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"Operation Legend"
US-Präsident Trump schickt Truppen nach Chicago

Seit Donald Trump Anfang Juli Spezialeinheiten nach Portland in Oregon schickte, ist die Lage dort dramatisch eskaliert. Dennoch wollte der US-Präsident weitere Einheiten in andere Städte entsenden. „Operation Legend“ soll sich aber vornehmlich der klassischen Verbrechensbekämpfung widmen.

Von Thilo Kößler | 23.07.2020
Bundespolizisten in Portland, Oregon
Anders als in Portland soll sich Operation Legend soll sich gegen die Gewalt in Städten wie Albuquerque und Kansas widmen. (GETTY IMAGES NORTH AMERICA)
Minutenlang referierte der Präsident Opferzahlen und Verbrechensstatistiken – so seien allein in Chicago die Gewaltverbrechen binnen eines Jahres um 50 Prozent gestiegen, sagte er. Deshalb werde er eine starke Truppe von Sicherheitskräften des Heimatschutzministeriums nach Chicago schicken, kündigte Trump an - aber auch nach Albuquerque in New Mexico und nach Kansas City in Missouri.
Kommentar: Trump will in Portland ein Exempel statuieren
Seit dem Tod von George Floyd protestieren jeden Abend Demonstranten in Portland gegen Polizeigewalt und Rassismus. Donald Trump schickte Spezialeinheiten. Das sind Methoden staatlicher Willkür, kommentiert Thilo Kößler, wie man sie eigentlich nur von Diktaturen kennt.
Die Operation Legend, die Donald Trump offiziell verkündete, ist benannt nach LeGend Talifero, einem vierjährigen Jungen, der im Juni in Kansas City bei einem Überfall im Schlaf erschossen wurde. Trump warf Bürgermeistern und Lokalpolitikern vor, die Augen vor der Gewalt zu verschließen und nicht das zu tun, was absolut notwendig sei.
Eigene Interpretation der Ereignisse
Schon vor Tagen hatte Donald Trump einer ganzen Reihe von Städten unter Führung der Demokratischen Partei eine Intervention durch paramilitärische Einheiten wie in Portland in Oregon angedroht. Auch sein Justizminister William Barr sprach von einer Welle der Gewalt seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyd unter dem Knie eines weißen Polizisten Ende Mai in Minneapolis. Ohne mit einem Wort auf die hitzige Debatte über Polizeigewalt und Rassismus einzugehen, beklagte Bill Barr, dass Polizeikräfte bei landesweiten Demonstrationen dämonisiert würden, wie er sagte. Seiner Interpretation der Ereignisse zufolge ist der Anstieg der Gewalttaten das Ergebnis der Angriffe auf die Polizei.
Fokus liegt auf Verbrechensbekämpfung
Anders als in Portland soll es bei der Operation Legend nicht in erster Linie um die Niederschlagung von Unruhen gehen. In Chicago, Kansas City und Albuquerque will man sich den Worten Barrs zufolge ganz auf klassische Verbrechensbekämpfung konzentrieren.
Doch der umstrittene Einsatz der Sondereinheiten des Heimatschutzministeriums in Portland hat die gesamte Operation Legend schon vorab in Misskredit gebracht – das brutale Eingreifen der paramilitärischen Kampfeinheiten dort war insbesondere wegen der fragwürdigen Praktiken in die Kritik geraten, einzelne Demonstranten aufzugreifen und sie ohne Angabe von Gründen in zivilen Fahrzeugen abzutransportieren.
Widerspruch aus den eigenen Reihen
Der konservative Ex-Gouverneur Tom Ridge, der unter dem republikanischen Präsidenten George W. Bush Minister im Department of Homeland Security war, kritisierte Donald Trump in einem Radiointerview mit scharfen Worten: Das Heimatschutzministerium sei nach dem 11. September gegründet worden, um den Terror zu bekämpfen – aber nicht, um dem Präsidenten als persönliche Miliz zur Verfügung zu stehen.
Die Instrumentalisierung der Einheiten des Heimatschutzministeriums für Wahlkampfzwecke sei verstörend, erklärte auch die Bürgermeisterin von Seattle in einem CNN-Interview: Das sei gefährlich für Amerika, sagte die Demokratin Jenny Durkan
In Oregon sind bereits mehrere Klagen gegen den Einsatz der Bundestruppen anhängig. Die Bürgermeisterin von Chicago kündigte an, im Zweifelsfall diesem Beispiel folgen zu wollen. Vermutlich ist es dem öffentlichen Aufschrei nach den Ereignissen von Portland zuzuschreiben, dass sich die Operation Legend in Kooperation mit lokalen Sicherheitskräften bis auf Weiteres auf klassische Polizeiarbeit konzentrieren soll.