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Saudi Golf League
Die Golfwelt rätselt über Phil Mickelson

Saudi-Arabien will eine millionenschwere Profiserie mit Turnieren in den USA aufziehen und lockt mit obszön hohen Antrittsgeldern. Als Haupt-Einfädler wurde ein prominenter Spieler entlarvt: der US-Amerikaner Phil Mickelson. Doch der wirft viele Fragen zu seinen wahren Intentionen auf.

Von Jürgen Kalwa | 27.02.2022
Phil Mickelson (li.) und sein Caddie Tim Mickelson im Einsatz bei einem Golfturnier in San Diego.
Phil Mickelson (li.) und sein Caddie Tim Mickelson im Einsatz bei einem Golfturnier in San Diego. (dpa / picture alliance / Debby Wong )
Es ist noch kein ganzes Jahr her. Da konnte er sich im Glanz eines riesigen Erfolgs sonnen. Als er - zum sechsten Mal in seiner Laufbahn - eines der sogenannten Majors gewann, wie die bedeutenden Turniere im Profi-Golf genannt werden. Das besondere an der Leistung: Phil Mickelson war zu dem Zeitpunkt bereits 50 Jahre alt. So alt wie noch kein Majors-Sieger in der langen Geschichte der Traditionssportart.
Als hätte er die Uhr zurückgedreht. Zurück in die ganz große Zeit, als Firmen enorme Summen aufboten, damit er für sie als Markenbotschafter und Werbefigur auftritt. Mickelson hat auf diese Weise den weitaus größten Teil seiner Karriereeinnahmen von 800 Millionen Dollar eingespielt, schätzt das Wirtschaftsmagazin Forbes.

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Ein geldgieriger Mann ohne moralischen Kompass

Gleich drei dieser Werbepartner trennten sich jedoch in der vergangenen Woche abrupt von ihm. Denn der einstige Sympathieträger hatte nur noch das Image eines geldgierigen Mannes ohne moralischen Kompass, seitdem der amerikanische Golfjournalist Alan Shipnuck enthüllt hatte: Was Mickelson ihm in einem Interview über seine Rolle bei der Gründung einer neuen Turnierserie geschildert hatte. Einem Projekt, das mit saudischem Geld finanziert werden soll. Shipnuck schrieb auf der Internet-Plattform “Firepit Collective:"
"Er tat nicht so, als sei er begeistert davon, sein Glück in Saudi-Arabien zu suchen, und gab zu, dass die neue Saudi Golf League nichts anderes sei als die Reinwaschung eines brutal repressiven Regimes über den Sport. 'Das sind furchterregende Arschlöcher, mit denen man sich daeinlassen muss', sagte er."

Mickelson weiß genau Bescheid

Mickelson wisse, dass das Regime 2018 den damals in den USA lebenden Washington-Post-Mitarbeiter Jamal Khashoggi ermordet und eine schreckliche Menschenrechtsbilanz habe, habe er Shipnuck versichert und gesagt:
"Sie richten dort Menschen hin, weil sie schwul sind. Warum sollte ich das überhaupt in Betracht ziehen, wenn ich all das weiß? Weil dies eine einmalige Gelegenheit ist, die Arbeitsweise der PGA Tour neu zu gestalten. Sie konnten sich mit manipulativen, zwanghaften und starken Taktiken durchsetzen, weil wir, die Spieler, keine Möglichkeit hatten, dagegen vorzugehen."
Es ist bis heute nicht klar, was Mickelson wirklich wollte. Ein Mann, der in der Vergangenheit beim Zocken in Las Vegas bei einer einzigen Gelegenheit knapp zwei Millionen Dollar verspielt hatte, und der zwischendurch in einen Fall von in Amerika verbotenem Insiderhandel mit Aktien verwickelt war. Die PGA Tour wirklich unter Druck setzen, um mehr für alle Spieler herauszuholen? Oder einfach nur seine eigene Gier ummänteln?

Die Golfwelt rätselt über einen Mann

Man darf rätseln. Denn mehr als eine wortreiche, aber erklärungsarme schriftliche Stellungnahme auf Twitter hat er bisher nicht zustande gebracht.

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Auch Journalist Shipnuck, dessen umfangreiche Mickelson-Biographie in wenigen Wochen erscheint, hat keine Erklärung. Er sagte dem Fernsehsender CBS Sports: Der selbstbewusste und für seine kreativen, gefühlvollen Schläge bekannte Golf-Profi habe sich wohl schlechtweg einmal mehr verzockt.
"Wer seine Karriere verfolgt hat, ist nicht überrascht. Aber diesmal kommt etwas erschwerend hinzu: Das saudische Geld ist so schmutzig und so vieles an diesem Regime so verwerflich.15 der 19 Kidnapper der vier Flugzeuge am 11. September 2001 kamen aus Saudi-Arabien. Die öffentlichen Hinrichtungen von eigenen Staatsbürgern. Das geht vielen Golf-Fans gegen den Strich."

"Naiv, selbstsüchtig, egoistisch und ignorant"

Fans und auch vielen Spielern. Sie betrachten die Allianz mit dem 320 Milliarden Dollar schweren staatlichen saudischen Investmentfonds als Attacke gegen ihre eigene Existenzgrundlage: die Turniere der amerikanischen PGA Tour, in der auch führende Europäer mitspielen. So wie der Nordire Rory McIlroy, der Mickelson bei einer Pressekonferenz Anfang der Woche in Los Angeles abkanzelte.
"Ich will niemanden treten, wenn er am Boden liegt. Aber das war naiv, selbstsüchtig, egoistisch und ignorant. Und überraschend, enttäuschend und traurig. Ich bin mir sicher, er sitzt zu Hause und überlegt, wie es jetzt wohl weiter gehen wird."

Das Milieu hat seine eigenen Gesetze

Eigentlich, so hört man, wollten die Abtrünnigen ihren Coup am Rand der Players Championship bekanntgeben, die am 10. März in Florida beginnt. Daraus wird erstmal nichts. Mickelson, obwohl spielberechtigt, verschwand von der Bildfläche und muss mit einer Sperre der PGA Tour rechnen, während über die Mitverschwörer weiter spekuliert wird. Der einzige Name, den man kennt, ist der von den Saudis zum Cheforganisator berufene Australier Greg Norman. Der hatte in seiner aktiven Zeit schon einmal eine Absplitterung vorangetrieben. Erfolglos übrigens.
Das Milieu hat seine eigenen Gesetze, hatte der Schweizer Dominik Senn, einer der bestvernetzten Spieleragenten, dem Deutschlandfunk gesagt, als vor zwei Jahren ein ähnlicher Vorstoß mit saudischem Geld im Hintergrund ruchbar wurde. Es herrschen andere Sitten, als im Reich eines Gianni Infantino, der mit der FIFA offen die Nähe zu Autokraten sucht:
“Das kann heute eine super Idee sein. Wir finanzieren das und stampfen das mal aus dem Boden. Aber wenn irgendeiner, der am Schalthebel sitzt, den Daumen nach unten dreht, dann ist das auf morgen wieder fertig."