Friedbert Meurer: Bis Weihnachten wollen die Vertriebenen mit der Nominierung Erika Steinbachs für den Beirat warten. Sie erhoffen sich und erwarten von der Kanzlerin – und das tun auch viele Parteifreunde von CDU und CSU -, dass Angela Merkel sich dafür einsetzt, dass die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, ihren Sitz im Beirat der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung einnehmen kann. Ein heiß umstrittenes Thema und mitten in diese Phase fällt jetzt die Berufung der neuen Beauftragten für die deutsch-polnischen Beziehungen der Bundesregierung. Cornelia Pieper übernimmt dieses Amt. Sie ist Staatsministerin im Auswärtigen Amt, von der FDP. Guten Morgen, Frau Pieper.
Cornelia Pieper: Schönen guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Sie haben Polnisch studiert, Frau Pieper, sind sogar Diplomübersetzerin. Was verbindet Sie persönlich mit Polen?
Pieper: Persönlich verbindet mich sehr viel mit Polen. Ich habe dort gelebt und studiert, 1980 in einer sehr spannenden Zeit als Ostdeutsche, als die Solidarnosc entstand und als es Streiks gab, auch an der Universität, und das war für mich ganz wichtig, denn heute ist auch der Bezug nach 20 Jahren Fall der Mauer nicht nur durch Freunde da, sondern mir ist bewusst, dass die Freiheitsbewegung, dass die friedliche Revolution in Deutschland ihren Anstoß in Polen damals mit Solidarnosc gefunden hat.
Meurer: Viele Deutsche, wenn sie nicht nahe der Grenze leben, interessieren sich nicht oder wenig für Polen. Haben Sie eine Idee, wie man das Desinteresse ändern kann?
Pieper: Ja. Ich sehe es als meine persönliche Aufgabe an und mir ist es auch ein Herzensanliegen, die Menschen zusammenzubringen, in Polen und in Deutschland. Da habe ich schon ein sehr sorgsames Auge darauf, dass wir ein sehr etabliertes, zum Beispiel deutsch-französisches Jugendwerk haben, wo die Teilnehmerzahl in diesem Programm doppelt so hoch ist wie bei dem deutsch-polnischen Jugendwerk, was natürlich sehr stark auch mit der finanziellen Ausstattung zu tun hat, und ich glaube, wir müssen und wir sollten endlich unseren osteuropäischen Nachbarn, wie auch alle anderen Nachbarn, auf gleicher Augenhöhe sehen wie die westeuropäischen Nachbarn, und daran möchte ich arbeiten.
Meurer: Beim deutsch-polnischen Jugendwerk ist ein Problem, Frau Pieper, dass viel mehr polnische Jugendliche nach Deutschland wollen als umgekehrt. Was kann deutsche Jugendliche nach Polen locken?
Pieper: Ich glaube, dass es auch viele Gemeinsamkeiten in Europa gibt, Themen, die uns bewegen. Ich glaube, dass man insbesondere auch thematisch diese Jugendtreffen besetzen sollte. Wir haben aktuell den Klimagipfel in Kopenhagen. Das Thema Klima, Energie ist ein Thema, was insbesondere auch junge Leute interessiert. Aber ihre eigene Zukunft, die Zukunft durch eine bessere Bildung, auch ein ganz aktuelles Thema in Deutschland, sollte Deutsche und Polen viel enger zusammenrücken lassen. Und es gibt eben auch Brücken, die man in der Geschichte bauen kann. Also ich glaube, dass man thematisch auch viele Anlässe hat, um hier auch Schwerpunkte zu setzen, aber man muss eben Begegnungen schaffen und ich glaube, dass wir einfach dieses Weimarer Dreieck auch um eine kulturelle Dimension erweitern sollten. Ich denke da an ein großes Weimarer Jugendtreffen, deutsche, polnische, französische Jugendliche, die zusammentreffen jedes Jahr in Weimar, um eine Tradition aufzubauen, die dann uns auch, nicht nur die Jugend, die Menschen insgesamt näherbringt.
Meurer: Stehen die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen, Frau Pieper, wegen der Personalie Erika Steinbach in diesen Tagen vor dem Härtetest?
