Das kleine Dorf Schülp bei Rendsburg, Hof Hasenkrug. Hans-Dieter Greve, 53 Jahre alt, groß, stattlich, in schweren Arbeitsschuhen und grüner Latzhose, ist im Hühnerstall unterwegs. An die 1000 Legehennen, dazwischen einige Hähne, kratzen im Stroh, hüpfen von Heuballen zu Heuballen und gackern friedlich vor sich hin.
"Wir sind auch sehr viel im Stall, wir unterhalten uns mit den Tieren und versuchen da eben, eine gute Beziehung aufzubauen, dass die Tiere die Scheu vor uns Menschen verlieren."
Der Biobauer hebt eine Junghenne hoch und streichelt sie.
"Und sich auch einfach mal greifen lassen, damit man sie in die Hand nehmen kann, das Gewicht prüfen lassen."
Hans-Dieter Greve und Ehefrau Karin führen den Hasenkrug in sechster Generation. 1992 haben sie auf Biolandbau umgestellt. An die 6000 Hennen leben hier, auf 48 Hektar produzieren die Greves Futtergetreide und Biokartoffeln. Sie haben drei Kinder großgezogen, einer der Söhne kann sich vorstellen, die Nachfolge anzutreten. Vor einigen Jahren hat Karin Greve eine Fortbildung zur Kräuterfachfrau gemacht. Sie gibt Kurse im Dorf. Und sie kocht Tees für ihre Hennen, wenn die ihre Federn hängen lassen. Wie ihr Mann ist sie Biobäuerin mit Leib und Seele. Jemals wieder konventionell zu wirtschaften – das kann sie sich nicht vorstellen:
"Also für mich wäre das keine Option, ich bin das wirklich aus totaler Überzeugung. Legehennenhaltung anders zu machen, als wir das machen, wäre für mich keine Möglichkeit."
Geldsorgen trotz Bioboom
Auf den ersten Blick ist der Hasenkrug die reinste Ökoidylle und ein gesundes Wirtschaftsmodell dazu. Schließlich wächst die deutsche Biobranche seit Jahren: Von 3,7 auf 3,9 Prozent im letzten Jahr. Siebeineinhalb Milliarden Euro gaben die deutschen Konsumenten 2012 für Bioprodukte aus, mehr als jemals zuvor und mehr als in jedem anderen europäischen Land. Doch auch wenn in Deutschland immer mehr Ökoeier gekauft werden – einen vernünftigen Gewinn zu erwirtschaften fällt den Greves in Schülp immer schwerer. Die Kosten für ihre Produktion steigen kontinuierlich an. Eine große Belastung sind die zahlreichen Auflagen und Kontrollen, die Voraussetzung dafür sind, dass die Eier ein Biosiegel bekommen und auch behalten. Wenn Hans-Dieter Greve aus dem Nähkästchen plaudert, dann kann er richtig wütend werden. Ein Beispiel von vielen:
"Da wird uns teilweise völliger Schwachsinn auferlegt, beispielsweise wird der Begriff Legebeginn neu definiert: Früher hieß es, wenn 50 Prozent der Hühner in einer Herde anfangen, Eier zu legen. Jetzt wird Legebeginn so definiert, dass, wenn das erste Ei im Stall ist, haben wir Legebeginn. Das ist aber nur Legebeginn für die erste Henne, die dieses Ei gelegt hat. Die anderen 999 aus der Herde sind aber eventuell noch lange nicht so weit. Wenn dann die Auflage kommt: Ab Legebeginn müssen die Tiere täglich draußen, dann fangen die gar nicht erst an, Eier zu legen. Die finden das draußen nämlich so toll, und fressen lieber irgendwo mal einen Grashalm oder einen Wurm und gehen dann zu den Fütterungszeiten nicht rein. Ihnen fehlen die letzten dann die letzten 100 oder 150 Gramm, die sie brauchen zum Eierlegen und diese Henne würde dann ihr Leben lang keine Eier legen."
Längst verbringt der Bauer mehr Zeit hinter dem Schreibtisch als im Stall. In Deutschland gilt eine besonders strenge Auslegung der EU-Ökoverordnung. Sicher, vieles ist sinnvoll und dient dem Verbraucherschutz. Doch viele Vorschriften sind nach Ansicht des versierten Legehennenbauern Hans-Dieter Greve vollkommen überzogen. Das sei so, als würde man einem Beamten vorschreiben, wie er den Kuli zu halten habe, meint er ironisch-bitter.
