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Onlinehandel und Geoblocking
Digitaler Binnenmarkt der EU wird durchlässiger

Bis dato kann es in der EU unterschiedlich viel kosten, ob man ein Produkt auf einem Computer diesseits oder jenseits der Grenze bestellt. Eine breite Mehrheit des EU-Parlaments will diese Praxis beenden.

Von Peter Kapern | 06.02.2018
    Die Anzeige eines elektronischen Warenkorbs auf einem Computerbildschirm auf der Internetseite eines Onlinehändlers, aufgenommen am 10.01.2014 in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern).
    Gleicher Preis, egal woher man kommt: Was im stationären Handel schon lange gilt, soll nach dem Willen vieler EU-Abgeordneter auch im Onlinehandel gelten. (picture alliance / dpa / ZB / Jens Büttner)
    Ausgerechnet in der digitalen Welt sind die Grenzen der EU-Länder noch immer weitgehend undurchlässig. Immerhin arbeitet die EU aber daran, diese Grenzblockaden abzubauen. Zum Beispiel beim Onlineshopping, wo Millionen von EU-Bürgern immer wieder dieselbe Erfahrung machen wie die SPD-Europaabgeordnete Evelyne Gebhard:
    "Ich wollte meiner Mutter eine Kaffeemaschine kaufen. Sie lebt in Frankreich und ich war in Frankreich und habe festgestellt, dass die Maschine auf der französischen Seite des Händlers viel teurer war als auf der deutschen Seite. Und da habe ich gesagt: Komm, das macht nichts, wir gehen einfach auf die deutsche Seite. Das ging aber nicht, wir wurden automatisch immer wieder umgeleitet auf die französische Seite."
    Diese Zwangsumleitung ist nicht die einzige Methode, mit der Onlinehändler verhindern, dass Kunden aus allen Ländern der EU auf das günstigste Angebot einer Ware zugreifen können. Manchmal lehnen sie die Bezahlung mit Kreditkarten aus bestimmten EU-Ländern ab, manchmal verweisen sie auf Zwischenhändler im Land des Käufers mit höheren Preisen. Und manchmal, so der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab, blieben solche diskriminierenden Praktiken jahrelang unbemerkt:
    "Beispielsweise der Disneyland-Fall, wo Kunden aus unterschiedlichen Ländern durch das Tracking ihrer Herkunft zu unterschiedlichen Preisen geführt wurden, was keine nationale Behörde und kein Verbraucher über Monate und Jahre bemerkt hat. Und diese Benachteiligung ist künftig nicht mehr zulässig. Es muss ein Preis für alle Europäer in gleicher Weise gebildet werden. Der kann dann hoch oder niedrig sein, aber es kann nicht sein, dass ein Italiener mehr bezahlt als ein Franzose oder ein Spanier."
    Online umsetzen, was im Laden schon längst gilt
    Eine breite Mehrheit des EU-Parlaments wird heute dafür stimmen, diese Praxis zu beenden. Und damit gilt dann im Online-Handel in ein paar Monaten, was im Ladengeschäft schon längst Recht und Gesetz ist:
    "Wenn Sie heute in den Rewe gehen als polnischer Staatsbürger, dann darf Sie der Rewe auch nicht abweisen auf der Grundlage Ihrer Nationalität. Und deswegen ist das Prinzip, das wir auf den Binnengütermarkt haben, auch hier auf dem digitalen Binnenmarkt realisiert. Und das halte ich für einen richtigen Schritt."
    Wie notwendig dieser Schritt ist, das hat eine Untersuchung der EU-Kommission vor zwei Jahren ergeben. Damals war das sogenannte Geoblocking, also die unterschiedliche Behandlung bestimmter Kunden auf der Grundlage ihres Wohnortes oder ihrer Nationalität, bei fast zwei Dritteln aller Online-Händler Realität. Künftig dürfen sie Kunden aus der also EU nicht mehr abweisen, müssen aber andersherum auch nicht jede Leistung erbringen. Evelyne Gebhardt:
    "In besonderen Fällen, wenn zum Beispiel der Versand viel zu teuer wäre oder wenn andere nachvollziehbare Gründe da sind, dass man dann sagen kann: Das geht nicht!"
    Binnenmarkt wird durchlässiger, aber nicht grenzenlos
    Sollten sich Verbraucher diskriminiert fühlen, können sie nun dagegen klagen, oder sich zunächst einmal an eine Clearing-Stelle wenden, die – auch das legt die neue EU-Regelung fest, in jedem EU-Land eingerichtet werden muss. Der digitale Binnenmarkt wird also durchlässiger, er wird aber nicht grenzenlos.
    Bei bezahlten Streamingdiensten wie Sky Go oder Spotify ist das Geoblocking ab Ende März verboten, das kostenlose Streaming etwa aus der ARD-Mediathek orientiert sich aber weiterhin an den nationalen Grenzen der Mitgliedstaaten. Um die Urheberrechte, die innerhalb der EU noch national geregelt sind, zu schützen.