Pieper: Erstens hat ja die neue Bundesregierung zurecht deutlich gemacht, dass die Beziehungen zu Polen für uns einen besonderen Stellenwert haben. Das haben wir auch im Koalitionsvertrag verankert. Wir haben die Freundschaft und die enge Partnerschaft Polens hervorgehoben. Mir tut es ein bisschen leid, dass jetzt in den Medien in Deutschland, auch in Polen, immer wieder nur über die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung diskutiert wird. Natürlich hat auch diese ihre Bedeutung, natürlich wollen wir diese Stiftung auch mit ihrer Arbeit zum Laufen bringen, da ist auch schon viel passiert durch den Staatsminister für Kultur, der hier die Federführung hat, Herr Neumann. Aber ich denke, wir können nicht immer nur über die Besetzung des Stiftungsrates diskutieren.
Meurer: Aber das ist für die Vertriebenen und für viele in Berlin wichtig. Lehnen Sie Erika Steinbach auch ab?
Pieper: Erstens hat hier aus meiner Sicht der Bund der Vertriebenen eine hohe politische Verantwortung und wenn der Bund der Vertriebenen klug ist, auch Erika Steinbach klug ist und ihr wirklich die polnisch-deutschen Beziehungen am Herzen liegen, dann, denke ich, muss sie auch eine Einsicht haben, dass hier schnell eine Besetzung erfolgt durch den Bund der Vertriebenen - er ist jetzt am Zug – und die richtige Besetzung erfolgt. Da würde ich ihr persönlich empfehlen, nicht zu kandidieren für den Stiftungsrat.
Meurer: Verweigern Sie den Vertriebenen ihr demokratisches Recht, zu benennen, wen sie wollen?
Pieper: Nein. Wir haben sogar das demokratische Recht für die Vertriebenen geschaffen, dass sie stärker vertreten sind im Stiftungsrat als andere Organisationen. Mit drei Vertretern ist der Bund der Vertriebenen besonders gut auch im Stiftungsrat vertreten. Jetzt liegt die Benennung auch beim Bund der Vertriebenen. Das ist die Entscheidung des Bundes der Vertriebenen und nicht der Bundesregierung in erster Linie. Es müssen erst Vorschläge gemacht werden vom Bund der Vertriebenen und dann kann die Bundesregierung entscheiden.
Meurer: Aber das ist ja klar, dass die Vertriebenen Frau Steinbach haben wollen. Was hat die Frau verbrochen, dass sie nicht in den Beirat soll?
Pieper: Darum geht es nicht. Ich glaube, dass Frau Steinbach eine sehr anerkannte Politikerin auch ist, und schätze auch ihr Engagement im Bund der Vertriebenen, auch auf anderen Themenfeldern. Aber ich sage noch mal: Wir befinden uns hier in einer sensiblen Diskussion, auch im deutsch-polnischen Verhältnis, und Erika Steinbach hat mit ihren politischen Abstimmungen in der Vergangenheit, auch was den Nachbarschaftsvertrag, die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze anbelangt, aus meiner Sicht nicht zum Ausdruck, nicht glaubwürdig zum Ausdruck gebracht, dass sie ganz klar auch diese Hürden, die es gibt in der Kommunikation im deutsch-polnischen Verhältnis, abbauen will.
Meurer: Den Vertrag – Entschuldigung, Frau Pieper – hatte auch die CSU damals im Bundestag abgelehnt.
Pieper: In der Tat. Ich sage ja, dass Frau Steinbach eine herausragende Persönlichkeit für den Bund der Vertriebenen ist. Deswegen halte ich es auch für richtig und für klug, dass sie darüber nachdenkt, ob sie dem deutsch-polnischen Verhältnis damit dient, dass sie selbst in den Stiftungsrat geht. Ich denke, es gibt viele Betätigungsfelder auch für den Bund der Vertriebenen, was die Festigung der deutsch-polnischen Beziehungen darüber hinaus anbelangt.
Meurer: Wird die Frage bis Weihnachten entschieden?
