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Parlamentsbeschluss "zwingend notwendig"

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann hält auch bei einer Beschränkung auf humanitäre Hilfe einen Bundestagsbeschluss zum deutschen Engagement im Nahen Osten für notwendig. Der Sprecher der SPD-Linken begründete seine Einschätzung mit dem "ganz schwierigen politischen Feld", auf dem sich der Einsatz bewegen würde. Rossmann widersprach damit Einschätzungen des Verteidigungsstaatssekretärs Friedbert Pfüger (CDU).

Moderation: Stefan Heinlein |
    Stefan Heinlein: Auf deutscher Seite also scheinen die Pläne bereits sehr konkret. Die Bundeswehr wird sich zwar am UN-Blauhelmeinsatz beteiligen. Die Entsendung von Kampftruppen ist jedoch ausgeschlossen, so die klare Botschaft der Bundeskanzlerin. Nicht das Heer, sondern die Marine wird wohl die Hauptlast des Nahost-Einsatzes schultern müssen. Nach der Information der Fraktionsspitzen gestern Abend tagen zur Stunde die zuständigen Ausschüsse des Bundestages. Doch es gibt Ärger bei den Abgeordneten in der Hauptstadt.

    Bei mir am Telefon ist nun der Sprecher der SPD-Linken, Ernst Dieter Rossmann. Guten Tag!

    Ernst Dieter Rossmann: Schönen guten Tag!

    Heinlein: Teilen Sie die Sorgen der Opposition, der Bundestag muss nur noch eine Grundsatzentscheidung abnicken, oder er wird vielleicht sogar ganz übergangen?

    Rossmann: Dass wir als Abgeordnete alle gleich in unseren Rechten darauf bestehen müssen, bestens, sorgfältig, genau von der Regierung informiert zu werden, ist nicht nur eine Sorge der Opposition, sondern, ich sage noch einmal, ist ein berechtigtes Anliegen von allen Abgeordneten. Nach meinem Eindruck werden die Ausschüsse - der außenpolitische Ausschuss an erster Stelle - doch jetzt schon sehr eingehend informiert. Wir werden das als Parlament insgesamt über unsere Fraktionen bekommen. Nein, ich glaube, dass die Regierung schon weiß, auf welchem dünnen Eis sie sich bewegt und wie gut sie daran tut, sich wirklich mit dem Parlament engstens abzustimmen, auch im Parlament ohne Druck auszuüben die Meinungsbildung im Parlament zu beachten, ernst zu nehmen und das auch nicht willkürlich aufzuteilen. Ich plädiere dafür, dass es eine Gesamtinformation, ein Gesamtkonzept geben muss und dass das auch insgesamt dann im Parlament diskutiert wird.

    Heinlein: Dünnes Eis, Herr Rossmann, auch deswegen, weil eine Mehrheit im Bundestag zumindest von Seiten der SPD nicht sicher erscheint für einen möglichen Einsatz?

    Rossmann: Das will ich nicht auf die SPD beziehen, sondern, wie ich das mitbekomme, sind ja Kolleginnen und Kollegen in allen Fraktionen, auch bei der CSU, bei der CDU, mit den gleichen Fragen dabei, weil wir ja von den gleichen Menschen in Deutschland mit gewählt werden. Natürlich hat eine SPD eine besondere Geschichte darin, auch Friedenspartei, friedenssichernde Partei mit zu sein, die das auch immer an erster Stelle gesehen hat über politische Konzepte, über politische Initiativen. Insoweit werden wir dort als Sozialdemokraten insgesamt immer besonders intensiv fragen, in besonderer Weise sehr zurückhaltend sein, was die Inanspruchnahme von Bundeswehr mit angeht. Aber das ist nachher nicht eine Frage von SPD, CDU/CSU oder Oppositionsparteien.

    Heinlein: Herr Rossmann, haben Sie sich in dieser Frage persönlich schon festgelegt, wenn es denn so kommt, wie es aussieht, kein Kampfeinsatz, aber ein Marineeinsatz auf See?

    Rossmann: Ich lege mich dann fest, wenn es eine umfassende Debatte mit den Kollegen in der Fraktion gegeben hat, weil: Natürlich ist es am Ende eine persönliche Gewissensentscheidung, aber als Abgeordnete sind wir darauf angewiesen, es mit Kollegen hin und her wenden und diskutieren zu können, so wie damals, als die Debatten um den Einsatz im ehemaligen Jugoslawien in zwei Sitzungen der SPD bis nach Mitternacht uns umgetrieben haben. Wir tun deshalb gut daran, keine persönliche Einzelfestlegung zu treffen, aber am Ende eine aus der Diskussion erwachsene Einzelentscheidung. Da bin ich nur dabei, jetzt Positionen aufzunehmen, auch mich um Orientierungen im eigenen Denken zu bemühen, so wie das glaube ich alle Abgeordneten tun, auch die der Linken insgesamt tun werden. Am Ende gibt es eine aus der Diskussion erwachsene Gewissensentscheidung jedes einzelnen Abgeordneten, eine Summe dieser Gewissensentscheidungen im Parlament.

    Heinlein: Ist denn die Zustimmung des Parlamentes aus Ihrer Sicht zwingend notwendig, auch wenn es sich nur um einen humanitären Einsatz handelt? So hat ja der Staatssekretär Friedbert Pflüger es formuliert.

    Rossmann: Das mit dem "nur um einen humanitären Einsatz" ist schon eine Abwertung, die ich nicht nachvollziehen möchte. Der humanitäre Einsatz wäre etwas ganz Bedeutendes. Auch sind Menschen mit gebunden. Da ist man politisch mit gebunden. Deshalb ist hier in besonderer Weise das die Ganzheitlichkeit von humanitärem und möglicherweise einem Einsatz der Bundeswehr. Deshalb ist es ein Gesamtkonzept, was den möglichen Einsatz angeht. Dieser Einsatz steht aber in einem politischen Gesamtkonzept, was Friedenssicherung und Friedensinitiativen angeht, und das SPD-Präsidium hat dazu ja nach meiner Erkenntnis schon stärker als andere Parteien einen Mehr-Punkte-Plan mit in die Debatte gebracht. Unser Außenminister ist ja auch einer, der die politische Debatte angestoßen hat, mit vorangebracht hat, der sich sehr in vielen Reisen, in drei Reisen darum bemüht hat, und in dieser Linie wollen wir das auch zusammen angehen.

    Heinlein: Herr Rossmann, ich habe Ihre Antwort nicht ganz verstanden. Die Frage war, ob die Zustimmung des Parlamentes für ein solches Mandat aus Ihrer Sicht zwingend notwendig ist, ja oder nein?

    Rossmann: Natürlich ist sie zwingend notwendig. Ich sagte, nur sie ist zwingend notwendig, aber ich würde das nicht abwerten, dass sie bei humanitären nicht genauso notwendig ist in diesem ganz schwierigen politischen Feld, wie es dann, wenn es um einen formalen Bundeswehreinsatz ginge, in jedem Fall notwendig wäre. Da ist es uns schon von der Verfassung und der ganzen Gesetzeslage her vorgegeben.

    Heinlein: Der Sprecher der SPD-Linken Ernst Dieter Rossmann heute Mittag hier im Deutschlandfunk. Herr Rossmann, ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören.

    Rossmann: Dankeschön, Wiederhören.