Jochen Spengler: Wir haben von dem Verdi-Vorsitzenden Frank Bsirske gehört, was die Gewerkschaften von einigen wichtigen Vereinbarungen der künftigen großen Koalition halten. Wir wollen nun eine Gegenmeinung hören. Am Telefon ist Patrick Adenauer. Er ist nicht nur der Enkel Konrad Adenauers, sondern Unternehmer und Präsident der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer. Als solcher vertritt er ehrenamtlich die Interessen von mehr als 5.000 mittelständischen Eigentümerunternehmen und Familienunternehmen. Und er ist CDU-Mitglied. Einen schönen guten Morgen Herr Adenauer!
Patrick Adenauer: Guten Morgen Herr Spengler!
Spengler: Als CDU-Mitglied werden Sie von der "Bildzeitung" mit den Worten zitiert, "das Bild, das die Union aktuell in den Koalitionsverhandlungen liefert, ist unfassbar und ein Skandal". Tun Ihnen Ihre Worte schon leid, oder sind Sie immer noch zornig?
Adenauer: Der Zorn ist noch nicht verflogen, wenngleich wir seit gestern und heute in den Zeitungen sehen, dass die CDU etwas mehr, schrittweise sage ich mal von den Dingen durchsetzt, die ursprünglich bei ihr auch im Wahlprogramm standen.
Spengler: Aber Rente mit 67, statt Kündigungsschutz bei Neueinstellungen eine Probezeit von zwei Jahren, Absenkung der Lohnnebenkosten, Abschaffung der Ich-AGs, Unternehmenssteuerreform 2007, das müsste Ihnen doch eigentlich alles gefallen?
Adenauer: Ja. Dazu tritt aber natürlich eine Mehrwertsteuererhöhung, die beispielsweise gerade im Immobilienbereich die Hauserwerber trifft und die Unternehmen, die wahrscheinlich diese Kosten eben nicht weitergeben können. Da sind die 3 Prozent, die gerade diskutiert wurden, schon gewaltig. Nehmen Sie mal ein Haus von 250.000 Euro. Da sind 3 Prozent eine Menge Geld.
Spengler: Das heißt Sie sind auch wie eben Frank Bsirske gegen eine Mehrwertsteuererhöhung?
Adenauer: Wir haben immer gesagt, die Mehrwertsteuererhöhung kann nur eingesetzt werden, wenn man auf der anderen Seite direkte Steuern senkt, also beispielsweise Einkommenssteuer. Die CDU hatte ja so ein Mischmodell mit der Arbeitslosenversicherung. Das war die zweitbeste Lösung. Die kommt jetzt zum Teil, aber wir sind gegen eine Mehrwertsteuererhöhung zum Stopfen von Haushaltslöchern. Da sollte man lieber sparen. Die Steuereinnahmen steigen dieses Jahr auf ein historisches Hoch und nächstes Jahr steigen sie wahrscheinlich noch weiter auf über 450 Milliarden Euro. Insofern gibt es ja nicht zu wenig Steueraufkommen. Nur das Ausgabeverhalten ist falsch. Die Regierung muss also hingehen und an den Gesetzen arbeiten, an den Personalkosten und eben im Haushalt einsparen, um einen Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben hinzukriegen.
Spengler: Wo denn?
Adenauer: Es gibt einmal den Bereich der Personalkosten. Es gibt im Bereich des Haushaltes der Bundesanstalt für Arbeit, der bei 60 Milliarden ungefähr liegt, die Chance zur Einsparung von 15 Milliarden. Dann kann man die Arbeitslosenversicherung auch so um zwei Punkte kürzen. Wir haben natürlich den Bereich der Renten. Da will keiner heran. Das ist der größte Haushaltsposten mit 80 Milliarden Euro im Jahr. Das ist nachvollziehbar, dass das nicht geht beziehungsweise sehr unpopulär ist, aber man muss dort natürlich auch darüber nachdenken. Das wäre das Bitterste am Ende. Man muss natürlich - und das finde ich positiv - die ganze Verlustzuweisungsbranche stoppen - ich glaube darüber wird nachgedacht -, aber insbesondere vielleicht an erster Stelle Subventionsabbau. Da darf man dann auch nicht zu kurz greifen.
Spengler: Was sagen Sie denn zu den Änderungen beim Kündigungsschutz, die sich da abzuzeichnen scheinen?
Adenauer: Das sind ja Änderungen, die beispielsweise den Haushalt gar nicht belasten, die aber zum Thema Deregulierung gehören. Die halte ich für richtig. Wir haben vor einiger Zeit eine ausführliche Umfrage unter unseren Mitgliedern gemacht, was denn die Haupthinderungsgründe für Neueinstellungen sind. Da ist das Thema Bürokratie und die Arbeitsschutzgesetze an erster Stelle. Wenn man dort diese Regelung jetzt findet, dann ist das sicherlich ein positiver Schritt, weil das ganze Thema mit den befristeten Verträgen wegfallen kann und man eben hier in den ersten zwei Jahren normal einstellen kann, aber dort ein Stück Freiheit hat.