Pieper: Das hängt von der Entscheidung des Bundes der Vertriebenen ab, ob man uns die Vorschläge bis Weihnachten machen wird. Ich denke, wenn denn Vorschläge da sind, sollte auch schnell entschieden werden.
Meurer: Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt von der FDP und die neue Polen-Beauftragte der Bundesregierung, bei uns im Deutschlandfunk. Danke, Frau Pieper, und auf Wiederhören.
Pieper: Danke, Herr Meurer.
Cornelia Pieper: Schönen guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Sie haben Polnisch studiert, Frau Pieper, sind sogar Diplomübersetzerin. Was verbindet Sie persönlich mit Polen?
Pieper: Persönlich verbindet mich sehr viel mit Polen. Ich habe dort gelebt und studiert, 1980 in einer sehr spannenden Zeit als Ostdeutsche, als die Solidarnosc entstand und als es Streiks gab, auch an der Universität, und das war für mich ganz wichtig, denn heute ist auch der Bezug nach 20 Jahren Fall der Mauer nicht nur durch Freunde da, sondern mir ist bewusst, dass die Freiheitsbewegung, dass die friedliche Revolution in Deutschland ihren Anstoß in Polen damals mit Solidarnosc gefunden hat.
Meurer: Viele Deutsche, wenn sie nicht nahe der Grenze leben, interessieren sich nicht oder wenig für Polen. Haben Sie eine Idee, wie man das Desinteresse ändern kann?
Pieper: Ja. Ich sehe es als meine persönliche Aufgabe an und mir ist es auch ein Herzensanliegen, die Menschen zusammenzubringen, in Polen und in Deutschland. Da habe ich schon ein sehr sorgsames Auge darauf, dass wir ein sehr etabliertes, zum Beispiel deutsch-französisches Jugendwerk haben, wo die Teilnehmerzahl in diesem Programm doppelt so hoch ist wie bei dem deutsch-polnischen Jugendwerk, was natürlich sehr stark auch mit der finanziellen Ausstattung zu tun hat, und ich glaube, wir müssen und wir sollten endlich unseren osteuropäischen Nachbarn, wie auch alle anderen Nachbarn, auf gleicher Augenhöhe sehen wie die westeuropäischen Nachbarn, und daran möchte ich arbeiten.
Meurer: Beim deutsch-polnischen Jugendwerk ist ein Problem, Frau Pieper, dass viel mehr polnische Jugendliche nach Deutschland wollen als umgekehrt. Was kann deutsche Jugendliche nach Polen locken?
Pieper: Ich glaube, dass es auch viele Gemeinsamkeiten in Europa gibt, Themen, die uns bewegen. Ich glaube, dass man insbesondere auch thematisch diese Jugendtreffen besetzen sollte. Wir haben aktuell den Klimagipfel in Kopenhagen. Das Thema Klima, Energie ist ein Thema, was insbesondere auch junge Leute interessiert. Aber ihre eigene Zukunft, die Zukunft durch eine bessere Bildung, auch ein ganz aktuelles Thema in Deutschland, sollte Deutsche und Polen viel enger zusammenrücken lassen. Und es gibt eben auch Brücken, die man in der Geschichte bauen kann. Also ich glaube, dass man thematisch auch viele Anlässe hat, um hier auch Schwerpunkte zu setzen, aber man muss eben Begegnungen schaffen und ich glaube, dass wir einfach dieses Weimarer Dreieck auch um eine kulturelle Dimension erweitern sollten. Ich denke da an ein großes Weimarer Jugendtreffen, deutsche, polnische, französische Jugendliche, die zusammentreffen jedes Jahr in Weimar, um eine Tradition aufzubauen, die dann uns auch, nicht nur die Jugend, die Menschen insgesamt näherbringt.
Meurer: Stehen die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen, Frau Pieper, wegen der Personalie Erika Steinbach in diesen Tagen vor dem Härtetest?
