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Pink Floyd
Schlussakkorde der Titanen

"The endless River", das neue Album von Pink Floyd sorgt unter Fans für eine Kontroverse, denn es enthält nur altes Material und besteht überwiegend aus Instrumentals. Ein Muss für alle Fans oder Resterampe fürs Weihnachtsgeschäft. Der Haus- und Hofproduzent der Band Andrew Jackson erklärt, worum bei der Scheibe eigentlich geht.

Von Marcel Anders | 08.11.2014
    Die Band Pink Floyd mit ihrem 2008 verstorbenen Keyboarder Rick Wright (l.)
    Die Band Pink Floyd mit ihrem 2008 verstorbenen Keyboarder Rick Wright (l.) (picture-alliance / dpa/Starstock/Photoshot)
    "Ich verstehe die Frage. Aber ich denke, dass ich es anderen überlassen sollte, sie zu beantworten. Für mich ist es einfach ein etwas anderes, weil instrumentales Pink Floyd-Album. Wobei das aber auch nichts wirklich Ungewöhnliches ist. In der Vergangenheit gab es schon immer richtig lange Songs, in denen allenfalls ein bisschen gesungen wurde."
    Andrew Jackson versteht die heftigen Diskussionen nicht. Der Brite, seit 30 Jahren in Diensten von Pink Floyd, findet es völlig legitim, altes Material zu recyceln, das in diesem Fall aus den umfangreichen Sessions zum 94er Album "The Division Bell" stammt. Nämlich 20 Stunden reine Instrumentalmusik, die mal richtig rockig, mal extrem spacig oder fast meditativ anmuten. Und nun von Produzenten wie Phil Manzanera, Youth oder Andrew Jackson bearbeitet und wie eine Sinfonie angelegt wurde.
    "Das war die Form, die Phil entwickelt hat. Nämlich wie ein klassisches Stück in vier Teilen, was prima funktioniert hat. Dabei ging sein Konzept eigentlich noch weiter: Er wollte es wie die Reise in einem Raumschiff anlegen, was aber verworfen wurde und dazu führte, die Stücke nach ihrer Stimmung anzuordnen. Dabei hatten wir eine riesige Sammlung an Raumschiffgeräuschen, die wir auch hier und da verwendet haben. Aber: Das wäre wohl zu leicht gewesen."
    Leicht haben es sich die großen alten Herren des psychedelischen Rock nun wirklich nicht gemacht. Fast zwei Jahre haben sie an "The Endless River" gebastelt, das Material in die Form eines 60-minütigen Albums gepresst, mit Overdubs und Soundeffekten versehen und zumindest einen Jam zum vollständigen Song mit Texten ausgearbeitet. Der trägt den Titel "Louder Than Words" und ist das Highlight eines ansonsten sehr experimentellen Werks.
    "Wir hatten das Gefühl, als bräuchten wir zumindest einen richtigen Song. Und "Louder Than Words" ist ein Beispiel dafür, wie sich ständig alles verändert hat. Bis kurz vor Schluss war er noch im dritten Teil des Albums. Dann wurde uns klar, dass er da nicht hinpasste, sondern ganz ans Ende wandern musste. Was dazu führte, dass wir viel Zeit darauf verwendet haben, um das umzustellen. Und es wurde darüber nachgedacht, noch einen Song mit Gesang aufzunehmen. Doch nur dieser hat funktioniert."
    Eine musikalische Hommage
    Wobei es einen simplen Grund dafür gibt, dass man keine neue Musik geschrieben, sondern bewusst auf 20 Jahre alte Aufnahmen zurückgegriffen hat. Denn dabei handelt es sich um die letzten mit Keyboarder Rick Wright, der Ende 2008 – im Alter von 65 Jahren – einem Krebsleiden erlag, von der Band nicht immer fair behandelt wurde, aber mittlerweile doch schmerzlich vermisst wird.
    "David, Roger und ganz am Anfang noch Syd Barrett waren derart dominante Charaktere und standen immer so im Vordergrund, dass es sehr leicht war, die übrigen Jungs in der Band zu übersehen. Nur: Mit der Zeit realisiert man dann doch, wie wichtig sie waren – und wie vorschnell sie abgestempelt wurden. Dabei waren sie wirklich wichtig. Rick hat zum Beispiel gerade in der Anfangsphase und in den mittleren Jahren einen Riesenbeitrag zu den Songs geleistet. Und das war einer der Beweggründe für dieses Album."
    Eine musikalische Hommage, die sich auch im Albumtitel niederschlägt. Im Sinne von: Der Fluss an Musik, den man als Kollektiv erarbeitet hat, ist etwas, das ewig Bestand haben wird - und in dem seine Schöpfer für immer weiterleben. Was allerdings nicht für Pink Floyd als Band gilt. "The Endless River" ist der Schlusspunkt der fast 50-jährigen Bandgeschichte, es wird keine weiteren Alben geben und auch den anhaltenden Gerüchten über eine mögliche Welttournee erteilt Jackson eine deutliche Absage.
    "In einem Wort: Nein. Es gibt keine Pläne, dass Pink Floyd noch einmal touren. Das einzige, was passieren könnte, ist, dass David nächstes Jahr live spielt. Was aber auch fraglich erscheint, weil das Solo-Album, das er dabei vorstellen wollte, schon wieder verschoben wurde, weil ihn dieses Projekt zu sehr aufgehalten hat. Sollte es 2015 zu ein paar Konzerten kommen, werden es Solo-Auftritte sein, aber keine Pink Floyd-Shows."