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"Pastewka" unter Schleichwerbeverdacht
"Sie können gar nicht an Mediamarkt vorbeigucken"

In der neuen Staffel der Serie "Pastewka" sind bekannte Marken groß ins Bild gesetzt. Das ruft die Medienaufseher auf den Plan: Sie gehen dem Verdacht der Schleichwerbung nach. Doch noch ist unklar, wer den Anbieter Amazon Prime überhaupt beaufsichtigt.

Von Stefan Fries | 21.02.2018
    Bastian Pastewka bei der Amazon-Prime-Filmpremiere zur achten Staffel von "Pastewka".
    Bastian Pastewka bei der Amazon-Prime-Filmpremiere zur achten Staffel von "Pastewka". (imago / Tinkeres)
    Verkäufer: "Ihr Fernseher ist schon an der Warenausgabe, aber ich zeig Ihnen hier am Modell nochmal, wie’s geht."
    Michael Kessler: "Okay."
    Bastian Pastewka: "Aaah. Kessler ist: ein Mediamarkt-Kunde. Tolle Maske, wirklich verblüffend."
    Bastian Pastewka in der Serie "Pastewka". Der Comedian spielt jetzt schon in der achten Staffel eine Version seiner selbst. In der vierten Folge steht er tagelang mit einem Wohnmobil auf dem Parkplatz eines Mediamarkts. Der wird prominent in Szene gesetzt - das Logo auf Gebäude und Flaggen ist immer wieder im Bild.
    "Sie können gar nicht an Mediamarkt vorbeigucken. Sie können diese 'Kulisse' nicht für irgendeinen beliebigen Elektronikmarkt halten, weil man so deutlich sieht und durch die Kameraführung darauf hingewiesen wird, dass es Mediamarkt ist."
    Cornelia Holsten ist das aufgefallen. Die Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt hält es für möglich, dass Mediamarkt dafür bezahlt hat, so prominent ins Bild gesetzt zu werden.
    "Für die Maßstäbe der Medienaufsicht in Deutschland sieht das aus wie ungekennzeichnete Produktplatzierung. Von Produktplatzierung sprechen wir dann, wenn ein Produkt unter bestimmten Voraussetzungen zwar in eine Handlung eingebaut ist, aber gleichzeitig schon sehr prominent zu sehen ist."
    Holsten ist im Moment auch Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, also so eine Art oberste Medienaufseherin in Deutschland. In dieser Funktion hat sie angestoßen, dass die Serie auf mögliche Verstöße gegen Werberichtlinien überprüft wird.
    "In der Serie gab es keine Produktplatzierung"
    Der Anbieter Amazon Prime will sich zu den Vorwürfen nicht äußern und verweist auf den Produzenten von "Pastewka", die Kölner Firma Brainpool. Dort steht gerade niemand für ein Interview zur Verfügung, die Pressestelle weist die Vorwürfe schriftlich zurück und schreibt unter anderem: "In der Serie gab es keine Produktplatzierung." Das sagt auch Mediamarkt. Die Initiative, in einem ihrer Märkte zu drehen, sei von Brainpool ausgegangen. Brainpool habe - "eine produktionsübliche Miete bezahlt".
    Nicht nur Mediamarkt ist prominent im Bild. Auch der Anbieter Amazon Prime selbst spielt eine Rolle, wenn die Figur Bastian Pastewka dort per Smartphone einen Stapel DVDs bestellt.
    Sebastian Pastewka: "Drei, vier, fünf, sechs. Overnight-Express-Lieferung bis 9 Uhr."
    Auch die Drogeriemarktkette dm ist zu erkennen, genauso wie Nivea, Coca-Cola, Haribo, Sony und Dany Sahne.
    Nicht zwangsläufig kommerziell
    Nur weil ein Produkt im Bild ist, heißt das aber nicht, dass der Hersteller dafür bezahlt hat. Zum einen dürfen Filmemacher sogenannte Produktionsbeistellungen entgegennehmen, ohne das zu kennzeichnen, sich also zum Beispiel einen Becher Pudding ans Set liefern lassen. Erst wenn die Unterstützung den Richtlinien zufolge mehr als 1000 Euro gekostet hat, muss sie gekennzeichnet werden.
    Zum anderen darf das natürliche Umfeld abgefilmt werden. Wenn man also in einer Einkaufsstraße dreht, müssen nicht alle Logos der Läden verdeckt oder verändert werden. Ohnehin ist Produktplatzierung nicht verboten, sagt die Bremer Medienaufseherin Cornelia Holsten.
    "Ganz viele Produktionen wären überhaupt nicht möglich, wenn es keine Produktplatzierungen gäbe. Das ist seit ein paar Jahren ausdrücklich erlaubt. Einzige Bedingung: Es ist zu kennzeichnen."
    Auch auf Bekanntes verzichtet
    In früheren Staffeln von "Pastewka" wurden Logos von Marken bewusst verändert oder aus dem Bild gedreht. Und auch in der neuen Staffel fällt an manchen Stellen auf, wenn ein eigentlich bekanntes Produkt anders aussieht. Etwa wenn Pastewka in der Serie zu Gast in der ZDF-Sendung "Volle Kanne" ist.
    Moderator: "Aber privat bist Du ja auch so ein Lustiger. Auf unsere Volle-Kanne-Facebook-Seite hat uns die Lara ein süßes Foto gepostet, das können wir ja mal zeigen. - Ui. Hahaha. Ja, was war da denn los?"
    Zu sehen ist aber nicht die bekannte Facebook-Seite in blau, sondern eine nachgebautes soziales Netzwerk in grün mit anderer Webadresse. Es gibt also durchaus Stellen in der Serie, in der bewusst darauf verzichtet wurde, bekannte Marken einzublenden.
    Wer ist zuständig?
    Ihren Verdacht der Produktplatzierung hat die Bremer Medienaufseherin Cornelia Holsten an die Kollegen in Luxemburg weitergeleitet, die sie für zuständig hielt. Dort hat tatsächlich ein Teil von Amazon seinen Sitz. Das Streamingangebot von Amazon Prime steht aber womöglich in Verantwortung des deutschen Ablegers, der seinen Sitz in München hat.

    Dort prüft die Bayerische Landeszentrale für neue Medien gerade erst, ob sie für die Überwachung zuständig ist. Sie hat zur Serie "Pastewka" auch eine Beschwerde eines Zuschauers bekommen. Wenn sie sich für zuständig erklärt, wird die Serie geprüft. Wie so etwas abläuft, erläutert die Bremer Kollegin Cornelia Holsten:
    "Wir würden, wenn ein solches Format bei einem deutschen Rundfunk-Anbieter gelaufen wäre, uns das anschauen und nachfragen, ob hier Mediamarkt als Produkt möglicherweise Geld dafür bezahlt hat oder ob es eine sonstige Gegenleistung gab, und würden sie quasi zu einer Stellungnahme auffordern - zu der Möglichkeit, dass es sich um gekennzeichnete Produktplatzierung handeln könnte."
    Das Verfahren ist also noch nicht zu Ende.