Dienstag, 23. April 2024

Archiv

Parteiprogramm der AfD
Große Versprechen, wenig Konzepte

Mehr Rente, mehr Steuerentlastungen, Ja zum Mindestlohn - das Parteiprogramm, über das die Mitglieder der AfD in dieser Woche in Stuttgart abstimmen, soll vor allem Geringverdiener entlasten. Wie das finanziert werden soll, erklärt das Programm allerdings nicht.

Von Stefan Maas | 29.04.2016
    Mitglieder der Partei Alternative für Deutschland (AfD) verfolgen am 22.03.2014 den Europaparteitag in Erfurt (Thüringen). Die AfD will auf dem zweitägigen Parteitag unter anderem ihr Programm für die Europawahl am 25. Mai beschließen.
    Die AfD will die Partei des kleinen Mannes sein. (Hendrik Schmidt/dpa)
    Für den stellvertretenden Parteivorsitzenden Alexander Gauland ist eines ganz klar. Die AfD ist die Partei des kleinen Mannes.
    "Überall da, wo wir den Eindruck haben, dass der kleine Mann ungerecht behandelt wird, wollen wir uns dafür einsetzen, dass er gerecht behandelt wird."
    Lange hat die AfD als einzige Partei den Mindestlohn abgelehnt, auch noch, nachdem Parteigründer Bernd Lucke ihr den Rücken gekehrt hatte. Diese Zeiten sind vorbei. Im Entwurf des Parteiprogramms, über den ab morgen in Stuttgart abgestimmt wird, spricht sie sich ausdrücklich für den Mindestlohn aus. Zur Begründung heißt es unter anderem, er schütze Geringverdiener "vor dem durch die derzeitige Massenimmigration zu erwartenden Lohndruck."
    Familien sollen gegenüber Kinderlosen nicht länger finanziell benachteiligt werden, auch nicht bei der Rente. Dazu sollen unter anderem die Kinderzahl und die Erziehungsleistung mit angerechnet werden. Rente soll es für alle mehr geben. Durch einen höheren Grundfreibetrag sollen Geringverdiener bei der Einkommenssteuer entlastet werden.
    Abschaffung von Vermögens- und Erbschaftssteuer
    "Wir wollen in den unteren Einkommensbereichen massive Entlastungen haben."
    Verspricht Parteichef Jörg Meuthen. Wie passe es aber zu einer Partei die vorgebe, vor allem sozial schwächere und Geringverdiener im Blick zu haben, fragt Reiner Hoffmann, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, "dass man beispielsweise die Vermögens- oder die Erbschaftssteuer abschaffen will. Das ist ein Geschenk an die Superreichen."
    Außerdem, heißt es in dem Programmentwurf, möchte die AfD das Bank- und das Steuergeheimnis wieder herstellen und spricht sich gegen den Austausch von Steuerdaten aus.
    "Das Programm der AfD zur Wirtschaftspolitik ist an vielen Stellen noch sehr unkonkret, wirkt wie ein Sammelsurium von diversen Vorschlägen."
    Kritisiert Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln. Die Partei lege kein eigenes Rentenkonzept vor, verspreche etliche Steuerentlastungen ohne zu erklären, wie die finanziert werden könnten. Was ist übriggeblieben von der marktliberalen AfD, die Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke einst gegründet hat?
    "Ich erkenne keine marktliberale Position. Zumindest nicht durchgängig. Beispielsweise wird zwar sehr auf die Väter der sozialen Marktwirtschaft rekurriert, dann wird aber doch Skepsis gegenüber offenen Märkten und Freihandel deutlich."
    Starke Euroskepsis
    Die Euroskepsis ist aus den frühen Tagen der Partei erhalten geblieben, die Partei fordert im Programmentwurf – "das Experiment Euro geordnet zu beenden." Um einem drohendem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzt die AfD auf mehrere Konzepte: wer will und kann, soll länger arbeiten dürfen; die AfD setzt auf mehr deutschen Nachwuchs und auf Zuwanderung nach kanadischem Vorbild: Der Bedarf wird bestimmt, entsprechend qualifizierte Zuwanderer dürfen ins Land. Hier entdeckt Hubertus Bard einen grundsätzlichen Widerspruch im Programm:
    "Dafür brauche ich natürlich auch eine Kultur, die die Menschen willkommen heißt, die keine Angst vor Fremdem hat, die Freude am Austausch hat und sich um Integration bemüht. Der Geist wird von dem Programm nicht getragen. Insgesamt ist es ja eher ein skeptisches gegenüber Zuwanderung."
    Das passe nicht zu einer offenen Gesellschaft, die ja auch davon profitiere, dass Menschen von außerhalb ihre Qualifikationen und ihre Ideen mitbrächten.