Spengler: Um es ganz konkret zu machen: Was fehlt Ihnen noch, damit Sie als Unternehmer in der Bau- und Immobilienbranche mehr Menschen einstellen?
Adenauer: Was in den letzten Jahren ein großes Problem war, war die Unsicherheit über die künftige Entwicklung in Deutschland. Da ist an erster Stelle natürlich eine stabile Regierung schon ein wichtiges Vertrauenssignal, die auch eine Politik jetzt verabschiedet, die dann für die nächsten Jahre Bestand hat, und auch Steuergesetze oder die Aussicht auf eine Steuerreform, was ich positiv finde - soll aber glaube ich erst 2008 kommen; 2007 wäre besser -, die Mittelstand und Großunternehmen, also Personen- und Kapitalgesellschaften auf ein gleiches Niveau bringen.
Spengler: Aber Sie sagten gerade eben, das Vertrauen in eine konsistente Regierung. Ist denn die Regierung in dieser Hinsicht auf einem guten Weg?
Adenauer: Das ist noch nicht abzusehen. Das will sie erreichen. Das muss sie nachher tun. Sie muss handwerklich sauber arbeiten. Sie muss konsequent dann ihr Programm auch umsetzen. Dann muss sie im Bereich Bürokratieabbau - dazu gehört eben auch das gesamte Arbeitsrecht, Berufsgenossenschaft und so weiter - die gesamten Regeln vereinheitlichen und vereinfachen. Sie muss das Steuerrecht vereinfachen und sie muss den Bürgern, den Unternehmern klar machen, dass es in Deutschland dauerhaft auch eine Zukunft gibt.
Spengler: Dann würden Sie wieder einstellen, Herr Adenauer?
Adenauer: Ja.
Spengler: Wenn Sie sagen Bürokratieabbau, können Sie das konkreter machen, weil Sie haben gerade gesagt, das sind eine ganze Menge Regelungen, die überarbeitet werden müssen. Das klingt so, als sei das alles nicht so einfach.
Adenauer: Doch. Es ist natürlich nicht einfach, aber es ist eben so komplex gemacht worden, dass man es gar nicht in einem kurzen Interview alles aufzählen kann. Es gibt allein im Arbeitsrecht unheimlich viele verschiedene Grenzen, bei welcher Beschäftigtenzahl sie was melden müssen, machen müssen, wie sie handeln müssen. Das kann man auf ganz wenige Größenordnungen begrenzen. Es gibt Tausende Beispiele: Baugenehmigungen, wie lange die brauchen, wo sie überall bei welchen Ämtern vorbei müssen, um Genehmigungen einzuholen, oder wenn sie Firmen gründen und so weiter. In jedem Bereich gibt es Tausende von Vorschlägen, die man umsetzen kann. Da muss einmal mit dem eisernen Besen durchgekehrt werden und dieser ganze Kram gehört schlichtweg abgeschafft. Überbürokratisierung kostet 45 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist eine gigantische Einsparung, die man für meine Begriffe sehr schnell zumindest zur Hälfte heben kann.
Spengler: Haben Sie da schon was von Ihrer Partei in den Koalitionsverhandlungen oder aus den Koalitionsverhandlungen heraus gehört?
Adenauer: Das einzige - und deshalb habe ich mich auch so geäußert -, was man hört, ist, die einen erhöhen die Mehrwertsteuer und dafür wollen die anderen die Reichensteuer einführen. Nur über Steuererhöhungen kommen wir hier in Deutschland nicht weiter, sondern man muss an diesen harten Hausaufgaben sich messen lassen und ich hoffe, dass jetzt in diesen Tagen diese Themen auch noch alle diskutiert werden.
Spengler: Woran liegt das denn, dass die Ansichten der Union auf der Strecke zu bleiben scheinen? Haben sie schlechte Unterhändler?
Adenauer: Nein. Die kennen die Themen ja alle. Das ist einfach die Ausgangssituation. Die CDU will die Regierung anführen und ist deshalb auf die SPD angewiesen. Das Wahlergebnis war anders als erhofft. Die CDU ist zwar die stärkere Partei, aber nicht so deutlich viel stärker. Es hilft uns nichts, wenn wir nachher eine CDU haben, die rot-grüne Politik weiter bringt. Das haben wir in den letzten Jahren gesehen, dass das nicht zum Erfolg geführt hat. Sonst hätte die Regierung, hätte der Kanzler ja nicht gesagt, ich will Neuwahlen ausschreiben.