Ausufernder Bürokratie-Wahnsinn
Seit vielen Jahren ist Greve Sprecher des Bundesfachausschusses Geflügel im Bioland-Verband. In dieser Funktion kämpft er mit harten Bandagen gegen den seiner Meinung nach ausufernden Bürokratie-Wahnsinn. Bei einer internationalen Tagung der Geflügelzüchterverbände vor einigen Monaten hat es einen regelrechten Aufstand gegeben – die Biobauern wehren sich. Viel bedrohlicher als die allgemeine Regelungswut ist jedoch etwas ganz anderes, sagt Hans-Dieter Greve:
"Das Hauptproblem, das wir im Moment haben, sind die Agrargasbetriebe oder Biogasbetriebe, die bedingt durch die Subventionen, die ja durch das EEG festgeschrieben sind, in der Lage sind, Pachten zu zahlen, die weit über dem üblichen liegen."
Das EEG – das Erneuerbare-Energien-Gesetz – sieht Subventionen für Betriebe vor, die Biogasanlagen errichten. Doch dazu braucht es den Rohstoff – vor allem Mais, der dann zu Gas vergoren wird. Für den Schülper Bauern heißt dies: Flächen, die er bisher zur Produktion seines Hühnerfutters dazu gepachtet hat, fallen jetzt weg.
Das EEG – das Erneuerbare-Energien-Gesetz – sieht Subventionen für Betriebe vor, die Biogasanlagen errichten. Doch dazu braucht es den Rohstoff – vor allem Mais, der dann zu Gas vergoren wird. Für den Schülper Bauern heißt dies: Flächen, die er bisher zur Produktion seines Hühnerfutters dazu gepachtet hat, fallen jetzt weg.
"Wir bewirtschaften aktuell insgesamt 48 Hektar, zehn Prozent da läuft die Pacht im Herbst aus, der Verpächter verlangt jetzt die fünffache Pacht. Erwirtschaften kann ich das nicht. Das wäre dann so, dass die Hühner den Ackerbau subventionieren müssten – das kann man mal machen – aber, wenn dann nur mit Bauchschmerzen."
Die Ökoverordnung schreibt vor: Tiere auf Biohöfen müssen zu 100 Prozent mit Biofutter ernährt werden, die Hälfte muss der Hof entweder selbst erzeugen oder er muss einen Kooperationspartner vorweisen. Doch das birgt große Risiken.
"Das ist eine Riesenabhängigkeit. Wir haben jetzt aktuell einen Kooperationspartner, der hält Fläche für uns vor, und das muss er nachweisen, dass er das mit Futtergetreide vorhält und anbaut, aber wenn der sich jetzt überlegen würde, etwas anderes zu machen oder selber mehr Tiere zu halten, das würde für uns von heute auf morgen das Aus bedeuten."
Krise trotz steigender Nachfrage
Sind die deutschen Ökobauern in der Krise? Wer die Presseberichte der letzten Monate dazu verfolgt, muss diese Frage bejahen. In vielen Wirtschaftsberichten kommen frustrierte Ökobauern zu Wort. Entweder haben sie ihren Hof ganz aufgegeben oder sie sind sogenannte Rückumsteller – also Ökobauern, die wieder konventionell wirtschaften. Hintergrund für die Berichte ist ein Report des staatlichen Thünen-Instituts in Braunschweig aus dem letzten Jahr: "Ausstiege aus dem ökologischen Landbau: Umfang – Gründe – Handlungsoptionen" lautet der Titel. Co-Autor der Studie ist Jürn Sanders, Agrarökonom im Thünen-Institut und ausgewiesener Experte zu Problemen und Fragen des Ökolandbaus:
"Was politisch vor allem heikel ist, ist die Tatsache, dass Betriebe von der ökologischen Bewirtschaftung rückumstellen auf konventionelle Bewirtschaftung. Das ist politisch deshalb heikel, weil man sich zum Ziel gesetzt hat, dass der ökologische Landbau weiter wachsen soll."
Seit Jahrzehnten ging es in der Ökobranche immer bergauf: Jahr für Jahr mehr Bauern, die umstellen, Jahr für Jahr mehr Flächen, die ökologisch bebaut werden, Jahr für Jahr mehr Umsatz.
Seit Jahrzehnten ging es in der Ökobranche immer bergauf: Jahr für Jahr mehr Bauern, die umstellen, Jahr für Jahr mehr Flächen, die ökologisch bebaut werden, Jahr für Jahr mehr Umsatz.
