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Österreich
Presserat kritisiert Informationspolitik des Innenministeriums

Von Politik und Medien in Österreich hagelt es Kritik an dem Schreiben aus dem Innenministerium, in dem vor "kritischen Zeitungen" gewarnt wird. Die Tageszeitung "Die Presse" beklagt, es sei bereits gängige Praxis, bestimmte Medien auf Informationen warten zu lassen. Der Innenminister winkt ab.

Von Clemens Verenkotte | 28.09.2018
    Ein Stapel mit verschiedenen Tageszeitungen liegt auf einem Tisch.
    Für viele österreichische Tageszeitungen, die in einem Rundschreiben des Innenministeriums als "kritische Medien" bezeichnet wurden, kommt der jüngste Vorstoß aus dem FPÖ-regierten Innenministerium nicht überraschend (Sven Hoppe/dpa)
    "Wenn jetzt behauptet wird, es gebe einen Maulkorb, es gebe eine Infosperre, es gebe einen Frontalangriff auf die Pressefreiheit, so ist das alles Schein."
    Österreichs Innenminister Herbert Kickl kann, wie hier im Nationalrat am vergangenen Mittwoch, nichts Falsches an dem umstrittenen, internen Rundbrief seines Pressesprechers finden: Die Reaktionen aus Politik und Medien seien aufgebauscht worden, mit der Wortwahl einiger Passagen der Mail sei er nicht einverstanden und er habe darüber mit seinem Mitarbeiter gesprochen. Und im Übrigen sei das keine Anweisung gewesen. Von Zensur könne keine Rede sein. Ende der Debatte.
    Das Bild zeigt Österreichs Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) von der Seite. Er spricht im Januar 2017 auf einer Sitzung des Ministerrates in Wien und steht dabei vor zwei Mikrofonen. In der linken Hand hält er Akten.
    Österreichs Innenminister Herbert Kickl (FPÖ): Von Zensur könne keine Rede sein (dpa-bildfunk / APA / Roland Schlager)
    Kritik vom Bundespräsidenten
    Von Österreichs Bundespräsidenten Alexander van der Bellen abwärts hagelte es Kritik an der Empfehlung des PR-Experten des Innenministeriums, zwischen kritischen und guten Medien zu unterscheiden:
    "Es geht in der Tat nicht an, zwischen einzelnen Medien zu diskriminieren und auf diese Art die Medienfreiheit in Österreich direkt oder indirekt einzuschränken."
    Versuch, die Polizeiarbeit für politische Zwecke zu instrumentalisieren
    Nicht allein für Redaktionen der betroffenen Tageszeitungen "Standard" und "Kurier" sowie der Redaktion der Wochenzeitschrift "Falter", die in dem Rundschreiben als "kritische Medien" genannt wurden, kommt der jüngste Vorstoß aus dem FPÖ-regierten Innenministerium nicht überraschend. Die Tageszeitung "Die Presse", vormals traditionelle Pflichtlektüre der österreichischen Konservativen, nennt die E-Mail nicht "den ersten Versuch" Kickls, die Polizeiarbeit für politische Zwecke zu instrumentalisieren.
    Was im Innenministerium bereits gängige Praxis sei, nämlich kritische Medien sehr, sehr lange auf Informationen warten zu lassen, und stattdessen dem regierungsnahen Boulevard exklusive Informationen zuzustecken, solle nun auf alle Landespolizeidirektionen ausgeweitet werden. Für Florian Klenk, studierte Jurist – und Chefredakteur des "Falters", steht fest:
    "Im Innenministerium sitzen jetzt Leute, die früher in rechtsextremen Internetplattformen gearbeitet haben. Der Chefredakteur der Webseite 'Unzensuriert.at' ist jetzt zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. Die engsten Parteifreunde von Herrn Kickl sitzen an den Schaltstellen und versuchen hier, die Öffentlichkeit wenn nicht zu manipulieren, so doch sehr einseitig zu informieren."
    Presserat: Schwerwiegender Eingriff in die Pressefreiheit
    Der österreichische Presserat, zu dessen Trägerorganisationen unter anderem der Verband Österreichischer Zeitungen gehört, kommt zu einer ähnlichen Bewertung. Alexander Warzilek, Geschäftsführer des Presserats:
    "Im Schreiben wird unterschieden zwischen braven und schlimmen Medien, und das geht gar nicht. Das ist ein Eingriff in die Pressefreiheit und ein Eingriff in die Recherche und in das Sammeln von Informationen. Das Sammeln von Informationen ist ja irgendwo die Grundvoraussetzung für den Journalismus. Und damit ist dieser Eingriff als entsprechend schwerwiegend zu bewerten und in einer Demokratie dürfte so ein Eingriff eigentlich nicht vorkommen."
    FPÖ-Vize-Kanzler Heinz Christian Strache hingegen postete auf seinem Lieblingsmedium Facebook: Es handele sich um eine gezielte und durchschaubare Kampagne gegen den Innenminister.