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Pilotprojekt in Sachsen
Willkommens-Kitas für Flüchtlingskinder

Seit August 2013 hat jedes Kind in Deutschland das Recht auf einen Kita-Platz. Das gilt auch für den Nachwuchs von Flüchtlingsfamilien. Doch die Erzieher in den Tagesstätten sind oft nicht dafür ausgebildet, mit Kindern aus verschiedenen Kulturen und Religionen zu arbeiten. Hier setzt ein Modellprojekt in Sachsen an.

Von Iris Milde |
    Ein Mädchen hält eine Puppe im Arm.
    Beim Projekt "Willkommens-Kitas" liegt der Fokus auf dem professionellen Umgang mit Flüchtlingskindern. (Uwe Zucchi / picture alliance / dpa)
    Das Kinderhaus "An der Elsterwiese" im ostsächsischen Hoyerswerda. Der sechsjährige Aram liegt bäuchlings auf dem Boden und schiebt ein kleines Wohnmobil über die Zugbrücke einer Ritterburg. Er kommt aus Syrien und spricht schon gut Deutsch, aber meist lächelt er nur schüchtern durch seine runden Brillengläser.
    Milde: Was macht denn der Elefant da?
    Aram: Der fährt im Auto.
    Milde: Ein Elefant im Auto. Ist das eine Safari?
    Aram: Ja
    anderes Kind: Ein Elefant im Auto!!
    Milde: Aram ist seit Februar in der Kita. Mit seinen Eltern und seinen fünf Geschwistern hat er Anfang des Jahres ein Zimmer im neu eingerichteten Asylbewerberheim bezogen. 12 Kinder aus dem Heim besuchen derzeit die Kita „An der Elsterwiese". Sie kommen aus Tschetschechien, dem Libanon und Syrien. Die Erzieher stellt das vor ungekannte Herausforderungen, erzählt Kita-Leiterin Katja Walther.
    Walther: Das sind wirklich die kulturellen Aspekte, natürlich hat man Allgemeinwissen, aber das reicht noch lange nicht aus, um die Familien zu verstehen, was ihre Bedürfnisse sind und Wünsche. Natürlich das Essen ist immer wieder eine Herausforderung, genau rauszukriegen, was die Kinder essen dürfen und was nicht. Anziehtechnisch, was müssen die Kinder beim Schlafen anhaben.
    Bedarfsgerechte Fortbildungen für Erzieher
    Milde: Bald, so hofft sie, wird sie mit den Gepflogenheiten der verschiedenen Kulturen, besser vertraut sein. Denn die Kita in Hoyerswerda ist eine von vier Kindertagesstätten in Sachsen, die für das Modellprojekt "Willkommens-Kitas" ausgewählt wurden. Entwickelt hat es die sächsische Regionalstelle der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. Axel Möller ist der Projektleiter.
    Möller: Hier geht es nicht darum, Sprachbarrieren zu beheben, sondern hier geht es darum zu gucken, dass Kinder aus Flüchtlingsfamilien in Einrichtungen ankommen können, das heißt für das Personal Weiterbildungen in interkultureller Pädagogik. In gewisser Weise geht es hier um die interkulturelle Öffnung von Kindertageseinrichtungen.
    Milde: Jeder siebte Flüchtling in Deutschland ist jünger als sechs Jahre. Doch für die Kleinsten gibt es nur wenige integrative Angebote, meist konzentrieren sie sich auf die Sprachförderung. Die Sprache ist aber oft gar nicht das Problem, die lernen die Kinder voneinander. Beim Projekt "Willkommens-Kitas" liegt der Fokus stattdessen auf dem professionellen Umgang mit Flüchtlingskindern. In der ersten Phase erstellen erfahrene Coaches gemeinsam mit den Mitarbeitern der Einrichtungen eine Ist-Analyse.
    Vorurteilsbewusste Erziehung und interkulturelle Pädagogik
    Möller: Dann kommen wir wieder auf den Plan und gucken, welche bedarfsorientierten Fortbildungen brauchen sie, zum Beispiel vorurteilsbewusste Erziehung und Bildung, interkulturelle Pädagogik, Kommunikation mit Eltern oder aber auch eine Fortbildung zum Thema Asylrecht.
    Milde: Darüber hinaus sollen ein Austausch zwischen den teilnehmenden Kitas angeregt und Unterstützungsnetzwerke, etwa mit Sprachmittlern, Logopäden oder Psychotherapeuten, aufgebaut werden. Denn nicht nur Erwachsene, auch Kleinkinder seien nicht selten traumatisiert, erklärt Swetlana Kreismann vom Ausländerrat Dresden.
    Kreismann: Es ist ja immer individuell unterschiedlich, wie lange die schon in Deutschland sind, ob die Familienangehörige verloren haben, wie war die Fluchtsituation, ist die Familie zusammen geflüchtet oder war das getrennte Flucht, ist die Mutter oder der Vater noch dabei. Das auch sehr wichtige Sachen, die man berücksichtigen muss.
    Erziehungspartnerschaften zwischen Eltern und Kita
    Milde: Knackpunkt seien aber oft gar nicht die Kinder, sondern vielmehr die Eltern, meint Kita-Leiterin Katja Walther. Viele sprechen kaum Deutsch oder Englisch.
    Walther: Und im Kindergartenalter muss man sehr viel mit Eltern besprechen und absprechen.
    Milde: Ziel seien deshalb Erziehungspartnerschaften zwischen Eltern und Kita, so Axel Möller. Wünschenswert wäre aber auch eine Integration der Erwachsenen über die Kinder.
    Möller: Sodass dann die Flüchtlingsfamilien und die Kinder in dem Ort auch eine Akzeptanz bekommen, weil da sind einheimische Kinder und einheimische Eltern und wenn die miteinander ins Gespräch kommen und voneinander wissen, dann entsteht ein Dialog, der so eine integrierende Wirkung auf die Kommunen haben kann.
    Milde: Finanziert wird das im Herbst angelaufene Projekt vom Innen- und vom Kultusministerium des Freistaats Sachsen. Die Projektlaufzeit ist bis 2017 angesetzt. Bis dahin könnte sich die Zahl der Willkommens-Kitas auf acht verdoppeln, hofft der Projektleiter. Interesse haben aber über 30 Einrichtungen angemeldet. Bei einem erfolgreichen Verlauf sei auch die Ausweitung auf andere Bundesländer denkbar.