Der Philosoph Rainer Forst bezeichnet Toleranz als Tugend, die Praktiken, Überzeugungen und Handlungen anderer zu ertragen, die einem wirklich missfallen. Die Grenzen der Toleranz verliefen dort, wo die Menschwürde anderer beziehungsweise ihre Grundrechte angetastet würden, sagte er im Deutschlandfunk.
Diskurs mit der AfD
Toleranz bedeute aber keinesfalls, seinen Widerspruch gegen bestimmte Positionen nicht äußern zu dürfen. Vor allem in der Politik müsse die Auseinandersetzung gesucht werden - so auch im Diskurs mit der AfD: Die Partei "zu tolerieren, weil sie noch nicht in den Bereich des Verbots kommt, heißt überhaupt nicht, dass man mit ihr pfleglich umgehen soll oder dass man die extremistischen Äußerungen, die aus dieser Ecke kommen, einfach so unwidersprochen hinnimmt". Man müsse auch mit Extremisten sprechen, um ihre Überzeugungen zu widerlegen - und um zu verstehen, wo ihre Überzeugungen herkommen, so der Philosoph.
Toleranz als ideologische Waffe
Toleranz sei im ideologischen Alltagsstreit eine Waffe, die von verschiedenen Seiten verwendet werde, sagte Rainer Forst. So beschwere sich die AfD oft über Intoleranz, vertrete aber selbst intolerante Positionen. Auf der anderen Seite sei es intolerant gewesen, die Vorlesungen des AfD-Gründers Bernd Lucke an der Hamburger Universität massiv zu stören. Protest sei verständlich, das Nicht-Reden-Lassen aber etwas anderes.
Aufmerksam sein für Intoleranz
Der deutschen Gesellschaft bescheinigt der Philosoph Rainer Forst eine lebendige Demokratie. Dennoch mahnt er zur Aufmerksamkeit: Fremdenfeindliche Übergriffe seien in sehr hoher Zahl zu beklagen und auch Antisemitismus verschaffe sich nicht nur bei den Rentnern der Gesellschaft wieder Gehör.