
Dass die 63-Milliarden-Pfund-Übernahme möglicherweise gegen das nationale Interesse Großbritannien verstößt, darauf machte vor allem der Labour-Oppositionsführer Ed Miliband Regierungschef Cameron aufmerksam:
"Der Deal würde in den kommenden Jahrzehnten Folgen haben für britische Jobs, Investitionen, Exporte und Wissenschaft."
Bedenken, die die Abgeordneten aller Parteien auf den Plan riefen. Sie luden die Firmenchefs gestern und heute zur Vernehmung vor ihre parlamentarischen Ausschüsse. Doch was sie hörten, trug nicht zur Beruhigung bei. Wissen wollten Sie, worin überhaupt der Sinn der Übernahme liege. Die offizielle Sprachregelung klingt in den Worten des Pfizer-Chefs Ian Read wie folgt:
"Indem wir beide Unternehmen zusammenfügen, erweitern wir die Möglichkeiten, neue Medikamente für die Patienten auf den Markt zu bringen, und stärken unseren finanziellen Spielraum."
Doch die Abgeordneten vermuten, es gehe Pfizer mit der Übernahme vor allem darum, seinen Steuersitz nach Großbritannien zu verlagern, wo nicht 40 Prozent Körperschaftssteuer wie in den USA, sondern bloß 20 Prozent anfallen. Ein Abgeordneter ruft in Erinnerung, dass Pfizer nach den drei letzten Firmenübernahmen 60.000 Jobs weltweit abgebaut habe. Wie steht es um den Erhalt der knapp 7.000 Arbeitsplätze von AstraZeneca in Großbritannien?
"Ich sitze hier nicht und sage, dass wir effizienter werden können ohne einen gewissen Abbau von Arbeitsplätzen. Aber ich kann Ihnen nicht sagen, wie viele oder wo."
Eine Jobgarantie klingt anders. Noch weniger erfreut waren die Abgeordneten über die Aussagen zur Zukunft des Forschungs-Standortes Großbritannien. Immerhin fließt derzeit ein Viertel aller Forschungs- und Entwicklungsausgaben des Landes in die Arzneimittelbranche. Wie viel Geld will Pfizer nach einer Übernahme für die Forschung ausgeben?
"Ich erwarte nicht, dass die Gesamtausgaben gleich hoch bleiben, sondern dass sie niedriger sein werden. Um wie viel niedriger kann ich nicht sagen."
Unterm Strich weniger Forscher, aber Ian Read verspricht, ein Fünftel der gesamten Forschungsteams werde in Großbritannien verbleiben - fünf Jahre lang.
"Ich persönlich glaube, dass das nicht weit genug geht, Forschung ist ein langfristiges Geschäft",
kritisiert Paul Nurse, einer der führenden britischen Wissenschaftler und Präsident der Royal Society.
"Sie müssen mindestens einen Forschungshorizont von zehn Jahren anbieten, wenn das wirksam sein soll."
Den Abgeordneten sind Pfizers Versprechen nicht weitgehend und verbindlich genug. Zumal das Unternehmen berüchtigt ist für Wachstum durch Aufkauf anstatt durch Innovation. Viagra, die letzte große Erfindung, liegt fast ein Vierteljahrhundert zurück, während AstraZeneca kurz vor der Markteinführung von drei wichtigen Arzneimitteln stehen soll und jährlich Medikamente für rund sieben Milliarden Pfund exportiert. Dessen Chef Pascal Soriot lehnt denn auch das Pfizer-Angebot weiter als zu niedrig ab:
"Was werden wir dem Sohn, dessen Vater an Lungenkrebs stirbt, sagen, wenn eines unserer Medikamente sich verspätet, weil zwei Firmen damit beschäftigt waren, Steuern zu sparen. Wir glauben, dass wir erfolgreich sind und besser allein zurechtkommen."
Bis zum 26. Mai hat Pfizer Zeit, ein verbessertes Angebot vorzulegen. Unklar ist, ob die Regierung eine Übernahme verhindern könnte; angesichts des politischen Gegenwinds ist aber nicht auszuschließen, dass der US-Pharma-Konzern von sich aus darauf verzichtet.