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Ökolandwirtschaft
Pflanzenschutz mit Hacke und Kieselsäure

In der Öko-Landwirtschaft sind Pestizide nicht zugelassen. Darum wird der Pflanzenschuss häufig ganz mechanisch betrieben. Ob mit Hand oder alten Maschinen. Doch diese lassen sich inzwischen auch mit digitaler Technik aufrüsten. Und statt chemischem Pflanzenschutzmittel werden Kompostpräparate zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt.

Von Britta Fecke | 22.06.2016
    Obst und Gemüse aus biologischem Anbau auf einem Markt in Hamburg
    Nicht billig, aber häufig auch gar nicht aus der Region: Obst und Gemüse aus biologischem Anbau (picture alliance / dpa)
    Duftende Erdbeeren neben frischen Salatköpfen, Spargelstangen, Spitzkohl und dem erste Mangold, fast wie ein Stillleben sind Obst und Gemüse auf dem Marktstand des Biohofes Bursch arrangiert. Zweimal in der Woche bringen der Demeter-Landwirt Heinz Bursch und seine Mitarbeiter frische Ware vom Umland in die Kölner Innenstadt. Dass es sich um ökologisch angebautes Gemüse und Obst handelt, sieht man den makellosen Früchten nicht an, kein Schorf, keine Dellen, kein Wurmstich. Heinz Bursch:
    "Wir sehen zu, dass wir die Pflanzen hier natürlich ernähren also über Kompost und Gründüngung. Dass das Bodenleben da ist, das Regenwürmer da sind, dass ein aktiver Boden da ist, da kann die Pflanze ihre ganzen Mineralien, alles was sie braucht aufnehmen und langsamer wachsen, die wächst mit unserem Dünger langsamer und dadurch ist die robuster und ist nicht so anfällig."
    In der ökologischen Landwirtschaft, in der Pestizide wie das Glyphosat-haltige Round up nicht zugelassen sind, wird Pflanzenschutz von der anderen Seite her angegangen. Der Boden und die Umgebung sollen gesund sein, sodass sich auf ihm gesunde Pflanzen, entwickeln die weder Herbizide noch synthetischen Dünger benötigen. Doch neben den Nutzpflanzen gedeihen auch unerwünschtes Kräuter gut auf diesem gesunden Boden. Wie Biobauern die unliebsame Konkurrenz für Kartoffeln oder Kräuter fernhält, erklärt Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen:
    "Der ökologisch wirtschaftende Landwirt -und auch manch konventionell wirtschaftende Landwirt - rückt dem Unkraut mit biblischen Methoden bei, insbesondere mit Jäten und Hacken! Jäten im kleinen Stil mit der Hand beim Feldgemüse, zum Beispiel beim Kräuteranbau, wenn sie zum Beispiel Petersilie vom Unkraut befreien wollen."
    Mit alten Maschinen ans Unkrautjäten
    Das klingt mühsam. Wie befreit Heinz Bursche seine Salatbeete von Unkraut?
    "Mechanisch! Das wird bei uns alles mit der Hacke gemacht, per Hand oder wir haben auch Maschinen, teilweise sind alte Maschinen wieder neu entwickelt worden. "
    Maschinen kommen allerdings selten zwischen Kräutern oder Salaten zum Einsatz. Sondern meist vor der Aussaat: Um das Beet oder den Acker von Unkraut zu befreien, verwenden die meisten konventionellen und auch die ökologischen Betriebe den Pflug. Desto tiefer der Pflug in die Krume greift, je mehr klimaschädliches CO² wird allerdings freigesetzt. Auch muss der Landwirt auf die Neigung des Ackers achten, weil sonst der aufgelockerte Boden erodiert. Einige Biolandwirte wandeln den Acker deshalb in eine Weide um oder setzten auf eine reduzierte Bodenbearbeitung ohne Pflug. Das könnte allerdings den Arbeitsaufwand während der Vegetationsphase erhöhen, und das bedeutet in der Praxis: mehr Unkraut hacken. Doch auch die Biolandwirtschaft könnte von der Digitalisierung profitieren Landwirtschaftsberater Bernhard Rüb:
    "Allerdings gibt es auch bei der mechanischen Unkrautbekämpfung einen technischen Fortschritt, heute kann man vieles mit GPS machen. Mit der richtigen Technik erreicht man da eine Genauigkeit von zwei Zentimeter Abweichung auf einen Kilometer Fahrstrecke. Das kann man sich auch fürs Hacken zunutze machen. Es gibt auch schon in der Praxis Maschinen, bei denen die Hackmesser über GPS gesteuert werden, man kann sogar in Reihenkulturen, die bewässert werden, Hacken ohne die Bewässerungsrohre aus dem Boden zu hacken."
    Bewässerung ist in diesem Sommer wohl ohnehin nicht nötig, doch bei dieser feuchten Witterung kommt dem Boden die mechanische Bearbeitung doppelt zu Gute, weil das Wasser besser abfließen kann als bei einem verdichteten Boden, der mit schwerem Gerät bearbeitet wurde. Neben Hacken und Jäten setzt der Ökolandwirt auch noch auf die Vorzüge der Fruchtfolge:
    Bernhard Rüb:
    "Natürlich spielt der Unkrautdruck auch bei der Wahl der Fruchtfolge eine Rolle, weil es ja in bestimmten Kulturen bestimmte Unkräuter gibt, die da gut zu passen, von Zeit und Abstand her, wenn man diesen Unkräuter eine andere Umgebung bietet, haben die es auch schwerer, um raus zu kommen. Man kann auch die Fruchtfolge nutzen, um Unkrautsamen aus dem letzten Jahr auflaufen zu lassen."
    Ungeziefer mit Kieselsäure bekämpfen
    Wenn die Nutzpflanzen dennoch von Schädlingen befallen werden, bleibt dem Biobauern neben der mechanischen Bodenbearbeitung auch noch auf eine kleine Auswahl von Pflanzenschutzmitteln zurückgreifen. Doch das sind ausschließlich Substanzen, die auch in der Natur vorkommen wie Kieselsäure aus Horn oder:
    "Es werden Kompostpräpararte eingesetzt wie Baldrian, Schafgabe, alles natürliche Sachen."
    Die Vorgaben für die Landwirte, die nach Demeter-Maßstäben arbeiten sind besonders streng, Heinz Bursch muss deshalb auch häufiger zur Hacke greifen. Bernhard Rüb:
    "Die Erträge im Ackerbau liegen doch so 20 bis 30 Prozent unter denen im konventionellen Landbau, gleichzeitig ist der Aufwand höher. Dementsprechend braucht der Ökolandwirt für seine Produkte einen deutlich höheren Preis."