Kein Wunder also, dass der Thünen-Report in der Branche für große Aufregung sorgte. Über Aussteiger oder Rückumsteller wurde bisher einfach nicht gesprochen. Hans Hinrich Hatje ist so einer. 20 Jahre hat der Bauer aus Gothendorf in Schleswig-Holstein ökologisch gewirtschaftet – dann hat es ihm gereicht. Mit Öko allein könne er nicht mehr vernünftig wirtschaften, die Produktionskosten seien einfach viel zu hoch gewesen. Seit dem Umstieg versprüht Hatje auf seinen Feldern wieder künstlichen Dünger, setzt Unkrautvernichtungsmittel ein und erzielt bessere Ergebnisse:
"Sicherlich sind die Bestände viel dichter, und das ist schon ein bisschen ungewohnt für mich nach 20 Jahren Bestände nun zu haben, die relativ sauber sind, in Anführungsstrichen."
Nicht nur die hohen Produktionskosten, auch die Konkurrenz von großen Agrarfirmen und Biohöfen in Osteuropa haben ihm zugesetzt.
"Und die können wesentlich günstiger produzieren als wir, und das hat eben zur Folge, dass die Auslandskonkurrenz praktisch uns das Wasser abgegraben hat, sodass wir unsere Produkte nicht so loswerden konnten, wie wir das in den ersten zehn Jahren hatten."
Circa 23.000 Biohöfe gibt es zurzeit in Deutschland. Die Thünen-Studie untersuchte den Zeitraum von 2003 bis 2010: Über 4.000 Ökobetriebe sind in diesen Jahren ausgestiegen, im Durchschnitt 600 pro Jahr. 191 von ihnen gaben ganz auf, 415 kehrten zur konventionellen Landwirtschaft zurück. Das sind auf den ersten Blick hohe Zahlen - tatsächlich heißt es aber auch: über 95 Prozent aller Ökobetriebe halten an ihrem Konzept fest. Jürn Sanders relativiert:
"Na, das darf man nicht aus den Augen verlieren, dass es ja ein stetiges Wachstum des Sektors gibt – und es sind immer noch mehr, die umstellen, als solche die aussteigen, das heißt bisher war es noch so, dass wir immer mehr Wachstumszahlen gehabt haben. Und es ist auch immer noch so, dass sehr viele Ökolandwirte sehr stark von diesem Boom profitieren, aber eben nicht alle, und es ist eben irritierend, wenn welche einen Boommarkt verlassen und dann möglicherweise eine andere Strategie fahren, die für sie erfolgreicher ist."
Tatsächlich, das ist irritierend. In der Regel geht es hier um Bauern und Bäuerinnen, die sich einst nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen für den Ökolandbau entschieden haben. Menschen wie Hans-Dieter und Karin Greve sind Ökobauern aus Überzeugung, weil sie fest daran glauben, dass Massentierhaltung und überdüngte Böden auf Dauer keine Perspektive bieten. Im Kieler Landtag ist gerade Sitzung. Seit zwei Jahren ist der grüne Politiker Robert Habeck stellvertretender Ministerpräsident im Kabinett Albig und Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, wie es langatmig heißt. Das Thema "Krise im Ökolandbau" ist dem 45-jährigen Doktor der Philosophie so wichtig, dass er für ein Interview die Sitzung verlässt. Er ist in Sorge um die Ökobauern – aber er will das Problem auch nicht schlimmer dargestellt sehen, als es seiner Meinung nach ist:
"Erstmal würde ich nicht darüber schimpfen wollen, dass die Nachfrage nach Ökolandbauprodukten steigt und dass das auch in die Supermärkte Einzug hält, das finde ich richtig, und das finde ich gut. Aber es heißt eben auch, dass wir diesen Konzentrationsprozess, den wir in der konventionellen Landwirtschaft hatten, jetzt auch im Ökolandbau erleben, und das ist eben nicht gut, das ist nicht erwünscht, dass die Betriebe immer größer und immer weniger Arbeitskräfte einsetzend arbeiten müssen."
Planungssicherheit statt finanzieller Ungewissheit.
Planungssicherheit statt finanzieller Ungewissheit.