Spengler: Das war Patrick Adenauer. Er ist Unternehmer und Präsident der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer. Herr Adenauer, ich danke Ihnen für das Gespräch!
Adenauer: Ja, danke Ihnen! Auf Wiederhören!
Patrick Adenauer: Guten Morgen Herr Spengler!
Spengler: Als CDU-Mitglied werden Sie von der "Bildzeitung" mit den Worten zitiert, "das Bild, das die Union aktuell in den Koalitionsverhandlungen liefert, ist unfassbar und ein Skandal". Tun Ihnen Ihre Worte schon leid, oder sind Sie immer noch zornig?
Adenauer: Der Zorn ist noch nicht verflogen, wenngleich wir seit gestern und heute in den Zeitungen sehen, dass die CDU etwas mehr, schrittweise sage ich mal von den Dingen durchsetzt, die ursprünglich bei ihr auch im Wahlprogramm standen.
Spengler: Aber Rente mit 67, statt Kündigungsschutz bei Neueinstellungen eine Probezeit von zwei Jahren, Absenkung der Lohnnebenkosten, Abschaffung der Ich-AGs, Unternehmenssteuerreform 2007, das müsste Ihnen doch eigentlich alles gefallen?
Adenauer: Ja. Dazu tritt aber natürlich eine Mehrwertsteuererhöhung, die beispielsweise gerade im Immobilienbereich die Hauserwerber trifft und die Unternehmen, die wahrscheinlich diese Kosten eben nicht weitergeben können. Da sind die 3 Prozent, die gerade diskutiert wurden, schon gewaltig. Nehmen Sie mal ein Haus von 250.000 Euro. Da sind 3 Prozent eine Menge Geld.
Spengler: Das heißt Sie sind auch wie eben Frank Bsirske gegen eine Mehrwertsteuererhöhung?
Adenauer: Wir haben immer gesagt, die Mehrwertsteuererhöhung kann nur eingesetzt werden, wenn man auf der anderen Seite direkte Steuern senkt, also beispielsweise Einkommenssteuer. Die CDU hatte ja so ein Mischmodell mit der Arbeitslosenversicherung. Das war die zweitbeste Lösung. Die kommt jetzt zum Teil, aber wir sind gegen eine Mehrwertsteuererhöhung zum Stopfen von Haushaltslöchern. Da sollte man lieber sparen. Die Steuereinnahmen steigen dieses Jahr auf ein historisches Hoch und nächstes Jahr steigen sie wahrscheinlich noch weiter auf über 450 Milliarden Euro. Insofern gibt es ja nicht zu wenig Steueraufkommen. Nur das Ausgabeverhalten ist falsch. Die Regierung muss also hingehen und an den Gesetzen arbeiten, an den Personalkosten und eben im Haushalt einsparen, um einen Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben hinzukriegen.
Spengler: Wo denn?
Adenauer: Es gibt einmal den Bereich der Personalkosten. Es gibt im Bereich des Haushaltes der Bundesanstalt für Arbeit, der bei 60 Milliarden ungefähr liegt, die Chance zur Einsparung von 15 Milliarden. Dann kann man die Arbeitslosenversicherung auch so um zwei Punkte kürzen. Wir haben natürlich den Bereich der Renten. Da will keiner heran. Das ist der größte Haushaltsposten mit 80 Milliarden Euro im Jahr. Das ist nachvollziehbar, dass das nicht geht beziehungsweise sehr unpopulär ist, aber man muss dort natürlich auch darüber nachdenken. Das wäre das Bitterste am Ende. Man muss natürlich - und das finde ich positiv - die ganze Verlustzuweisungsbranche stoppen - ich glaube darüber wird nachgedacht -, aber insbesondere vielleicht an erster Stelle Subventionsabbau. Da darf man dann auch nicht zu kurz greifen.
Spengler: Was sagen Sie denn zu den Änderungen beim Kündigungsschutz, die sich da abzuzeichnen scheinen?
Adenauer: Das sind ja Änderungen, die beispielsweise den Haushalt gar nicht belasten, die aber zum Thema Deregulierung gehören. Die halte ich für richtig. Wir haben vor einiger Zeit eine ausführliche Umfrage unter unseren Mitgliedern gemacht, was denn die Haupthinderungsgründe für Neueinstellungen sind. Da ist das Thema Bürokratie und die Arbeitsschutzgesetze an erster Stelle. Wenn man dort diese Regelung jetzt findet, dann ist das sicherlich ein positiver Schritt, weil das ganze Thema mit den befristeten Verträgen wegfallen kann und man eben hier in den ersten zwei Jahren normal einstellen kann, aber dort ein Stück Freiheit hat.