Pieper: Erstens hat ja die neue Bundesregierung zurecht deutlich gemacht, dass die Beziehungen zu Polen für uns einen besonderen Stellenwert haben. Das haben wir auch im Koalitionsvertrag verankert. Wir haben die Freundschaft und die enge Partnerschaft Polens hervorgehoben. Mir tut es ein bisschen leid, dass jetzt in den Medien in Deutschland, auch in Polen, immer wieder nur über die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung diskutiert wird. Natürlich hat auch diese ihre Bedeutung, natürlich wollen wir diese Stiftung auch mit ihrer Arbeit zum Laufen bringen, da ist auch schon viel passiert durch den Staatsminister für Kultur, der hier die Federführung hat, Herr Neumann. Aber ich denke, wir können nicht immer nur über die Besetzung des Stiftungsrates diskutieren.
Meurer: Aber das ist für die Vertriebenen und für viele in Berlin wichtig. Lehnen Sie Erika Steinbach auch ab?
Pieper: Erstens hat hier aus meiner Sicht der Bund der Vertriebenen eine hohe politische Verantwortung und wenn der Bund der Vertriebenen klug ist, auch Erika Steinbach klug ist und ihr wirklich die polnisch-deutschen Beziehungen am Herzen liegen, dann, denke ich, muss sie auch eine Einsicht haben, dass hier schnell eine Besetzung erfolgt durch den Bund der Vertriebenen - er ist jetzt am Zug – und die richtige Besetzung erfolgt. Da würde ich ihr persönlich empfehlen, nicht zu kandidieren für den Stiftungsrat.
Meurer: Verweigern Sie den Vertriebenen ihr demokratisches Recht, zu benennen, wen sie wollen?
Pieper: Nein. Wir haben sogar das demokratische Recht für die Vertriebenen geschaffen, dass sie stärker vertreten sind im Stiftungsrat als andere Organisationen. Mit drei Vertretern ist der Bund der Vertriebenen besonders gut auch im Stiftungsrat vertreten. Jetzt liegt die Benennung auch beim Bund der Vertriebenen. Das ist die Entscheidung des Bundes der Vertriebenen und nicht der Bundesregierung in erster Linie. Es müssen erst Vorschläge gemacht werden vom Bund der Vertriebenen und dann kann die Bundesregierung entscheiden.
Meurer: Aber das ist ja klar, dass die Vertriebenen Frau Steinbach haben wollen. Was hat die Frau verbrochen, dass sie nicht in den Beirat soll?
Pieper: Darum geht es nicht. Ich glaube, dass Frau Steinbach eine sehr anerkannte Politikerin auch ist, und schätze auch ihr Engagement im Bund der Vertriebenen, auch auf anderen Themenfeldern. Aber ich sage noch mal: Wir befinden uns hier in einer sensiblen Diskussion, auch im deutsch-polnischen Verhältnis, und Erika Steinbach hat mit ihren politischen Abstimmungen in der Vergangenheit, auch was den Nachbarschaftsvertrag, die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze anbelangt, aus meiner Sicht nicht zum Ausdruck, nicht glaubwürdig zum Ausdruck gebracht, dass sie ganz klar auch diese Hürden, die es gibt in der Kommunikation im deutsch-polnischen Verhältnis, abbauen will.
Meurer: Den Vertrag – Entschuldigung, Frau Pieper – hatte auch die CSU damals im Bundestag abgelehnt.
Pieper: In der Tat. Ich sage ja, dass Frau Steinbach eine herausragende Persönlichkeit für den Bund der Vertriebenen ist. Deswegen halte ich es auch für richtig und für klug, dass sie darüber nachdenkt, ob sie dem deutsch-polnischen Verhältnis damit dient, dass sie selbst in den Stiftungsrat geht. Ich denke, es gibt viele Betätigungsfelder auch für den Bund der Vertriebenen, was die Festigung der deutsch-polnischen Beziehungen darüber hinaus anbelangt.
Meurer: Wird die Frage bis Weihnachten entschieden?
Pieper: Das hängt von der Entscheidung des Bundes der Vertriebenen ab, ob man uns die Vorschläge bis Weihnachten machen wird. Ich denke, wenn denn Vorschläge da sind, sollte auch schnell entschieden werden.
Meurer: Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt von der FDP und die neue Polen-Beauftragte der Bundesregierung, bei uns im Deutschlandfunk. Danke, Frau Pieper, und auf Wiederhören.
Pieper: Danke, Herr Meurer.