Ein Argument, das Jürn Sanders und sein Team von den ausgestiegenen Landwirten immer wieder gehört haben, war: Wir können nicht langfristig planen, weil wir am Tropf der Ökoprämie hängen. Wechselt die Landesregierung, dann ist die Förderung weg, und wir sind am Ende. Tatsächlich ist es in Schleswig-Holstein genauso gewesen. Allerdings umgekehrt. Als Robert Habeck das Ministeramt übernahm, hat er gleich zu Anfang die Kürzungen seines Vorgängers rückgängig gemacht. Ökolandbau, sagt der überzeugte Grüne, sei nicht nur eine Marotte von Einzelgängern, sondern ein öffentliches Gut:
"Der Ökolandbau verzichtet auf Pflanzenschutzmittel, verzichtet auf Pestizide, verzichtet auf Importe von genveränderten Produkten – Soja vor allem für die Tiermast, all das schont unser Land, schont unsere Gewässer, schont unsere Artenvielfalt. Und das finde ich richtig, das finde ich gut, und dafür kriegt der Ökolandbau eine Entschädigung, und das ist keine Subvention, sondern das ist eine Kompensation, dass er auf bestimmte schonende Verfahren umstellt. Und ich kann das nur begrüßen."
Jürn Sanders vom Thünen-Institut spricht von sogenannten "Agrarumweltleistungen" der Ökobauern, die die Gesellschaft honorieren müsse. Viele der von ihm befragten Bauern wünschten sich in diesem Bereich Planungssicherheit, also eine festgelegte Förderung, unabhängig von der Farbe der jeweiligen Regierungspartei. Auch Robert Habeck in Kiel sagt: Subventionen sind gut und richtig und dürfen nicht einfach gekürzt werden. Aber: Sie können nicht das ganze Problem lösen.
"Gegen die hohen Pachtpreise kann man vorgehen, durch gesetzliche Änderungen, aber das sind extreme Eingriffe in einen subventionierten, aber letztlich freien Markt. Ob man nach A nach B verkauft, ob jemand bereit ist, das Geld in die Hand zu nehmen oder nicht, das muss er ja selber entscheiden. Wenn man jetzt sagt, bestimmte Preise dürfen nicht mehr bezahlt werden, dann hat man schon ein sehr scharfes Schwert geschwungen."
Das ist richtig. Ebenso richtig ist jedoch auch, dass die vielen Biogasanlagen rund um Schülp bei Rendsburg, ohne massive staatliche Subventionen gar nicht erst geplant worden wären. Und noch ein Ungemach droht den Ökobauern: Schon lange geplant ist eine Reform der EU-Ökoverordnung. Sollten die Bestimmungen in Kraft treten, dann müssten die deutschen Ökobauern mit noch höheren Auflagen und härteren Kontrollen rechnen, auch wenn sie jetzt schon im europäischen Vergleich ganz vorn liegen. Jürn Sanders vom Thünen-Institut berichtet jedoch, dass die Ergebnisse seiner Studie auch im EU-Parlament heftig diskutiert wurden. Eine Entscheidung gibt es daher noch nicht. Und welche Rolle spielen eigentlich die Verbraucher?
Massenware Bio
Wie in vielen anderen europäischen Ländern ist auch in Deutschland der Konsum ökologischer Produkte in den letzten Jahren enorm angestiegen. Von zwei Prozent vor gut zehn Jahren hat er sich 2013 auf fast vier Prozent verdoppelt. Und ein Ende ist nicht abzusehen. Überall im Land sprießen Ökosupermärkte aus dem Boden, und Discounter wie Lidl oder Aldi haben längst ihre eigenen Ökomarken und machen gute Geschäfte damit.
Genau dies haben die Vorreiter der Ökobranche seit Jahrzehnten gefordert: Raus aus der Nische, rein in die Supermärkte. Im Gegensatz dazu stagniert die Anbaufläche. Das Ergebnis: Immer mehr Ökolebensmittel werden importiert oder stammen aus riesigen Öko-Fabriken und werden wie ihre konventionellen Konkurrenzprodukte quer durchs Land transportiert.
