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NSU-Prozess
Schlussplädoyers verschoben

Eigentlich sollten am Dienstag vor dem Oberlandesgericht in München die Schlussplädoyers im NSU-Prozess beginnen. Doch dies wurde nun verschoben. Der Prozess dauert seit vier Jahren an. Journalist Stefan Aust meint im Dlf dennoch, dass zwei Kernfragen ungeklärt bleiben.

19.07.2017
    Beate Zschäpe am 19. Juli 2017 beim NSU-Prozess in München.
    Beate Zschäpe ist als einzig überlebendes Mitglied des "Nationalsozialistischen Untergrunds" wegen Mittäterschaft an allen Verbrechen angeklagt. (AFP / MICHAELA REHLE)
    Der Beginn der Plädoyers verzögerte sich zunächst. Die Verteidigung der Hauptangeklagten Zschäpe sowie des mutmaßlichen NSU-Helfers Wohlleben kündigten an, einen prozessualen Antrag vorbereiten zu wollen. Das Gericht unterbrach den Prozess deshalb zunächst bis zum Nachmittag. Dann beendete der Vorsitzende Richter Manfred Götzl den Prozesstag wegen der Streitigkeiten. Das Verfahren wird am Dienstag fortgesetzt.
    Hintergrund ist, dass der Vorsitzende Richter Götzl den Antrag der Verteidigung ablehnte, eine Audioaufzeichnung der Plädoyers zuzulassen. Darauf wollen die Anwälte nun reagieren. Der Prozess läuft seit mehr als vier Jahren.
    Am Dienstag hatte Richter Götzl angekündigt, dass am Mittwoch die Plädoyers beginnen. Bundesanwalt Diemer, der den Anfang machen soll, schätzte die Sprechzeit dafür auf 22 Stunden. Das Anklage-Plädoyer soll nach der Planung des Gerichts auf die Prozesstage bis zum 1. August verteilt werden.
    Aust: Zwei Kernfragen ungeklärt
    Der Journalist Stefan Aust sagte im Deutschlandfunk, es sei nicht erkennbar gewesen, dass es in dem Verfahren neue Erkenntnisse geben würde. Das Verfahren könne sich nicht bis in "alle Ewigkeit hinziehen". Die Indizien werde man in überschaubarer Zeit nicht ausweiten können.
    Jedoch seien zwei Kernfragen nicht wirklich geklärt: Die erste sei, ob alle Morde nur von zwei Personen begangen wurden oder ob mehr Leute daran beteiligt waren. Die zweite laute, wie nah die Verfassungsschutzbehörden beziehungsweise V-Leute an den Tätern gewesen seien. Der Fall sei noch lange nicht geklärt "und ob er jemals geklärt wird, das weiß ich auch nicht", sagte Aust.
    Er wies darauf hin, dass die Bundesanwaltschaft parallel zum Prozess noch ein Strukturermittlungsverfahren führe. Damit wollen BKA-Beamte herausfinden, ob mehr Menschen an den Morden beteiligt waren. Zu Zschäpes Argumentation, sie habe erst im Nachhinein von den Morden erfahren, sagte Aust: "Ich glaube, sie wusste, dass es eine Serie ist, und vermute, sie hat nicht erst hinterher davon erfahren."
    Anklage wegen Mittäterschaft an allen NSU-Verbrechen
    Zschäpe lebte fast 14 Jahre mit den Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund. Die beiden Männer sollen während dieser Zeit zehn Menschen ermordet haben, neun von ihnen aus rassistischen Motiven. Zschäpe ist als drittes und einzig überlebendes Mitglied des "Nationalsozialistischen Untergrunds" wegen Mittäterschaft an allen Verbrechen angeklagt. Ihr droht eine lebenslange Haftstrafe.
    (vic/fwa/hba)