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Picos de Europa
Berge, Höhlen und Cabrales

Cabrales-Käse ist nicht jedermanns Sachen. Doch der würzige Blauschimmelkäse aus Asturien hat Tradition: Seit über 150 Jahren reift der Cabrales-Käse in den Gebirgshöhlen der Region Picos de Europa. Seit einigen Jahren sind Name und Herstellungsweise geschützt.

Von Franz Michael Rohm | 12.05.2019
Käselaibe lagern in einer Steinhöle
Der Cabrales-Käse reift traditionell in den Höhlen Asturiens (dpa / imageBROKER / Carlos Sanchez)
Die wildzerklüftete Region der Picos de Europa in Asturien wird in letzter Zeit von Bergwanderern entdeckt. Auf einer Fläche von gerade einmal knapp 300 Quadratkilometern stemmen sich mehr als zweihundert Gipfel über 2000 Meter Höhe in den Himmel. Die Strände der Biskaya sind nur dreißig Kilometer entfernt, das macht die Region zusätzlich attraktiv. Die Menschen hier leben bislang hauptsächlich von der Landwirtschaft. Bekanntestes Produkt ist der Cabrales-Käse, der nur hier hergestellt werden darf.
Käselaibe reifen in Höhlen
Vom Atlantik bringen Wolken genug Regen, damit auf den Matten und Almen zwischen 600 und 1.000 Metern Höhe saftige Wiesen wachsen. Auf denen grasen Kühe, Schafe und Ziegen. Aus deren Milch wird seit Generationen der sehr würzige und für feine Zungen teilweise gewöhnungsbedürftige Schimmelkäse Cabrales hergestellt.
In dem kleinen Gebirgsdorf Sotres bewundern Besucher das moderne, käselaibrunde Gebäude der Käserei Maín. 900 Liter Kuhmilch verarbeitet Javier Diaz Bada mit seiner Frau täglich, gibt Laab hinzu, bis sich das Eiweiß zu einer festeren Masse eindickt. Die wird nach etwa 24 Stunden in runde Plastikformen gegeben, aus denen zwanzig Tage lang die Molke-Flüssigkeit abtropft. Dann werden die Käselaibe zum Reifen in Höhlen gebracht.
Javier Diaz Bada: "Ich arbeite seit frühester Kindheit in der Käserei. Mit 21 Jahren habe ich mein Elternhaus verlassen und mit meiner Frau eine eigene Käserei begonnen. Das ist jetzt 12 Jahre her. Angefangen haben meine Urgroßeltern. Wir sind also die vierte Generation der Familie, die diese Tradition in dieser Höhle fortführt."
Per Amtssiegel geschütztes Gebiet
Das Besondere am Cabrales-Käse ist der Reifeprozess. Die Naturhöhlen gehören Familien, die in kleinen Manufakturen ihre Käsereien betreiben. Ihre Zahl ist streng reglementiert, gerade einmal 28 Käsereien gibt es in dem für den Cabrales-Käse speziell per Amtssiegel geschützten Gebiet. Die Höhlen von Javier und seiner Frau liegen zwischen 1.100 und 1.500 Meter Höhe. Das garantiert eine konstante Temperatur zwischen acht und zehn Grad, sommers wie winters.
Javier Diaz Bada steht vor einem Regal  mit vom Blauschimmel überzogenem Cabrales Käse in der familieneigenen Höhle
Javier Diaz Bada lässt den Cabrales Käse in der familieneigenen Höhle reifen (Deutschlandradio / Franz Michael Rohm)
Javier Diaz Bada: "In den Höhlen ist es sehr feucht, sie sind vollständig von Blauschimmel überzogen. Dieser Schimmel zieht in den Käse. Er wächst so stark und schnell, dass der Käse binnen kurzer Zeit vollständig mit Blauschimmel überzogen ist. Damit der Reifeprozess voranschreiten kann, müssen wir deshalb die Käselaibe anfangs einmal die Woche mit einer weichen Bürste bearbeiten. Sonst wäre die Schimmelschicht zu dick und die Reifung würde gestoppt. Wir benutzen dazu das Wasser der Höhle und eine weiche Bürste. Nach zweieinhalb bis drei Monaten ist die Rinde schon etwas fester, dann waschen wir sie nur noch mit der Hand, das geht schneller als mit der Bürste."
Verkostung - nicht jedermanns Geschmack
Rund 950 Käselaibe à 2,3 Kilo Gewicht reifen in der Höhle und verbreiten ihr strenges Aroma. Javiar Diaz Bada, seine Frau und sein Schwager haben noch zwei weitere Höhlen. Nach dem Besuch der nahe dem Dorf gelegenen Höhle geht es zurück zur Käserei. Schließlich muss der Cabrales ja noch verkostet werden. Drei Sorten werden mit dünnem, hartem Graubrot serviert.
Javier Diaz Bada: "Guachada-Frischkäse, drei Tage alt, noch mit einem bisschen Molke. Vier Monate alt, aus der Höhle, in der wir waren. Zehn Monate alt, aus den höher gelegenen Höhlen." Dazu gibt es Marmelade von Tomaten oder Paprika und Apfelgelee. Man probiert zuerst den Frischkäse, dann den vier Monaten, zum Schluss den zehn Monate alten Cabrales.
Geruch und Aroma sind atemberaubend
Der Frischkäse, Guajada, ist zusammen mit der Tomatenmarmelade eine überraschende Kombination. Der würzige, viermonatige Cabrales mit leicht bröseliger Textur lässt sich gut mit dem Apfelgelee kombinieren, ist aber schon eine Herausforderung. Doch beim cremigen, zehn Monate gereiften Cabrales hilft bei vielen auch der süße Apfelgelee nichts. Der Käse ist einfach umwerfend kräftig, Geruch und Aroma sind im Wortsinn atemberaubend. Für Kenner eine Delikatesse, sagt Javier. Nun ja. In diesem Fall lässt sich über Geschmack einmal wirklich trefflich streiten.