Freitagnachmittag auf dem Öko-Gut Wulksfelde im Norden von Hamburg. Das ehemalige Staatsgut der Hansestadt Hamburg gilt als Öko-Vorreiter in Norddeutschland. Seit 1989 werden hier auf insgesamt 445 Hektar Getreide, Früchte und Gemüse angebaut. Auf dem riesigen Gelände gibt es Kuh-, Schaf-, Schweine- und Hühnerherden, eine eigene Bäckerei, ein schönes altes Gutshaus, ein Restaurant und einen großen, hellen Einkaufsladen. Der Laden ist voll. Rolf Winter ist seit 1993 Geschäftsführer auf Wulksfelde. 58 Jahre ist er alt – ein Urgestein der Biobranche, er hat schon viele Krisen miterlebt. Natürlich kennt auch er den Thünen-Report, und natürlich macht auch er sich Sorgen um bäuerliche Familienbetriebe wie die von Hans-Dieter Greve. Aber:
"Nein, ich würde überhaupt nicht sagen, dass die Biobranche in der Krise ist. Die Biobranche hat neue Herausforderungen, die Fläche ist teurer geworden, weil viel Fläche in die Energieerzeugung fließt, und diesen Herausforderungen gilt es sich zu stellen."
In einer kürzlich erhobenen Umfrage des Bundes Ökologischer Lebensmittelwirtschaft erklärten über 70 Prozent der Befragten, dass sie bereit wären für Öko-Eier und Öko-Milch aus der Region mehr zu zahlen. Mit dem Label "Regional" lässt sich also Geld verdienen. Genau dies geschieht in Wulksfelde:
In einer kürzlich erhobenen Umfrage des Bundes Ökologischer Lebensmittelwirtschaft erklärten über 70 Prozent der Befragten, dass sie bereit wären für Öko-Eier und Öko-Milch aus der Region mehr zu zahlen. Mit dem Label "Regional" lässt sich also Geld verdienen. Genau dies geschieht in Wulksfelde:
"Ja, wir stehen ja hier mitten in der Gemüseabteilung, und für uns sind Kartoffeln ein ganz wesentliches Produkt, und da ist es für uns eine ganz entscheidende Frage, wie lange wir in Deutschland deutsche Kartoffeln essen. Glücklicherweise haben wir inzwischen einen Biokartoffelerzeugerverband, der dieses Thema ganz stark in den Vordergrund gebracht hat – was jetzt auch dazu führt, dass das Ziel 300 Tage deutsche Kartoffel in Deutschland immer näher rückt. Es ist tatsächlich so, die ägyptische Kartoffel braucht wesentlich mehr Wasser als die deutsche. Und wenn man eine ökologische Landwirtschaft haben will, dann müssen die ökologischen Produkte in Deutschland angebaut werden."
An 300 Tagen im Jahr können die Wulksfelder Kunden also bald frische deutsche Biokartoffeln aus der Region kaufen – niemand muss auf die Konkurrenz aus Ägypten zurückgreifen. Info-Tafeln klären auf, der Erzeugerverband präsentiert sich offensiv. Mit diesem Konzept liegen die Kartoffelerzeuger im Trend, das haben auch die Politiker erkannt. Schleswig-Holstein beispielsweise unterstützt den Bau lokaler Schlachtereien und schickt Verkaufsberater auf die Höfe. Der Hamburger Senat - immerhin gibt es über 600 landwirtschaftliche Betriebe, darunter 34 Ökohöfe – hat gerade ein gezieltes Förderprogramm für die Öko-Obstbauern im Alten Land beschlossen. Noch einmal zurück zum Hof Hasenkrug nach Schülp. Hin und wieder kommt ein Auto aufs Gelände gerollt. In einer großen Kiste gibt es die Hasenkrugeier, dazu die hofeigenen Kartoffeln. Gezahlt wird bar in eine offene Kasse hinein – der Direktverkauf funktioniere sehr gut, berichtet Hans-Dieter Greve. Auch er weiß, dass er neue Wege gehen muss, wenn er überleben will.
Im letzten Jahr hat er an einem Bienenschutzprogramm des Kieler Ministeriums teilgenommen. 650 Euro gab es pro Hektar – doch im Gegenzug dafür fielen andere Prämien weg, der Verwaltungskram war enorm. Einen Hasenkrug-Honig wird es erstmal nicht geben. So sei das eben, meint der kämpferische Bauer, der trotz allem seinen Humor nicht verliert: Außen Hui, innen Pfui. Aber deshalb aufgeben oder rückumstellen? Es kann sein, dass dies auch 2014 wieder viele Ökobauern so entscheiden. Hans-Dieter Greve aus Schülp will nicht dazugehören:
"Ich kann die Kollegen, die die Flinte ins Korn werfen, verstehen, ich kann das nachvollziehen. Für mich käme das nicht in Frage. Es bleibt ein ständiger Kampf, aber wer nicht kämpft hat schon verloren."