Freitag, 03. Mai 2024

Archiv

Österreich
Den Rechtspopulisten schwinden die Kandidaten

Die Wahlen zum Europäischen Parlament könnten zu einem neo-nationalistischen Fanal werden: In ganz Europa rüsten sich die rechtspopulistischen Parteien, um gemeinsam die EU zu diskreditieren. Österreichs Rechtspopulisten allerdings kommen derweil die Kandidaten abhanden.

Von Ingo Lierheimer | 10.04.2014
    Den Vergleich zwischen EU und Nazi-Diktatur musste FPÖ-Spitzenkandidat Andreas Mölzer gesenkten Hauptes zurücknehmen
    Den Vergleich zwischen EU und Nazi-Diktatur musste FPÖ-Spitzenkandidat Andreas Mölzer zurücknehmen (picture-alliance/ dpa / epa apa Gindl)
    Andreas Mölzer eckt an, seit er in Österreich Politik macht - und das ist seit mehr als einem Vierteljahrhundert. Sich selbst beschreibt er lapidar folgendermaßen:
    "Ich gebe gerne zu, ich bin ein provokanter Diskutant."
    Das allerdings ist verharmlosend. Denn der 61-Jährige bedient ganz gezielt die deutschnationalen Anhänger der FPÖ. Seit den 90er-Jahren verwendet er immer wieder den von Nazis geprägten Begriff der "Umvolkung". Im EU-Parlament, dem er seit zehn Jahren angehört, weigerte er sich zum 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz einer Resolution zuzustimmen, die Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit verurteilte.
    Mölzers Begründung: Damit werde auf dem Rücken der Opfer Tagespolitik gemacht. Tatsächlich ist genau das seine Taktik. Jetzt aber hat er überzogen, als er die Europäische Union mit dem Dritten Reich verglich und dabei den Ausdruck "Negerkonglomerat" verwendete. Mölzer bestritt diese Aussage, bis dieser Audiomitschnitt auftauchte:
    "Entweder sind wir ein Negerkonglomerat - das alles sage ich jetzt ganz bewusst brutal politisch nicht korrekt."
    "Das alles sage ich jetzt ganz bewusst brutal politisch nicht korrekt" - so Mölzer auf diesem Mitschnitt, was seine anschließende Überraschung in einem ORF-Interview gespielt erscheinen lässt:
    "Habe das im Radio gehört und gedacht: Ja hoppla, das ist ein unpassender Ausdruck, den ich mit Bedauern zurückziehe."
    Das ist das übliche Schema, das Mölzer schon oft befolgt hat - auf die Provokation folgt die Entschuldigung mit der Hoffnung, dass alle bedient sind. Diesmal aber konnte der Parteichef nicht mehr anders, als Mölzer zum Rückzug als Spitzenkandidat für die Europawahl zu drängen.
    Heinz-Christian Strache will die FPÖ moderner und jünger ausrichten, vor allem mit Blick auf die Nationalratswahlen in vier Jahren. Aber, so der Politikwissenschaftler Fritz Plasser, er hat dabei mächtige Gegner:
    "Der nationalkonservative Flügel ist das Rückgrat der Partei, was die Finanzen und auch die Ideengebung betrifft und er ist auch als Rekrutierungsbasis nicht zu unterschätzen, wir müssen nur bedenken, wie viele Mandatare aus schlagenden Verbindungen kommen."
    Das Idol David Alaba beleidigt
    Auch Mölzer ist seit über 40 Jahren im Corps Vandalia aktiv. Die FPÖ trifft die Affäre zu einem Zeitpunkt, in dem sie in den Meinungsumfragen zur stärksten Kraft in Österreich aufgestiegen ist, noch vor den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP. Der parteiinterne Streit um Mölzer aber gefährdet diese Position, auch deswegen, weil jetzt bekannt wurde, dass in Mölzers deutschnationaler Wochenschrift "Die Zeit" der populäre Fußballer David Alaba als pechrabenschwarz bezeichnet wurde mit dem Hinweis, dass die echten Wiener nur noch in den Altersheimen zu finden seien. Alaba ist gebürtiger Wiener. Mölzer, der den Begriff Neger gerne und oft verwendet, redet sich auch hier heraus.
    "Ich bin der Herausgeber, nicht der Zensor."
    Die Alaba-Beleidigung könnte der FPÖ aber mehr als andere rassistische Bemerkungen schaden. Der 22-jährige ist Österreichs Fußballer des Jahres und gerade bei den von der FPÖ umworbenen Jungwählern ein großes Idol. Neben der FPÖ ist auch dem rechtspopulistischen Bündnis Zukunft Österreich die Spitzenkandidatin für die EU-Wahl abhandengekommen. Ulrike Haider-Quercia, die Tochter des Parteigründers Jörg Haider, zieht sich zurück, weil sie nach eigenen Worten ihre unabhängige politische Linie trotz gegenteiliger Aussagen nicht verfolgen könne.