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Online-Plattform Youpedia
Neue Medien für klassische Geschichte

Bei Goethe und Schiller denken viele Schüler an angestaubte Pflichtlektüre. Das muss nicht sein. Auf der Online-Plattform Youpedia können sie mit Videos, Fotostorys oder Hörspielen selbst den Zugang zu Kultur und Geschichte gestalten und gleichzeitig andere Jugendliche inspirieren.

Von Ronny Arnold |
Das Goethe-Schiller-Denkmal vor dem Nationaltheater in Weimar (Thüringen)
Die Geschichten auf Youpedia - beispielsweise über Goethe und Schiller - sind von Jugendlichen für Jugendliche produziert (dpa / picture alliance / Soeren Stache)
"Nachdem Charlotte Goethe das erste Mal wieder mit einer Frau zusammen sah, war sie zutiefst enttäuscht: Ich fordere all meine Briefe, die ich Ihnen je zukommen lassen habe, zurück! Mit freundlichen Grüßen, Ihre Charlotte von Stein."
"Goethe und die Liebe", davon erzählt das knapp dreiminütige Video auf der neuen Plattform "Youpedia.de". Lilly und Luisa haben daran mitgewirkt, sind auch im Film zu sehen und haben sich dafür extra in Kostüme aus Goethes und Schillers Zeit gezwängt. Lilly und Luisa sind 15 Jahre alt und besuchen die Weimarer "Carl-Zeiss-Gesamtschule". Entstanden ist das Video an vier Projekttagen Ende Mai – inklusive Ideenentwicklung, Dreh und Schnitt.
"Am ersten Tag hatten wir ein iPad mit einer Rallye drauf und dann sollten wir da Aufgaben erledigen. An den nächsten Tagen waren wir im Museum und hatten dann Zeit für unseren Film. Jeder kennt irgendwie Goethe. Aber ich hab mich gewundert, warum die den alle so toll finden. Und jetzt hab ich es gecheckt."
Inspiration für andere Jugendliche
Geschichte entdecken, mit neuen Medien arbeiten und die Geschichten so aufbereiten, dass sie auf der neuen Youpedia-Seite andere Jugendliche inspirieren. Oder zumindest Interesse wecken, an der reichhaltigen Kultur vergangener Jahrhunderte. Darum geht es, erklärt Projektleiterin Sophia Gröschke von der federführenden "Klassik Stiftung Weimar".
"Dahinter steht ein pädagogisches Gesamtprojekt. Die Jugendlichen haben dort die Gelegenheit, innerhalb mehrerer Tage Informationen zu sammeln, vor Ort zu recherchieren an historischen Orten, aber auch im Internet. Und der Fokus liegt auf den Beiträgen der Jugendlichen, die ich einmal nach Orten sortiert mir anschauen kann, aber auch nach Themen sortiert oder auch historischen Personen."
Betreut werden die Projekte von ausgebildeten Pädagogen, die die Kurzfilme, kleinen Hörspiele, Fotostorys und Textbeiträge am Ende inhaltlich und auch medienrechtlich prüfen. Erst dann gehen sie online. Kooperationspartner ist neben der "Klassik Stiftung Weimar" das "Deutsche Jugendherbergswerk". Und da, neben Weimar, in einem weiteren Pilotprojekt der Landesverband Bayern mit den momentanen Standorten Regensburg, Bayreuth, Passau und Nürnberg.
Pädagogischer Mehrwert
Youpedia eröffnet neue Blickwinkel, aus der Perspektive junger, medienaffiner Menschen. Das sieht nicht immer perfekt aus, geht aber weg von jener elitären Sicht auf eine Hochkultur, die Jugendliche kaum noch erreicht. Besonders wichtig: die Themen setzen die Jugendlichen selbst. Auf der neuen Plattform navigieren sich die Besucher durch Stadträume und Gedenkstätten auf den Spuren 13- bis 18-jähriger. Für Andreas Jantowski, den Leiter des Thüringer Schulportals, eine doppelte Chance – nicht zuletzt auch für die Lehrer.
"Einmal digitale Medien als Mittel im Unterricht. Hier in dem Fall, um das Kulturgut Weimarer Klassik schülergerecht aufarbeiten zu können. Und zum anderen Entwicklung von Medienkompetenz. Und in beiden Sachen müssen Lehrer weitergebildet werden. Und Youpedia bietet die Möglichkeit, dass Lehrerinnen und Lehrer Kontakt mit den neuen Medien aufnehmen und können bestenfalls ihren Unterricht um einen pädagogischen Mehrwert ergänzen."
Laut Jantowski sollen gelungene Youpedia-Beiträge zukünftig auch in die Mediathek des Thüringer Schulportals aufgenommen werden. So können Lehrer sie für ihren Unterricht nutzen. Was Youpedia nun braucht, sind weitere Einträge. 14 Schülergruppen haben sich in Thüringen für die nächsten Monate bereits zum Projekt angemeldet, in Bayern sind es aktuell zehn. Perspektivisch will man in weitere Bundesländer expandieren.
Projekt macht vor allem Spaß
"Warum soll ich dich plagen, liebstes Geschöpf? Warum mich betrügen und dich plagen? Wir können einander nicht sein und sind einander zu viel."
Lilly, Luisa und den anderen Schülern hat das Projekt vor allem eines gemacht: jede Menge Spaß. Sie sind stolz auf ihr Video - und hoffen nun, dass es ganz oft angeklickt wird und sich Youpedia schnell herum spricht. Sie stellen fest:
"Das Besondere an Youpedia ist einfach, dass es von Jugendlichen für Jugendliche ist und dass man irgendwie auch viel lieber Jugendlichen zuhört, was die sagen, als älteren Menschen. Und dann denkt man: Ach ja, dann guck ich mal auf Youpedia, da sind auch Jugendliche unterwegs."