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Ost-Ministerpräsidentenkonferenz
Keine großen Geschenke für die Ost-Länder

Die Ost-Länder fordern die Angleichung der Lebensverhältnisse an den Westen, doch Geld gibt es tendenziell weniger - auch wegen des auslaufenden Solidarpakts. Kanzlerin Merkel betonte bei ihrem Besuch in Thüringen, es müsse aufgepasst werden, dass die Strukturunterschiede nicht größer werden.

Von Henry Bernhard | 03.04.2019
Thüringen, Neudietendorf: Die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Bundesländer, Michael Kretschmer (CDU, Sachsen), Reiner Haseloff (CDU, Sachsen-Anhalt), Dietmar Woidke (SPD, Brandenburg), Manuela Schwesig (SPD, Mecklenburg-Vorpommern, und Bodo Ramelow (Die Linke, Thüringen) sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Michael Müller (SPD, 2.v.r) Regierender Bürgermeister von Berlin, und Christian Hirte (CDU, r), Ostbeauftragter der Bundesregierung, treffen zu Beratungen zusammen.
Brauchen mehr Geld: Die Ost-Ministerpräsidenten tragen in Thüringen ihre Wünsche an Kanzlerin Merkel heran (dpa / ZB / Martin Schutt)
Mit dem Glockenschlag 15 Uhr schüttelte Angela Merkel den Ost-Ministerpräsidenten im Garten des Tagungsortes die Hände. Der Gastgeber, der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow, weist ihr den Platz für den Fototermin.
"Ich habe gesagt: Die Kanzlerin hat die Sonne mitgebracht." "Du bist gelandet und schon kam sie durch", ergänzt der Christdemokrat Haseloff.
"Das ist aber auch alles, was ich mitgebracht habe!" erwidert die Kanzlerin trocken, der Rest geht im Lachen unter. Große Geschenke können die Ministerpräsidenten der Ost-Länder also nicht erwarten.
Gerade mal eine gute Stunde haben sie Zeit, die anstehenden Probleme anzureißen: Die Sonder- und Zusatzrenten noch aus der DDR, die die Länder jährlich mehr Geld kosten. Die Länder fordern hier eine höhere Beteiligung des Bundes, wie die CDU und SPD das auch in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben.
Drängen auf Beteiligung an Geldtöpfen
Außerdem drängen sie auf eine weitere verlässliche Förderung strukturschwacher Regionen angesichts des auslaufenden Solidarpakts II und eine angemessene Beteiligung an den weniger werdenden EU-Geldern.
Nach der knappen Beratungszeit treten die Kanzlerin Merkel und der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow vor die Presse – für den Linken Ramelow, der in seiner Ministerpräsidentenrolle aufgeht, ein sichtbarer Triumph. Der Raum für die Pressekonferenz heißt "Himmlisches Jerusalem".
"Ich bin sehr gern hierher gekommen, auch an diesen wunderbaren Ort Neudietendorf. Ich lerne bei diesen Ministerpräsidentenkonferenzen der Neuen Länder auch immer wieder spannende Orte kennen, die so nicht aussähen, wenn es die Deutsche Einheit nicht gegeben hätte", so Merkel.
"Und ich sage ganz deutlich: Im 30. Jahr der Deutschen Einheit haben wir im Verständnis, dass wir stolz darauf sind, was die Neuen Länder erreichen konnten und die Solidarität des Bundes und das wir jetzt an der Wegscheide stehen, bei der wir die nächste Etappe beschreiten müssen. Und über diese nächste Etappe haben wir geredet", so Ramelow.
Vieles, aber nicht alles Anstehende wurde besprochen. Die Frage des Braunkohleausstiegs, der mehrere Bundesländer und nicht nur den Osten betrifft, war explizit kein Thema.
Stärkere Beteiligung des Bundes gefordert
Angela Merkel dämpfte die Hoffnungen über den erreichten Kompromiss hinaus.
"Wir müssen immer wieder darüber sprechen: Welche Instrumente stehen uns zur Verfügung? Denn, wenn man jetzt wegen der Braunkohleregion das Grundgesetz nochmal ändern würde - das ist nicht so ganz einfach. Weil dann viele Länder auch betroffen wären, die sich auch fragen, was können wir in diesem Zusammenhang noch tun?"
Den Wunsch der Ost-Länder, dass sich der Bund stärker an den Sonderrentenzahlungen beteiligen möge, habe sie vernommen.
"Hier ist der Wunsch der Länder sehr massiv vorgetragen worden, dass man sich eine andere Lastenteilung vorstellt, und ich werde das in die Beratungen der Bundesregierung natürlich mit einbringen."
Aufpassen, dass Strukturunterschiede nicht größer werden
Merkel stellte sich hinter die Forderung des Ostbeauftragten der Bundesregierung, Christian Hirte, Bundesinstitutionen nicht nur verstärkt im Osten, sondern dort auch gezielt in der Fläche und nicht nur in den Ballungszentren anzusiedeln. Angesichts der anstehenden 30. Jahrestage von Mauerfall und Wiedervereinigung warnte sie vor Euphorie.
"Aber es wächst natürlich auch die Ungeduld, dass es nach wie vor strukturelle Unterschiede gibt und jeder fragt sich: Ja, wie lange sollen diese strukturellen Unterschiede noch bestehen? Und deshalb müssen wir erstmal aufpassen, dass die nicht größer werden."