Dienstag, 19. März 2024

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Para-Leichtathletik-WM
"Das Niveau ist sehr, sehr hoch geworden"

Das deutsche Para-Leichtathletik hat ein positives Fazit der WM in Dubai gezogen. Die Breite der gezeigten Leistung und auch die Leistungen in der Spitze, hätten extrem zugenommen, sagte der deutsche Teamleiter Jörg Frischmann. Man hoffe zudem sehr darauf, die Paralympics 2032 nach Deutschland zu holen.

Irmgard Bensusan, Jörg Frischmann, Marion Peters im Gespräch mit Matthias Friebe | 17.11.2019
Johannes Floors geht vor den anderen Läufern über 100 m über die Ziellinie. Links im Bild der Drittplatzierte Felix Streng
Johannes Floors gewann in Dubai über 100 und 400 Meter Gold (www.imago-images.de/Oliver Kremer)
"Das Gesamtfazit aus Mannschaftssicht war durchaus positiv", sagte Bundestrainerin Marion Peters im Deutschlandfunk nach der Para-Leichtathletik-WM in Dubai. "Ein bisschen Probleme gab es im Warmup-Bereich, das war nicht WM-würdig. Das war sehr improvisiert und das stieß auf Kritik."
Es sei immer immer problematisch Ausrichter für eine Para-Leichtathletik-WM zu finden, sagte der deutsche Teammanager Jörg Frischmann. "Wir haben im Behindertensportverband öfters die Situation gehabt, dass wir im Vorjahr gar nicht wussten, wo wir zu einem Wettkampf hin mussten."
Lob und Verständnis für Ausrichter Dubai
Man müsse dem International Paralympic Committee (IPC) aber gratulieren, dass man so kurzfristig noch einen Ausrichter gefunden habe. "Hier hat das IPC im Sinne der Sportler im wichtigsten Jahr vor den Paralympics eine Lösung gefunden", sagte Frischmann. Nach den Para-Weltmeisterschaften 2017 in London war die britische Hauptstadt auch gleich für die folgenden Para-WM 2019 ins Spiel gebracht. Zum Ende der Bewerbungsfrist hatten die Briten jedoch mitgeteilt, dass sie von einer Bewerbung aus finanziellen und terminlichen Gründen Abstand nehmen würden. Dubai war als Veranstaltungsort dann erst Mitte Juni 2018 bekannt gegeben worden.
Es sei aus Veranstaltersicht auch eine Riesenherausforderung ein solch großes Sport-Event für Menschen mit Behinderung auf die Beine zu stellen. Man brauche barrierefreie Hotels und Busse. "Es ist eine Wahnsinnsleistung, was die Veranstalter hier auf die Beine gestellt haben", sagte der deutsche Teamleiter.
In den Vereinigten Arabischen Emiraten gebe es halt leider keine Leichtathletik-Tradition. Dies könne man mit England einfach nicht vergleichen, dies sei auch unfair, sagte Peters. In Sachen Hitzeadaptation sei Dubai aber ein sehr guter Test im Hinblick auf die Paralympics in Tokio 2020 gewesen. "Ein guter Athlet der jammert nicht."
Irmgard Bensusan gewinnt während der Para-Leichtathletik-WM in Dubai Gold über 200 Meter.
Para-Leichtathletik-WM - "Die Paralympics sind das höchste Ziel"
Para-Sprinterin Irmgard Bensusan ist mit zwei Goldmedaillen aus Para-Leichtathletik-WM in Duabi zurück gekehrt. Sie gab im Dlf aber zu, dass die Paralympics für sie einen viel höheren Stellenwert haben.
"So etwas findet man in Deutschland nicht"
"Natürlich waren nicht so viele Zuschauer da", sagte die Bundestrainerin Peters: "Aber viele Nationen können sich solch eine Veranstaltung gar nicht leisten. Es war top organisiert, das Areal war zu hundert Prozent barrierefrei. So etwas findet man in Deutschland nicht."
Es sei zwar schade gewesen, dass der Zuschauerzuspruch in Dubai überschaubar gewesen sei, aber dies sei erwartbar gewesen und man erkenne das von den Golfregionen auch nicht anders, sagte Peters. "Was diesmal wirklich megagut war, war die mediale Aufmerksamkeit. Es war so viel Presse da, es war so viel Berichterstattung da. Das hatte tatsächlich schon Paralympics-Niveau."
Erfreulich sei auch die zunehmende sportliche Breite der Teilnehmer und auch die gesteigerte Qualität der gezeigten Leistungen, erklärte Frischmann. "Diesmal gab es Wettkämpfe auf Augenhöhe. Wir haben Teilnehmerfelder, die wir vorher nie gehabt haben und auf einmal kommen Nationen wie Indien dazu, wo wir gar nicht wissen, wo die Sportler auf einmal herkommen. Da sind einige Sportler auch überrascht worden. Das Niveau ist sehr, sehr hoch geworden."
Superstars für den Nachwuchs wichtig
Der Sport entwickle sich rasant, sagte auch Peters. Ohne eine Spezialisierung werde in Zukunft kein Athlet mehr erfolgreich sein können.
Es sei extrem wichtig für den Para-Sport Superstars, wie Johannes Floors, Markus Rehm oder Heinrich Popov als Aushängeschilder zu haben, die den Nachwuchs motivieren könnten. Denn das Nachwuchsproblem sei immer noch sehr akut, sagte Frischmann.
Angesprochen auf die Möglichkeit Para-Leichtathletik-Wettbewerbe zusammen mit den Olympischen Athleten stattfinden zu lassen, äußerte sich der Teamleiter skeptisch. "Die Wettbewerbe gemeinsam zu machen, das funktioniert überhaupt nicht."
Die Anforderungen für die Infrastruktur der Para-Leichtathleten sei eine durchweg andere, als für die nichtbehinderten Athleten. Für die Para-Sportler sei es eher angebracht in kleiner Städte zu gehen, dort sei es einfacher Zuschauer ins Stadion zu locken, sagte auch Para-Sprinterin Irmgard Bensusan.
Die Paralympics sollen nach Deutschland
Alle Gesprächsteilnehmer begrüßten die angedachte Bewerbung der Region Rhein-Ruhr für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2032. "Das ist die Möglichkeit für den deutschen Sport auf ein neues Niveau zu kommen." Man merke welche Entwicklung in den Ländern passiert sei, die die Paralympics in den letzten Jahren ausgerichtet hätten.
Peters hoffe, dass durch Paralympics in Deutschland die Lebensleistung der Para-Athleten besser transparent gemacht werde und mehr Anerkennung bekomme. In anderen Ländern seien die deutschen Para-Athleten nämlich schon Stars.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.