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"Pendlerpauschale ist zum Synonym geworden"

Der CDU-Politiker Eckhardt Rehberg aus Mecklenburg-Vorpommern hat die Wiedereinführung der Pendlerpauschale gefordert. In einem Flächenland wie in seinem Bundesland koste die Abschaffung der Pauschale einen Beschäftigten bis zu 1000 Euro im Jahr. Rehberg betonte, dass die CDU mit Erleichterungen für die Bürger nicht bis zur Wahl 2009 warten dürfe. Er befürchte sonst ein Glaubwürdigkeitsproblem seiner Partei.

Moderation: Gerd Breker |
    Gerd Breker: Am Telefon begrüße ich nun Eckhardt Rehberg. Er ist Unionsabgeordneter aus Mecklenburg-Vorpommern und Mitglied im Wirtschaftsausschuss. Wir wollen reden über mehr Brutto vom Netto, wenn hohe Energie- und Lebensmittelpreise die Menschen in Ostdeutschland in Bedrängnis bringen. Guten Tag Herr Rehberg!

    Eckhardt Rehberg: Schönen guten Tag!

    Breker: Herr Rehberg, die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand sprudeln und im Lichte der steigenden Energiepreise hat der Bürger, der einfache Mensch das Gefühl, sein eigenes Geld zerrinnt ihm durch die Finger. Da bleibt nichts mehr übrig! Das passt doch nicht zusammen?

    Rehberg: Gerade in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern, wo die Arbeitsplätze oftmals weit weg sind vom Wohnort, bedrücken gerade die gestiegenen Benzin- und Dieselpreise die Arbeitnehmer ganz beträchtlich. Bei mir in die Bürgersprechstunde kommen Beschäftigte die sagen, ich werde im Jahr 2008 mit den gestiegenen Energiepreisen, mit der Nichtanrechnung der ersten 20 Kilometer bei der Pendlerpauschale zwischen 500 und 1000 Euro weniger haben. Ich habe das nachgerechnet. Das ist wirklich so. Deswegen glaube ich es ist ein Gebot des sozialen Ausgleichs, aber auch ein Gebot aufzupassen, dass Menschen noch Ja sagen, ich will arbeiten, ich will flexibel sein, ich muss flexibel sein, ich bin auf mein Auto angewiesen, dass sie sich aus der Dauerarbeitslosigkeit herausbewegen. Deswegen glaube ich müssen wir schnellstens die Pendlerpauschale wieder einführen. Das sind 1200 Euro Abrechenbarkeit von der Steuerschuld und gerade für einen Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern. Ich muss auch letztendlich für mich persönlich sagen, die Abschaffung war vor zwei Jahren ein Fehler.

    Breker: Das heißt Sie sind voll und ganz auf Seiten der CSU, die ja genau dieses fordert?

    Rehberg: Ich bin da auf Seiten der CSU, aber ich bin insbesondere auf Seiten der Arbeitnehmer gerade in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern, die eben 60 bis 100 Kilometer jeden Tag einpendeln müssen. Wenn Sie allein die Arbeitsplätze an der Küste im Hotel- und Gaststättenbereich sehen. Dort müssen die meisten mit sehr flexiblen Arbeitszeiten mit dem Privatfahrzeug fahren. Der öffentliche Personennahverkehr spielt hier keine Rolle. Das hat jetzt weniger etwas bei mir mit der CSU zu tun, sondern mit der konkreten Situation: deutlich gestiegene Energiepreise - beim Benzin und Diesel ja 30, 40 Cent gegenüber dem Vorjahr - und der Belastung der Arbeitnehmer.

    Breker: Das heißt Sie würden wie Friedbert Pflüger - Ihr Kollege in Berlin - sagen, nun braucht es ein ganz klares Signal der Entlastung?

    Rehberg: Ich glaube die Pendlerpauschale ist zum Synonym geworden. Aber ich glaube wir müssen eine andere Debatte auch führen und eine Debatte darüber: Wie entlaste ich diejenigen, die jeden Tag zur Arbeit gehen, die zwei Kinder haben. Ich glaube auch die anderen Ansätze der CSU - Erhöhung der Kinderfreibeträge, erhöhtes Kindergeld - sind hier der richtige Weg. Wir müssen als CDU, so glaube ich, aufpassen, dass wir nicht etwas im Wahlkampf 2009 versprechen, was man eigentlich jetzt schon tun müsste. Dann bekommen wir nach meinem Dafürhalten ein Glaubwürdigkeitsproblem. Ich sehe den Haushaltsausgleich bei den weiter sprudelnden Steuereinnahmen 2011 nicht gefährdet.

