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NSU-Prozess
Beate Zschäpe entzieht Verteidigung ihr Vertrauen

Die mutmaßliche Rechtsterroristin und Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, hat ihren drei Verteidigern überraschend das Vertrauen entzogen. Der Vorsitzende Richter setzte das Verfahren daraufhin bis zum kommenden Dienstag aus.

16.07.2014
    Die Angeklagte Beate Zschäpe betritt den Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München.
    Beate Zschäpe (picture alliance / dpa / Peter Kneffel)
    Zschäpe ließ dem Gericht die Entscheidung über einen Polizisten mitteilen. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl gab diese Aussage in der Verhandlung bekannt. Die laufende Vernehmung des Zeugen Tino Brandt wurde abgebrochen. Richter Götzl forderte Zschäpe auf, bis Donnerstag 14.00 Uhr die Gründe für den Vertrauensentzug näher darzulegen.
    Will Zschäpe doch endlich reden?
    Ob die Entscheidung einen förmlichen Mandatsentzug bedeutet, war zunächst unklar. Zschäpe wird bislang von den Anwälten Anja Sturm, Wolfgang Stahl und Wolfgang Heer vertreten. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa soll sich Zschäpe mit ihnen über die Frage ihre Aussageverhaltens uneins sein. Offenbar will sie sich Fragen des Gerichts stellen. An den bisherigen 128 Verhandlungstagen schwieg sie aber konsequent. Erst, als der Richter sie fragte, ob der Wachbeamte ihre Misstrauensbekundung gegen ihre Anwälte dem Gericht korrekt geschildert habe, gab sie zum ersten Mal im Verfahren eine - wenn auch stumme - Antwort: Sie nickte.
    Eine Sprecherin des Gerichts sagte, das Gericht werde jetzt prüfen, ob die Gründe Zschäpes stichhaltig seien. Außerdem müssten ihre Anwälte dazu schriftlich Stellung nehmen. Zschäpes Verteidiger sind vom Gericht bestellte Pflichtverteidiger. Sie kann sie darum nicht auf eigenen Wunsch entlassen. Vielmehr muss sie das Gericht überzeugen, dass das Vertrauensverhältnis tatsächlich zerrüttet ist.
    Vernehmung des Zeugen Brandt
    Der Zeuge Brandt ist Gründer des "Thüringer Heimatschutzes". Er hatte am Vormittag berichtet, dass nach dem Untertauchen der drei späteren mutmaßlichen NSU-Terroristen Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt 1998 sich ihr Unterstützer-Umfeld offenbar fieberhaft bemüht habe, sie zur Rückkehr in die Legalität zu bewegen oder ein Versteck im Ausland zu finden.
    Zschäpe soll zusammen mit den beiden Neonazis Mundlos und Böhnhardt die Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) gebildet haben. Dem NSU werden unter anderem zehn Morde und zwei Bombenanschläge angelastet, Tatmotiv soll Ausländerhass gewesen sein. Der unerkannt im Untergrund agierende NSU flog erst auf, nachdem sich Mundlos und Böhnhardt nach einem missglückten Banküberfall Anfang November 2011 das Leben nahmen.
    (pg/swe)