wenn er seine Beteiligungen abtreten würde. Und zwar endgültig abtreten würde. Dann würde wahrscheinlich nichts gegen die Übernahme des Medienministeramts sprechen. Aber meines Erachtens nur dann."