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Patientendaten
Viele Probleme mit Offline-Krankenakten

Die meisten Arztpraxen übermitteln Befunde und Messwerte nicht per Internet - weil sie nicht über die technischen Voraussetzungen verfügen, Netzwerk-Verbindungen zu sichern und die sensiblen Daten zu schützen. Doch das führt zu einem erheblichen Mehraufwand bei der Verwaltung der Patientendaten.

Von Peter Welchering | 30.06.2019
Ein Arzt sitzt in einer Praxis an einem Computer.
Die wenigsten Praxen haben eine gesicherte Leitung (picture alliance / Marijan Murat)
Morgens, 8:00 Uhr, Ärztehaus West in Stuttgart, urologische Gemeinschaftspraxis. Die Sprechstunde hat gerade begonnen. Am Empfangstresen stellt eine Arzthelferin Krankenhausberichte, Laborbefunde und andere Patientendaten für die behandelnden Ärzte zusammen. Die Urologen der Gemeinschaftspraxis haben ordentlich zu tun, bestätigt auch der Facharzt Kai Peter Schlegel, einer der Praxisinhaber:
"Die Sprechstunde ist bei uns gut besucht. Es kommen natürlich auch Notfälle. Wir halten das so, dass wir schon ab 11:30 Uhr eine Notfall-Sprechstunde, die inzwischen ja von der Politik gefordert, wird schon lange durchführen. Von daher gibt es einiges zu tun"
Übermittlung via Intranet
Blutuntersuchungen, Ultraschall, komplexe Tumorbehandlungen, ohne Informationstechnik ist das alles gar nicht machbar. Computerterminals in jedem Untersuchungszimmer, im Labor und an den Büro-Arbeitsplätzen. Was die Arzthelferin an Patientendaten zusammenstellt, ruft der Facharzt an seinem Bildschirm direkt auf. Aber die Daten bleiben in der urologischen Gemeinschaftspraxis im Intranet. Das ist von allen anderen Netzen völlig abgeschottet. Der Serverraum ist abgeschlossen. Die digitale Patientenakte ist hier gegen jeden Zugriff von außen gesichert. Kai Peter Schlegel:
"Bis vor kurzem wurden wir noch gehalten, unsere Arztpraxen-Dateien vom Netz fernzuhalten. So haben wir das zum Beispiel geregelt. Das heißt wir können natürlich ins Internet, aber wir haben ein separates Intranet, wo die Dateien der Patienten komplett geschützt sind, wo man von außen nicht zugreifen kann. Das wurde eigentlich auch gut geheißen. Inzwischen ist das schlecht. Wir können den TKI-Connector gar nicht installieren, ohne diesen Weg in unser Intranet, wo die Dateien an sich sicher sind, freizugeben. Und letztlich ist eine Arztpraxis mit Sicherheit leicht zu knacken, für jemanden den das interessiert."
Keine Befunde per Mail
Auf den Anschluss an das virtuelle private Netzwerk der Gesellschaft für Telematik-Anwendungen der Gesundheitskarte haben die Inhaber der urologischen Gemeinschaftspraxis verzichtet. Den Zugangspunkt in dieses Netzwerk, den sogenannten TKI-Konnektor sucht man deshalb hier vergeblich. Wollen Ärzte oder Arzthelferinnen im Internet etwas recherchieren, müssen sie das über ein zweites Netz in der Praxis tun:
"Was wir generell nicht machen, ist, über Mail-Verkehr irgendwelche Befunde zu geben, weil wir keine gesicherte Leitung haben. Ich denke keine Praxis oder so gut wie keine Praxis hat das."
Operationsberichte, Laborbefunde, Konsiliargutachten anderer Ärzte, das alles müssen die Arzthelferinnen einscannen oder per Hand eingeben ins das Praxissystem.
"Im Moment ist es eigentlich so, dass bis jetzt nur Kassen-Daten gespeichert werden, noch überhaupt keine Befunde übermittelt werden. Das heißt, dass der Patient die nach wie vor entweder in Papierform mitbringen muss oder wir, was in der Regel der Fall ist, sie mühevoll über die Krankenhäuser oder über die Hausärzte besorgen müssen."
Solchen Mehrfachaufwand bei der Dateneingabe würde der Facharzt Kai Peter Schlegel seinen Mitarbeiterinnen und sich auch gern ersparen. Noch fehlen die technischen und politischen Voraussetzungen dafür.
"Es muss einfach geklärt sein: Wie wird diese Verbindung gesichert? Wer übernimmt dafür die Verantwortung? Das muss meines Erachtens durch die Politik sichergestellt werden. Und auch die Finanzierung muss durch die Politik, die das ja wünscht, oder auch die Kassen, die das wünschen, vollständig übernommen werden."