Spengler: Um es ganz konkret zu machen: Was fehlt Ihnen noch, damit Sie als Unternehmer in der Bau- und Immobilienbranche mehr Menschen einstellen?
Adenauer: Was in den letzten Jahren ein großes Problem war, war die Unsicherheit über die künftige Entwicklung in Deutschland. Da ist an erster Stelle natürlich eine stabile Regierung schon ein wichtiges Vertrauenssignal, die auch eine Politik jetzt verabschiedet, die dann für die nächsten Jahre Bestand hat, und auch Steuergesetze oder die Aussicht auf eine Steuerreform, was ich positiv finde - soll aber glaube ich erst 2008 kommen; 2007 wäre besser -, die Mittelstand und Großunternehmen, also Personen- und Kapitalgesellschaften auf ein gleiches Niveau bringen.
Spengler: Aber Sie sagten gerade eben, das Vertrauen in eine konsistente Regierung. Ist denn die Regierung in dieser Hinsicht auf einem guten Weg?
Adenauer: Das ist noch nicht abzusehen. Das will sie erreichen. Das muss sie nachher tun. Sie muss handwerklich sauber arbeiten. Sie muss konsequent dann ihr Programm auch umsetzen. Dann muss sie im Bereich Bürokratieabbau - dazu gehört eben auch das gesamte Arbeitsrecht, Berufsgenossenschaft und so weiter - die gesamten Regeln vereinheitlichen und vereinfachen. Sie muss das Steuerrecht vereinfachen und sie muss den Bürgern, den Unternehmern klar machen, dass es in Deutschland dauerhaft auch eine Zukunft gibt.
Spengler: Dann würden Sie wieder einstellen, Herr Adenauer?
Adenauer: Ja.
Spengler: Wenn Sie sagen Bürokratieabbau, können Sie das konkreter machen, weil Sie haben gerade gesagt, das sind eine ganze Menge Regelungen, die überarbeitet werden müssen. Das klingt so, als sei das alles nicht so einfach.
Adenauer: Doch. Es ist natürlich nicht einfach, aber es ist eben so komplex gemacht worden, dass man es gar nicht in einem kurzen Interview alles aufzählen kann. Es gibt allein im Arbeitsrecht unheimlich viele verschiedene Grenzen, bei welcher Beschäftigtenzahl sie was melden müssen, machen müssen, wie sie handeln müssen. Das kann man auf ganz wenige Größenordnungen begrenzen. Es gibt Tausende Beispiele: Baugenehmigungen, wie lange die brauchen, wo sie überall bei welchen Ämtern vorbei müssen, um Genehmigungen einzuholen, oder wenn sie Firmen gründen und so weiter. In jedem Bereich gibt es Tausende von Vorschlägen, die man umsetzen kann. Da muss einmal mit dem eisernen Besen durchgekehrt werden und dieser ganze Kram gehört schlichtweg abgeschafft. Überbürokratisierung kostet 45 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist eine gigantische Einsparung, die man für meine Begriffe sehr schnell zumindest zur Hälfte heben kann.
Spengler: Haben Sie da schon was von Ihrer Partei in den Koalitionsverhandlungen oder aus den Koalitionsverhandlungen heraus gehört?
Adenauer: Das einzige - und deshalb habe ich mich auch so geäußert -, was man hört, ist, die einen erhöhen die Mehrwertsteuer und dafür wollen die anderen die Reichensteuer einführen. Nur über Steuererhöhungen kommen wir hier in Deutschland nicht weiter, sondern man muss an diesen harten Hausaufgaben sich messen lassen und ich hoffe, dass jetzt in diesen Tagen diese Themen auch noch alle diskutiert werden.
Spengler: Woran liegt das denn, dass die Ansichten der Union auf der Strecke zu bleiben scheinen? Haben sie schlechte Unterhändler?
Adenauer: Nein. Die kennen die Themen ja alle. Das ist einfach die Ausgangssituation. Die CDU will die Regierung anführen und ist deshalb auf die SPD angewiesen. Das Wahlergebnis war anders als erhofft. Die CDU ist zwar die stärkere Partei, aber nicht so deutlich viel stärker. Es hilft uns nichts, wenn wir nachher eine CDU haben, die rot-grüne Politik weiter bringt. Das haben wir in den letzten Jahren gesehen, dass das nicht zum Erfolg geführt hat. Sonst hätte die Regierung, hätte der Kanzler ja nicht gesagt, ich will Neuwahlen ausschreiben.
Spengler: Das war Patrick Adenauer. Er ist Unternehmer und Präsident der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer. Herr Adenauer, ich danke Ihnen für das Gespräch!
Adenauer: Ja, danke Ihnen! Auf Wiederhören!