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Pasok und Nea Dimokratia im Abwärtstrend

Ob Kommunisten oder Rechtsradikale: In Griechenland profitieren die extremen politischen Gruppen von der Dauerkrise. Im Frühling finden Neuwahlen statt. Glaubt man aktuellen Umfragen, wird die griechische Parteienlandschaft nie wieder so sein, wie man sie bis jetzt kannte.

Von Rodothea Seralidou | 20.02.2012
    Der Syntagma-Platz direkt vor dem griechischen Parlament in Athen. An einer Bushaltestelle stehen zwei Rentner und diskutieren über das Lieblingsthema griechischer Senioren: die Politik und die kommenden Neuwahlen. Für den 65-jährigen Theodoros Christoforidis steht das Wahlergebnis schon längst fest:

    "Ich bin davon überzeugt: Die linken Parteien werden das Rennen machen. Wir müssen alle wählen gehen, auch wenn wir unzufrieden sind, denn wer nicht um seine Rechte kämpft, hat schon längst verloren!"

    Mit seiner Einschätzung liegt Theodoros Christoforidis gar nicht mal so falsch. Letzte Studien zeigen, dass die linken Parteien immer stärker werden, wie etwa die Kommunisten und die Partei Syriza, die Schwesterpartei der deutschen Linken. Hinzu kommt die gemäßigte Dimokratiki Aristera, zu deutsch: Demokratische Linke. Würden diese drei Parteien koalieren, kämen sie im Moment auf rund 45 Prozent der Wählerstimmen. Christoforos Vernardakis ist Politologieprofessor an der Universität Thessaloniki und wissenschaftlicher Mitarbeiter des renommierten Meinungsforschungsinstituts VPRC. Seine aktuelle Studie bestätigt diesen Trend nach links:
    "Zurzeit gibt es ein riesiges Machtvakuum. Die sozialistische Pasokpartei erlebt eine niederschmetternde Niederlage. Das führt dazu, dass Millionen Wähler eine andere Partei suchen werden und sie orientieren sich da eher nach links."

    Und auch die extreme Linke, die Autonomen, würden in Zeiten der Krise immer mächtiger und zahlreicher, sagt Vernardakis. Zwar nehmen autonome Gruppierungen nicht an Wahlen teil, aber gesellschaftlich wird ihre Präsenz immer stärker:
    "Das liegt daran, dass eine neue Generation junger Menschen heranwächst, die eine hohe Bildung hat, sich aber mit Aushilfsjobs und Hungerlöhnen herumschlagen muss. Das macht die Wut aufs System immer größer. Dass die Autonomen nicht die stärkste politische Macht sind, verdanken wir nur der Tatsache, dass es hier noch eine starke traditionelle Linke gibt."

    Und die fängt viele auf, die sonst ins Extreme gehen würden. Doch auch das andere Extrem nimmt zurzeit stark zu. Während die rechtsradikale und neofaschistische Chrysi Avgi noch in den letzten Wahlen fast nicht-existent war, stabilisiert sie sich in den letzten Umfragen bei rund drei Prozent. Sie würde es somit ins griechische Parlament schaffen.
    "Die Rechtsradikalen machen eine sehr konkrete Schwerpunktarbeit. Sie haben ihre Migrationsagenda und appellieren vor allem an den Patriotismus der Bürger, reden von der staatlichen Souveränität und das erweitert ihre Anhänger – denn auch die traditionelle Rechte steckt in einer tiefen Krise."

    Tatsächlich: Seitdem die konservative Nea Dimokratia unter Parteichef Antonis Samaras in der Koalitionsregierung mitmischt und die Sparmaßnahmen mitträgt, macht sie sich immer unbeliebter. Momentan würde sie zwar noch rund 27 Prozent der Wählerstimmen bekommen, doch der Trend geht abwärts. Ihre Wähler suchen sich andere rechte Parteien, darunter auch die rechtsradikale Chrysi Avgi.

    Inmitten der Krise wird die griechische Parteienlandschaft neu gemischt, es entstehen neue Parteien und politische Bewegungen. Für viele Griechen ist das die letzte Hoffnung, das sich etwas ändert. So auch für die 34-jährige Mania:
    "Ich hoffe, dass es diesmal bei den Wahlen eine Überraschung gibt. Dass uns ein anderes Ergebnis erwartet als bisher, zum Beispiel dass keine Partei stark genug ist, alleine zu regieren! Und ich werde mir diesmal viel mehr Gedanken darüber machen, was ich wählen werde, als bei den letzten Wahlen!"

    Doch dass die aktuelle politische Instabilität zu einem Putschversuch führen könnte, wie neulich die Bildzeitung schrieb, weisen griechische Experten entschieden zurück. So auch Politologieprofessor Vernaradakis:
    "Solche Veröffentlichungen entbehren jeglicher Grundlage. Das Militär ist heutzutage stark in die Gesellschaft integriert, die Berufssoldaten sind normale Beamten und ihre Gehälter wurden so stark gekürzt, dass es viel wahrscheinlicher ist, dass sie Anhänger der linken Parteien sind als dass sie bereit wären, sich gegen die Demokratie zu wenden."

    Dagegen sei das, was gerade im griechischen Parlament passiert, unter demokratischen Gesichtspunkten viel problematischer, betont Vernardakis: Nämlich die Durchsetzung von Sparmaßnahmen durch eine nicht gewählte Übergangsregierung, deren Politik das Volk ablehnt.