    Breker: Herr Rehberg, Anfang September will das Bundesverfassungsgericht ohnehin in Sachen Pendlerpauschale entscheiden. Ist es nicht ein Armutszeugnis der Politik, wenn man auf Gerichtsentscheidungen warten muss?

    Rehberg: Es gibt jetzt bei den Finanzgerichten unterschiedliche Entscheidungen, aber ich will jetzt mal weg von der Pendlerpauschale. Ich glaube Politik ist nie gut beraten, wenn sie darauf wartet, dass das Bundesverfassungsgericht entscheidet, sondern man sollte nicht nur bei der Pendlerpauschale, sondern auch bei anderen Dingen vorab eigenständig politisch entscheiden und nicht warten, bis Karlsruhe ein Urteil gefällt hat.

    Breker: Die Mannheimer "Forschungsgruppe Wahlen" hat heute eine Umfrage veröffentlicht, Herr Rehberg. Danach halten 84 Prozent der Bundesbürger die hohen Energiepreise für eine Gefahr für den Wohlstand in Deutschland. Droht der Mittelstand nach unten abzugleiten?

    Rehberg: Ich glaube der Mittelstand hat real weniger im Portemonnaie. Meine Berechnungen zeigen das ja: 500 bis 1000 Euro für diejenigen, die 60 bis 80 Kilometer pro Tag mit dem ganz normalen PKW pendeln müssen. Dann kommen natürlich auch die hohen Elektroenergiepreise dazu. Wir müssen uns bei Lebensmitteln auf steigende Preise einrichten. Ich glaube der Bürger würde verstehen, wenn wir kein Wachstum hätten, dass Politik sagt, wir müssen alle den Gürtel enger schnallen, es ist nichts da zum verteilen. Aber es ist ja das Gegenteil der Fall. Wir haben steigende Steuereinnahmen und insoweit erwartet der Bürger auch, dass er zumindest einen realen Ausgleich für gestiegene Preise bekommt.

    Breker: Mecklenburg-Vorpommern ist auch das Land, in dem die Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Wahlkreis hat. Frau Merkel kämpft gegen den Klimawandel. Sie kämpft für Aufforstung von Urwäldern. Verstehen die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern eigentlich ihre Kanzlerin noch?

    Rehberg: Was den Klimaschutz betrifft auf jeden Fall. Ich glaube dieser Weg ist richtig, den Angela Merkel und die Bundesregierung, letztendlich wir alle gemeinsam eingeschlagen haben. Beim Klimaschutz ist keine Zeit zu vertun. Doch die Entlastung der Bürger, das ist das andere Paar Schuhe. Das eine muss man nicht mit dem anderen zwingend in Zusammenhang bringen. Wenn ich das Thema Pendlerpauschale neben gestiegene Energiepreise, Lebensmittelpreise, gestiegene Steuereinnahmen setze; den Klimaschutz kann ich trotzdem mit den beschriebenen Zielen erreichen, ohne die Entlastung der Bürger aus dem Auge zu verlieren.

    Breker: Und diese Entlastung der Bürger, von der Sie sprechen, Herr Rehberg, muss die noch vor der Bundestagswahl kommen, oder wird das das große Thema im Bundestagswahlkampf sein?

    Rehberg: Ich glaube die CDU sollte aus dem Wahlkampf 2005 lernen. Man hat uns den Bierdeckel letztendlich nicht geglaubt - Steuervereinfachung, Steuerherabsetzung. Wenn wir nicht erste Schritte vor der Bundestagswahl unternehmen, 2008 beziehungsweise 2009, ich glaube dann haben wir ein Glaubwürdigkeitsproblem. Das ist jedenfalls meine persönliche Meinung dazu. Die Menschen erwarten dann von der Politik konkrete Maßnahmen, wenn es auch geboten ist, und es ist jetzt geboten.

    Breker: Und das vermitteln Sie auch Ihrer Kanzlerin?

    Rehberg: Gehen Sie davon aus, dass ich das, was ich öffentlich sage, auch Angela Merkel sage.

    Breker: Im Deutschlandfunk war das Eckhardt Rehberg. Er ist Unionsabgeordneter aus Mecklenburg-Vorpommern und Mitglied im Wirtschaftsausschuss. Herr Rehberg, danke für diese Worte.