
So könnte der Kandidat der CDU/CSU womöglich für seine Wahl auf Stimmen der AfD angewiesen sein. Und zumindest ein Teil der Unionsabgeordneten hält eine der beiden SPD-Kandidatinnen nicht für wählbar - sollte sie scheitern, könnte es zu Streit in der Koalition kommen.
Wie die Wahlen ablaufen
Die Wahlen sind geheim. Die Abgeordneten treten einzeln in Wahlkabinen und werfen ihre Stimmkarten in Urnen. Währenddessen beginnt die nächste Debatte. Das Ergebnis wird im Verlauf der weiteren Tagesordnungspunkte verkündet, wofür diese kurz unterbrochen werden. Mitgeteilt werden Ja-Stimmen, Nein-Stimmen und Enthaltungen. Welche Fraktion wie abgestimmt hat, lässt sich also nur aus öffentlichen Äußerungen am Rande ableiten.
Um kurz nach 10 Uhr sollen die Abgeordneten zunächst über den Kandidaten der Union, Günter Spinner, entscheiden. Die Abstimmungen über die beiden SPD-Kandidatinnen Ann-Katrin Kaufhold und Frauke Brosius-Gersdorf sind für mittags geplant. Über sie soll getrennt voneinander abgestimmt werden.
Gegen Brosius-Gersdorf gibt es in der Union Vorbehalte, unter anderem, weil sie sich in der Corona-Pandemie für eine Impfpflicht aussprach und einem Teil der Unionsabgeordneten in Abtreibungsfragen zu liberal ist.
Warum die AfD eine wichtige Rolle spielt
Nötig ist eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Sind alle 630 Abgeordneten anwesend, entspricht das 420 Stimmen. Wenn alle Fraktionen gemäß ihrer relativen Stärke vertreten sind, reichen die Stimmen der drei Regierungsparteien CDU, CSU und SPD sowie der Grünen nicht aus für eine Zweidrittelmehrheit.
Es bräuchte dann noch Stimmen der AfD oder der Linken. Die CDU/CSU-Fraktion lehnt eine Zusammenarbeit sowohl mit der Linken als auch der AfD ab. Die AfD-Fraktionsspitze hat ihren Abgeordneten empfohlen, den Kandidaten der Union zu wählen. Die Linke lehnt eine Zustimmung bislang ab. Es könnte also zum ersten Mal ein Verfassungsrichter nur durch Zustimmung der AfD gewählt werden.
Was passiert, wenn die nötige Mehrheit fehlt
Wenn die nötige Zweidrittelmehrheit für einen oder mehrere Kandidaten nicht zustande kommt, kann der Bundesrat entscheiden. Dieser darf sowieso über die Hälfte der Richter in jedem Senat des Bundesverfassungsgerichts entscheiden, es kämen dann in diesem Fall noch weitere hinzu. Dazu käme es aber erst am Ende eines längeren Verfahrens mit mehreren Stufen.
Für die schwarz-rote Koalition wäre das blamabel, wenn sie so wichtige Entscheidungen aus der Hand geben muss. Bundeskanzler Merz von der CDU erklärte bereits, er hoffe, dass sich der Bundestag als entscheidungsfähig erweise. Bundestagspräsidentin Klöckner, ebenfalls CDU, mahnte, die Entscheidung nicht dem Bundesrat zu überlassen.
Was die Entscheidung für das Bundesverfassungsgericht bedeutet
Das Bundesverfassungsgericht ist das höchste deutsche Gericht und kann mit seinen Entscheidungen teils weitreichenden Einfluss auf den Kurs des Landes nehmen. Das passierte zum Beispiel 2021, als die Richter die Politik zu mehr Anstrengungen auf den Klimaschutz verpflichteten, um die Freiheitsrechte künftiger Generationen zu schützen. Daraufhin wurde das Klimaschutzgesetz verschärft.
Das Bundesverfassungsgericht setzt sich aus 16 Richterinnen und Richtern zusammen. Jeweils acht Richterinnen und Richter bilden einen Senat. Ihre Amtszeit beträgt zwölf Jahre, sie müssen mindestens 40 und dürfen höchstens 68 Jahre alt sein.
Mit Material der Deutschen Presse-Agentur
Diese Nachricht wurde am 11.07.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.