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Patzer beim Anlegerschutz

Die EU-Finanzminister haben beim Anlegerschutz geschludert. Denn laut EU-Parlament sollten Banken und Finanzdienstleister künftig genau darlegen, was ein Produkt, etwa ein Investmentfonds, kostet. Doch dieser Passus über die Neufassung der EU-Wertpapierrichtlinie fehlt in der Vorlage.

Von Jörg Münchenberg | 20.06.2013
    Auf der Agenda der EU-Finanzminister morgen in Luxemburg steht auch ein äußerst komplexes Thema: die Neufassung der EU-Wertpapierrichtlinie, kurz Mifid. Im Kern geht es dabei um Grenzen für den Börsenhandel, aber auch um mehr Anlegerschutz. Doch gerade beim Anlegerschutz nehmen es die Finanzminister offenbar nicht so genau wie die Abgeordneten.

    Laut EU-Parlament sollten Banken und Finanzdienstleister künftig genau darlegen, was ein Produkt, etwa ein Investmentfonds kostet. Doch dieser entscheidende Passus fehlt nun laut Diplomatenangaben in der Vorlage für die Finanzminister. Das wiederum sei nicht hinnehmbar, ärgert sich der Abgeordnete der Grünen im EU-Parlament, Sven Giegold:

    "Das hieße, wenn das Europäische Parlament sich in den Verhandlungen nicht durchsetzt, das weiterhin intransparent bleibt, was jährlich etwa an bestimmten Vergütungen gezahlt wird. Das steht zwar irgendwo im Kleingedruckten der Prospekte, aber eine jährliche Übersicht, die das wirklich transparent macht und auch den Wettbewerb darum verschärft, die Produkte mit niedrigeren Gebühren auszustatten, darauf müssten wir weiter warten."

    Zumal die Praxis zeigt, dass Anleger oftmals nicht wissen, wie hoch letztlich Ausgabeaufschlag oder eine Abschlussgebühr tatsächlich ausfallen. Zwar wird die Forderung nach mehr Kostentransparenz auch in der Vorlage für die Finanzminister erhoben, aber den Anbietern wird bei der Art der Veröffentlichung weiter freie Hand gelassen. Letztlich dürfte sich also kaum etwas ändern. Dabei, so der Grüne Sven Giegold, sei die Forderung nach mehr Transparenz kein Selbstzweck:

    "Wenn Sie in den USA Investmentfonds zeichnen, dann haben Sie nur die halbe Gebührenlast von dem, was in Deutschland üblich ist. Und durch mehr Wettbewerb könnten wir dem amerikanischen Modell deutlich näherkommen. Und diese Gebühren machen sehr viel aus. Also wenn Sie über 20, 30 Jahre anlegen, dann summiert sich das letztlich auf ein Weniger an Rendite heraus, in der Größenordnung von 20 bis 30 Prozent, was Sie dann weniger für ihr Alter zur Verfügung haben. Wir reden also nicht über Peanuts, sondern über relevante Beiträge zur Sicherung der Sparleistung."

    Doch die neue Wertpapierrichtlinie umfasst nicht nur den Anlegerschutz. Neben der Beschränkung des Hochfrequenzhandels an den Börsen sollen auch Spekulationen mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen zumindest begrenzt werden. Denn die Wetten auf Nahrungsmittelpreise sind nach Ansicht vieler Nichtregierungsorganisationen, aber auch vieler EU-Parlamentarier für die Hungerkrisen in den letzten Jahren mitverantwortlich.

    Nach den jetzigen Plänen soll etwa die Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA künftig Positionslimits für den Kauf bestimmter Rohstoffe festlegen dürfen. Das wiederum soll verhindern, dass einzelne Händler die Preisentwicklung von bestimmten Produkten einfach vorgeben können. Doch nach einer Untersuchung der beiden NGOs Oxfam und Foodwatch bieten auch die neuen Regeln genügend Schlupflöcher für Spekulanten, indem sie etwa einfach auf nicht-regulierte Handelsplätze ausweichen. Hier besteht auch aus Sicht der Grünen noch Nachbesserungsbedarf, auch wenn, so Giegold, MiFID 2 insgesamt ein deutlicher Fortschritt sei:

    "Das war sehr schwierig, sowohl gegenüber den Liberalen als auch gegenüber den Konservativen, eine wirklich lückenlose Einschränkung von Spekulationen, etwa mit Nahrungsmitteln, oder mit anderen Waren, durchzusetzen. Und ja, es wäre gut, wenn in dem Trilog, also den abschließenden Verhandlungen, diese Schlupflöcher geschlossen würden."

    Diese Verhandlungen zwischen Rat und Parlament sind für den Herbst angesetzt, sodass die neue Finanzmarktregelung frühestens 2014 in Kraft treten könnte. Absehbar ist aber auch: Die neue Regulierung dürfte angesichts der rasanten Veränderungen in der Finanzbranche nicht mehr als eine Zwischenetappe sein.