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Ökologie
Schrebergärten sind Insektenparadiese

Insekten spielen in unseren Ökosystemen eine zentrale Rolle, vor allem als Bestäuber für Wild- und Nutzpflanzen. Die Zahl der Insekten nimmt aufgrund von Umweltveränderungen rapide ab - aber selbst in Städten gibt es Orte, an denen sich Bienen und Hummeln ausgesprochen wohl fühlen.

von Dagmar Röhrlich | 15.01.2019
    Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris), auch dicke Hummel oder schwarze Hummel, echter Lavendel
    Lavendel wird von bestäubenden Insekten besonders gerne angeflogen (imago )
    Versiegelung, Monokulturen und Intensivlandwirtschaft hinterlassen Spuren in der Insektenwelt: Vielfalt und Bestände sinken - und zwar stark. Dieser negative Trend trifft auch die Bestäuber, also die Bienen, Hummeln, Käfer, Schmetterlinge oder auch Fliegen, allen voran die Schwebfliegen. Die Frage ist, ob auch Städte diesen Tieren Schutzräume bieten können. Deshalb hat ein Team der Universität Bristol zwei Jahren nach den Lieblingsplätzen der Bestäuber gesucht - in Bristol, Edinburgh, Leeds und Reading. Katherine Baldock von der Bristol University:
    "Wir haben untersucht, wie viele Insektenarten wir in Schrebergärten und Gärten finden, auf Gehwegen, im Grün an den Straßenrändern, auf Friedhöfen, öffentlichen Parks und in städtischen Naturschutzgebieten. Wir stellten fest, wie viele Insekten sich dort aufhielten und welche Pflanzen sie wie oft besuchten. Dann haben wir die Ergebnisse miteinander verglichen. Wir wollten herausfinden, wo in der Stadt sich die Bestäuber wohl fühlen und wie wir dieses Wissen zu ihrem Schutz nutzen können."
    Unwiderstehliche Mischung aus Obst, Blumen und Unkraut
    Das Ergebnis war in allen vier Städten eindeutig, so die Ökologin:
    "Am besten sind Schreber- und Hausgärten für die Bestäuber. Vor allem Bienen und Schwebfliegen lieben sie. Wir fanden sie dort viel häufiger als auf allen anderen städtischen Flächen. Als besonders wichtig haben sich die Schrebergärten erwiesen. Sie sind wirklich gut für Bestäuber."
    Der Grund: Schrebergärten bieten eine für Bestäuber unwiderstehliche Mischung aus blühendem Obst und Gemüse, Blumen und Unkrautecken. Die Hausgärten schafften es nur auf Platz zwei. Sie fielen unter anderem wegen der Flächen für Terrassen und Rasen zurück. Außerdem fiel auf, dass die Gärten der wohlhabenderen Stadtteile mehr Bestäuber anlockten als die in einfacheren Wohngebieten. Der Grund: Dort gab es mehr Blumen, und die Vielfalt war größer.
    Insekten sind wählerisch
    "Wir haben auch untersucht, welche Pflanzen die Bestäuber bevorzugt besuchen. Unter den heimischen Wildpflanzen waren Brombeersträucher, Butterblumen, Löwenzahn, Distel, Bärenklau und Ochsenauge am beliebtesten. Sie sind wirklich wichtig für die Bestäuber. Unter den Gartenpflanzen werden Lavendel, Borretsch, Schmetterlingssträucher und Ringelblumen am häufigsten besucht."
    Am unbeliebtesten waren Hortensien und Vergissmeinnicht. Aus der Studie lassen sich auch Ratschläge für Stadtverwaltungen ableiten:
    Parks und Straßenränder attraktiver machen
    "Wir raten den Stadtverwaltungen, die Bepflanzungen in Parks und am Straßenrand so zu verändern, dass die Bestäuber etwas finden. Und auch die Pflege der Grünflächen sollte geändert werden, etwa indem man sie seltener mäht. Derzeit konnten Naturschutzgebiete und Parks nicht mit den Gärten mithalten, aber wenn das geändert wird, könnten die städtischen Grünflächen einen wertvollen Beitrag leisten."
    Den größten Schub für den Bestäuberschutz würde jedoch die Vergrößerung der Schrebergärten bringen: Sie bedecken weniger als ein Prozent in den vier untersuchten Städten, und leisteten doch den größten Beitrag. Deshalb, so urteilt Katherine Baldock, sollten die Behörden wirklich darüber nachdenken, ihre Fläche zu vergrößern.