Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv

Ostukraine
Neue Provokationen gefährden den Friedensplan

Die Ostukraine kommt nicht zur Ruhe. Neben dem Flughafen von Donezk ist vor allem auch die Region Debaltzewe betroffen. Die ukrainische Regierung wirft Russland vor, Provokationen zu planen - und eigene Truppen in die Ostukraine entsenden zu wollen. Die Minsker Erklärung, als Friedenslösung geplant, verliert an Bedeutung.

Von Florian Kellermann | 10.11.2014
    Vermummte prorussische Separatisten
    Prorussische Separatisten sollen Stellungen der ukrainischen Armee beschossen haben. (Maksim Blinov, dpa)
    Die ukrainische Regierung meldete in den vergangenen Tagen die heftigsten Kämpfe seit Anfang September - also seit die Konfliktparteien eine Waffenruhe vereinbart hatten. Auch in der Nacht auf heute sei diese Vereinbarung gebrochen worden, sagte Armee-Sprecher Vladislav Seleznjow.
    "Unsere Positionen sind in der Nacht 13 Mal beschossen worden, dabei ist kein Soldat ums Leben gekommen. Am schwierigsten ist die Situation in der Region Debaltzewe. Dort haben uns die Kämpfer intensiv mit Artilleriegeschützen beschossen. Wir haben das Feuer erwidert. Auch am Flughafen in Donezk kam es wieder zu Kämpfen."
    Noch weit dramatischer verlief das Wochenende. In der Nacht zu Sonntag starben drei ukrainische Soldaten bei Schusswechseln. Im Tagesverlauf kamen gestern weitere zwei ukrainische Polizisten ums Leben - außerdem ein Zivilist, der zufällig in die Schusslinie geraten war.
    Neben dem Donezker Flughafen ist der Ort Debaltzewe ein ständiger Brennpunkt. Er liegt an einer wichtigen Verbindungsstraße zwischen Donezk und Luhansk. Die Separatisten wollen die ukrainische Armee dort zum Rückzug zwingen, um Transporte nach Donezk zu erleichtern - dem am weitesten südwestlich gelegenen Punkt ihres Gebiets. Aber auch andere Städte geraten immer wieder unter Artilleriefeuer - die beiden Seiten machen sich dafür gegenseitig verantwortlich.
    Die Separatisten rüsten ihre Streitkräfte indes wieder auf. Die Beobachtermission der OSZE fixierte vor wenigen Tagen neue Panzer und Militärlastwagen, die nach Donezk gelangten. Sie trugen keine militärischen Hoheitsabzeichen. Die ukrainische Regierung geht davon aus, dass sie von Russland geliefert wurden. So der Sprecher des ukrainischen Rates für Sicherheit und Verteidigung Andrij Lysenko.
    Ukraine fürchtet russische Truppen
    "Wir schließen nicht aus, dass Russland im großen Maßstab Provokationen plant - einen weiter verstärkten Beschuss unserer Stellungen sowie Vorstöße auf das von uns kontrollierte Gebiet. Dann hätte Moskau einen Vorwand, die russische Armee zu einer angeblich friedensstiftenden Mission in die Ukraine zu entsenden."
    Die Situation in der Ostukraine spitzte sich zu, nachdem die Separatisten in Donezk und Luhansk vor einer Woche sogenannte Parlamentswahlen abhielten. Sie erklärten, dies sei ein notwendiger Schritt, um die von ihnen ausgerufenen Volksrepubliken zu schaffen.
    Damit verletzten die Separatisten die Vereinbarungen von Minsk vom September. Dort hatten ihre Vertreter einem Friedensplan zugestimmt, der den Verbleib der Regionen Donezk und Luhansk in der Ukraine vorsieht. Dem Plan zufolge sollten dort nicht Parlamentswahlen, sondern vorgezogene Kommunalwahlen nach ukrainischem Recht stattfinden. Die Ukraine reagierte auf die Wahl mit der Drohung, ihrerseits von dem Verhandlungsergebnis von Minsk abzurücken. Präsident Petro Poroschenko will ein Gesetz wieder aufheben, das einen Sonderstatus für die Regionen Donezk und Luhansk vorsieht.
    Die Spannung im Krisengebiet nahm zuletzt auch deshalb zu, weil die Konflikte zwischen verschiedenen Separatisten-Gruppen immer offensichtlicher werden. Führende Vertreter lehnten die Minsker Vereinbarungen von an Anfang an ab, von den sogenannten Parlamentswahlen vor einer Woche wurden sie de facto ausgeschlossen. Diese Kriegs-Fraktion hat ein Interesse daran, dass die Kämpfe nicht zur Ruhe kommen.
    Der andere Teil der Separatisten bereitet sich offenbar auf neue Gespräche mit Russland und der Ukraine in Minsk vor. Das sogenannte Oberhaupt der Volksrepublik Donezk Alexandr Sachartschenko ernannte gestern einen Vertreter bei künftigen Verhandlungen.