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Osteraufstand vor 100 Jahren
Chaos und Blutvergießen in Dublin

Der Osteraufstand vom 24. April 1916 wird häufig als Wendepunkt in der Geschichte Irlands gesehen. In Dublin rief am damaligen Ostermontag eine kleine Gruppe von Aufständischen, Dichtern und Utopisten zum bewaffneten Kampf auf, um die Unabhängigkeit von Großbritannien zu erzwingen. Die Aktion scheiterte, doch später wurden die Rebellen vielerorts zu Helden und Märtyrern verklärt.

Von Ruth Rach | 24.04.2016
    Wandbilder erinnern rund um die Falls Road in Belfast an den Osteraufstand von 1916 in Dublin.
    Wandbilder erinnern rund um die Falls Road in Belfast an den Osteraufstand von 1916 in Dublin. (picture alliance / dpa / Teresa Dapp )
    Im Mai 2011 wird der "Garten der Erinnerung" in Dublin Schauplatz einer historischen Geste. Die britische Königin Elisabeth II. legt an der Gedenkstätte für irische Widerständler, die im Kampf gegen die britische Herrschaft gestorben sind, einen Kranz nieder. Und am Tag darauf erklärt Königin Elisabeth auf einem Staatsbankett im Schloss von Dublin:
    "All jenen, die infolge unserer schwierigen Vergangenheit gelitten haben, möchte ich mein tiefstes Beileid ausdrücken. Im historischen Rückblick erkennen wir einiges, von dem wir uns wünschen, dass es anders oder gar nicht geschehen wäre."
    Die Konflikte zwischen Irland und Großbritannien haben tiefe Wurzeln. Seit Jahrhunderten hatten englische Herrscher ihre irischen Nachbarn unterworfen, gälische und katholische Bräuche unterdrückt, Landbesitzer enteignet und den Norden der Insel mit Protestanten aus England und Schottland besiedelt, um ein loyales Bollwerk für die englische Krone zu schaffen. Immer wieder regten sich Widerstände, immer wieder wurden sie blutig niedergeschlagen. Mitte des 19. Jahrhunderts dann die große Hungersnot. Gescheiterte Kartoffelernten, Typhus-, Ruhr- und Choleraepidemien. Eineinhalb Millionen Iren starben, eine Million wanderte aus. Anfang des 20. Jahrhunderts war die Bevölkerung von ehemals neun Millionen auf dreieinhalb Millionen geschrumpft.
    "… rufen wir unsere Kinder auf, sich unter der irischen Fahne zu vereinen"
    Und dann der Erste Weltkrieg. Tausende von Iren starben für England. Aber irische Widerständler glaubten, dies sei der ideale Zeitpunkt, um das geschwächte Großbritannien anzugreifen, und versuchten, die Bevölkerung für ihren Freiheitskampf zu mobilisieren. Am 24. April 1916 – einem Ostermontag - besetzten über 1.000 Nationalisten mehrere strategisch wichtige Gebäude in Dublin. Padraig Pearse, einer der Anführer, rief die Republik Irland aus.
    "Iren und Irinnen! Im Namen Gottes und der toten Generationen, aus deren Hand Irland seine alte nationale Tradition empfangen hat, rufen wir unsere Kinder auf, sich unter der irischen Fahne zu vereinen und für die Freiheit zu kämpfen!"
    Es folgten fünf Tage voller Chaos und Blutvergießen und schließlich unausweichlich die Niederlage. Rund 500 – zumeist Unbeteiligte - starben. Die Widerständler waren schlecht bewaffnet, schlecht organisiert, unter sich zerstritten und blieben eine winzige Minderheit – etwa 1.500 Menschen. Die Mehrheit der Iren wollte eine unblutige Lösung. Sie setzte auf die sogenannte Home Rule, die ihr von der Londoner Regierung in Aussicht gestellt worden war: einen autonomen Status innerhalb des Britischen Empire.
    Ein Land war allerdings bereit, die irischen Kämpfer mit Waffen zu unterstützen: Deutschland lag daran, den britischen Kriegsgegner zu schwächen. Und so trafen die Vorschläge von Sir Roger Casement, einem ehemaligen britischen Beamten irischer Abstammung, auf offene Ohren, erzählt der britische Historiker John Röhl:
    "Sein Plan war, dass er mit einem deutschen U-Boot dann in Irland abgesetzt werden sollte, und er sollte da den Aufstand leiten. Im April 1916 ist er dann an der Westküste Irlands abgesetzt worden. Die Engländer wussten aber schon, dass er kam. Sie haben ja die Kabel zwischen Deutschland und Amerika abhören können. Er ist im Tower of London inhaftiert worden, und im August 1916 ist er gehenkt worden."
    Auch die Rebellen in Dublin erwartete eine harte Strafe. 15 Anführer wurden im Schnellverfahren zum Tode verurteilt und erschossen. Das brutale Vorgehen der britischen Soldaten löste bei der irischen Bevölkerung Hass und Empörung aus. Die Rebellen wurden zu Märtyrern erhoben, der Osteraufstand nachträglich mit tiefer Symbolkraft ausgestattet, das führte zu weiteren Konflikten. 1921 wurde Irland zum Freistaat erklärt – der vorwiegend protestantische Nordteil der Insel blieb auf eigenen Wunsch bei England. Aber auch diese Lösung brachte keinen Frieden.
    Und wie wird der Osteraufstand heute gesehen? Mit mehr kritischem Abstand, hofft jedenfalls die irische Dozentin Jane Irons:
    "Vor 50 Jahren war der Ton der Gedenkfeiern noch sehr militant. Ich finde, es ist besser für die Iren, nicht immer nur zurückzublicken, das schafft - verständlicherweise – nur Bitternis. Inzwischen hat Irland einen wichtigen Platz in der internationalen Gemeinschaft gewonnen und sollte lieber nach außen schauen, und nach vorne, in eine bessere Zukunft."