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Paketzustellung
Projekt mit Mikrodepots nur ein Teilerfolg

Platz für rangierende LKW, Lagerdepots und Lastenräder - solche Flächen sind rar in deutschen Städten. In Berlin nutzten die fünf großen Paketdienstleister diese Umschlagplätze probehalber gemeinsam. Vorteil: Die Orte konnten mit klimafreundlichen E-Bikes angefahren werden. Nicht alle Unternehmen waren zufrieden.

Von Philip Banse | 22.05.2019
Lastenräder der Paketdienstleister Hermes, GLS, dpd und DHL im gemeinsamen Depot an der Eberswalder Straße
Paketzustellung per Lastenrad in Berlin-Prenzlauer Berg (www.imago-images.de/Jürgen Heinrich)
Über den Parkplatz kurvt lautlos ein gelb-rotes Lastenrad, Elektromotor, mit seinen vier Rädern eher ein kleines Elektroauto, hinten der große Kasten für die Pakete, vorn im Sitz, die Füße auf den Pedalen Zustellerin Steffi Kawalle. Ich winke freundlich, sie bremst scharf und lächelt.
"Ich finde es super. Es macht sich ideal in der Großstadt. Gerade in den großen, belebten Straßen, wo wenig Parkmöglichkeiten sind, ist das ideal. Wir können von Haustür zu Haustür, schnell ranfahren, Pakete abliefern. Ist super."
Paketzustellung per Lastenrad ist nichts Neues in Deutschland. UPS etwa macht das in Hamburg seit sieben Jahren, mittlerweile in 30 deutschen Städten mit insgesamt 70 Lastenrädern, die Hälfte davon elektrisch. Ähnliches berichten andere große Paketdienste. Doch ob sich das klimafreundliche Paketrad auch wirtschaftlich lohnt, hängt vor allem von einem Faktor ab, sagt Holger Ostwald von UPS Deutschland:
"Die Standortfrage für das Mikrodepot ist ganz entscheidend."
Mikrodepots müssen günstig liegen
Sprich: Wo können die Paket-LKW jene Pakete abladen und zwischenlagern, die dann in die Lastenräder geladen werden? Dieses Mikrodepot muss so günstig liegen, dass möglichst viele Kunden angeradelt werden können – und zwar schneller, als das mit einem LKW möglich wäre.
"Das ist wichtig, denn sie verlieren Zeit durch den zusätzlichen Umschlag. Und diese Zeit müssen sie wieder reinholen, um das ganze wirtschaftlich tragfähig zu machen."
Doch Grundstücke in zentraler Lage mit ausreichend Platz für rangierende LKW, Lagercontainer, Lastenräder und Umkleiden, solche Flächen sind rar in Städten. Wie wäre es also, wenn sich die großen Paketzusteller jene raren Flächen teilen und so Ressourcen besser nutzen?
"Wenn Flächen gemeinsam genutzt werden, lagert zwar jeder Paketdienst seine Sachen in seinem Bereich. Allerdings werden die Verkehrsflächen für Anfahrt und Rangieren gemeinsam genutzt", sagt Andreas Weber vom Beratungsunternehmen LNC. Er hat das Projekt Komodo koordiniert: Berlin stellte ein seltene Industriebrache in der Innenstadt, das Bundesumweltministerium baute für 400.000 Euro Video-Überwachung, Umkleiden und Lagercontainer – jeder der fünf großen Paketdienste bekam einen.
Drei Tonnen CO2 eingespart
Ein Jahr lang kamen morgens LKW, über das Jahr wurden insgesamt 160.000 Pakete auf täglich elf Lastenräder der verschiedenen Paketdienste umgeladen und im Kiez verteilt.
Projektplaner Weber hat gelernt: "Dass die fünf großen Paketdienste, die Wettbewerber sind, gut auch zusammenarbeiten und gemeinsam mit der Stadt auch Lösungen finden, wie das nachhaltiger gestaltet werden kann."
Weil die Pakete per Elektrorad verteilt wurden, seien in einem Jahr drei Tonnen CO2 gespart worden. Doch das Problem an einem gemeinsamen Standort: Er muss für alle gleich gut passen. DHL etwa hat um das Versuchs-Depot herum sehr viele Kunden, ist daher zufrieden. Bei DHL ist aber zu hören, dass Konkurrenten das gemeinsame Depot deutlich weniger genutzt hätten. UPS etwa ist nicht zufrieden mit dem Depot-Standort:
"Die Zustelldichte war einfach nicht geben. Es waren nicht genug Pakete in einem bestimmten Bereich. Die Entfernungen pro Stopp waren zu groß. Prenzlauer Berg ist auch nicht so problematisch, eine Haltemöglichkeit für ein Zustellfahrzeug zu finden. Das heißt, wir haben hier nicht den Effizienzgewinn, den wir für eine Fahrradzustellung bräuchten."
Und so werden die Paketzusteller auch weiterhin auf eigene Faust nach innerstädtischen Mikro-Depots für ihre Fahrrad-Zustellung suchen. Aber wenn Kommunen Flächen stellen und effizient nutzen wollen, wissen sie jetzt: Es geht.