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Parteienfinanzierung
Opposition klagt in Karlsruhe

Die Opposition will die Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung kippen. Union und SPD hatten im Bundestag ein Plus von 25 Millionen Euro durchgesetzt. FDP, Grüne und Linke finden die Begründung dafür zu allgemein. Heute haben sie eine Normenkontrollklage in Karlsruhe angekündigt.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 05.07.2018
    Das Plenum des Deutschen Bundestags in Berlin
    Die Parlamentarier debattieren im Plenum im Bundestag. Der Deutsche Bundestag berät in seiner Sitzung unter anderem über die Parteienfinanzierung. (picture alliance/dpa - Michael Kappeler)
    Ernste Mienen an diesem Morgen im Bundestag, als die Fraktions-Geschäftsführer von FDP, Grünen und Linkspartei in einer Art Großer Opposition vor die zahlreichen Mikrofone treten. Marco Buschmann macht den Auftakt. In aller Schärfe kritisiert der Liberale das Mitte Juni verabschiedete Gesetz zur Parteienfinanzierung der Großen Koalition:
    "Das hat sie in einem Hauruckverfahren getan, das gegen die politische Hygiene, aber - was noch viel schlimmer ist - unserer festen Überzeugung nach gegen die Verfassung verstößt."
    Deshalb will die Opposition nun mit einer Normenkontrollklage vor der Bundesverfassungsgericht ziehen. Mit dem vor knapp drei Wochen verabschiedeten Gesetz hatten CDU, CSU und SPD sich darauf geeinigt, dass alle im Bundestag vertretenen Parteien vom nächsten Jahr an 25 Millionen Euro mehr vom Staat bekommen, insgesamt werden es dann 190 Millionen Euro jährlich sein. Um mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden, gilt eine strenge Sorgfalts- und Begründungspflicht, doch genau die fehle hier, sagt Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann:
    "Wir als Gesetzgeber verbessern durch dieses Gesetz ja die finanzielle Ausstattung der Parteien, also von uns selbst. Und deshalb hat das Bundesverfassungsgericht uns eine sehr konkrete Begründungs- und Darlegungspflicht auferlegt, wenn wir an die Obergrenze rangehen und diese verändern."
    Warum 25 Millionen, warum nicht 30 oder 17?
    Union und SPD hatten die Erhöhung der sogenannten Obergrenze unter anderem mit steigenden Kosten für die Digitalisierung begründet, Internet-Auftritte, die Kommunikation in sozialen Medien und die Gewährleistung der Datensicherheit. Genaue Zahlen fehlen allerdings - weshalb Britta Haßelmann nicht nachvollziehen kann, wie die Erhöhung von 25 Millionen Euro eigentlich zustande kommt:
    "Auf unsere Rückfragen, warum 25 Millionen Euro, warum nicht 30 oder 17, gab es überhaupt keine Reaktionen, keine sachliche Begründung."
    Auch im Innenausschuss habe es keine sachliche Erörterung gegeben - die Oppositionsparteien kritisieren aber nicht nur die fehlende Transparenz, sondern auch das hastige Vorgehen der Regierungsfraktionen:
    "Wir hatten ungefähr zwölf Tage Beratungszeit von Einbringung bis zur Verabschiedung des Gesetzes. Wir mussten innerhalb von vier Tagen Sachverständige benennen."
    Gesetz durch den Bundestag gepeitscht
    Dieses Gesetz sei durch den Bundestag gepeitscht worden, meint auch Jan Korte. Für den Geschäftsführer der Linksfraktion ist der ganze Vorgang ein abgekartetes Spiel - zumal in diesen Tagen und Wochen, in denen die Große Koalition fast auseinanderzubrechen drohte:
    "Ich glaube, dass die Große Koalition wirklich den Schuss nicht mehr gehört hat. Was in diesem Lande gerade passiert. Wie die Leute sich abwenden von dem, was hier passiert. Weil es da insgesamt um das Ansehen der Parteien in der Bundesrepublik geht."
    Weil Union und SPD die Erhöhung der Parteienfinanzierung auch mit den steigenden Kosten für Mitgliederentscheide und andere parteiinterne Sonderabstimmungen begründen, nutzt Korte, der Linkspolitiker, das als Steilvorlage für einen Seitenhieb auf die Sozialdemokraten:
    "Die SPD könnte ja wieder eine vernünftige Politik machen. Dann hat sie auch bessere Wahlergebnisse und bekommt logischerweise mehr Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung."
    Für eine Normenkontrollklage in Karlsruhe muss mindestens ein Viertel der Bundestagsabgeordneten bereitstehen - Grüne, FDP und Linkspartei kommen zusammen auf genügend Parlamentarier. Die AfD bleibt außen vor, sie plant, eine eigene, sogenannte Organklage vor dem Bundesverfassungsgericht einzureichen.