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PISA-Informationen

Städte- und Gemeindetag fordert eine "Bildungs- und Familienoffensive". +++ Chef des deutschen PISA-Konsortiums: Mehr Eigenverantwortung für Schulen. +++ Designierte KMK-Vorsitzende Erdsiek-Rave warnt vor "Rückfall in die Kleinstaaterei". +++ Sprachwissenschaftler will Dialektunterricht an deutschen Schulen.

Von Agnes Steinbauer |
    Die Kommunen fordern im neuen Jahr eine "Bildungs- und Familienoffensive". Sämtliche Einnahmen der von der Regierung geplanten "Reichensteuer" müssen, so der Deutsche Städte- und Gemeindetag, ausschließlich in Schulen und Kindergärten investiert werden. "Wir glauben, dass eine Bildungs- und Familienoffensive zum politischen Inhalt des Jahres 2006 gehören sollte, betonte Präsidiumsmitglied, Gerd Landsberg, am Mittwoch in Berlin. Offensiven ohne Geld seien aber zum Scheitern verurteilt. Nach den Plänen der Koalition soll die Höchstbelastung bei der Einkommensteuer ab 250.000 Euro pro Jahr bzw. 500.000 Euro bei Ehepaaren um drei Prozentpunkte steigen. Die Kommunen rechnet mit einem Steuereinnahmeplus von bis zu 2,1 Milliarden Euro. Das soll, so der Verband, in den weiteren Ausbau der Ganztagsschulen und in neue pädagogische Konzepte gesteckt werden. Die Kommunen, so Verbandspräsident Roland Schäfer, stünden diesem Jahr kurz vor der Pleite und hätten 2006 keinen Spielraum für wichtige Investitionen in Schulen und Kindergärten. Angesichts der vielen Schulabbrecher in Deutschland - zur Zeit rund zehn Prozent - sei der Finanzmehraufwand für Bildung bitter nötig.

    Der Chef des deutschen PISA-Konsortiums, Manfred Prenzel, mahnte in der letzten Woche des Jahres mehr Eigenverantwortung der Schulen an. Für Lernerfolg sei Unterrichtsqualität entscheidend - weniger das Schulsystem, betonte der PISA-Chef gestern in Frankfurt am Main. Es gebe international gute und schlechte Beispiele, sowohl für gegliederte, als auch für integrierte Systeme. Das, und die Verbesserungen bei der zweiten Pisa-Studie, weise darauf hin, dass das Schulsystem nicht der allein entscheidende Faktor sei. Ausschlaggebend ist nach Meinung Prenzels hingegen die Qualität des Unterrichts. Und die sei von einem sorgfältig ausgesuchten und gut kooperierenden Lehrerkollegium abhängig. Der wieder erstarkten Bildungshoheit der Länder steht Prenzel abwartend gegenüber. Wichtigste Aufgabe für den gesamtdeutschen Bildungserfolg: Die Länder müssen sich auf gemeinsame Bildungsstandards einigen.

    Dem will die designierte neue Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave, nichts entgegensetzen. Kurz vor ihrem Amtsantritt am 1. Januar warnte die SPD-Politikerin vor einem "Rückfall in die Kleinstaaterei". Hintergrund: der Berliner Koalitionsvertrag, nach dem die Zuständigkeit für Bildungspolitik fast vollständig auf die Länder übergeht.

    Was dabei herauskommt, können wir ja vielleicht an den neuen PISA-Studien ablesen - denn die gehen 2006 in die nächste Runde. Bereits ab Januar nimmt eine neue Untersuchung die naturwissenschaftlichen Kompetenzen ins Blickfeld. Beteiligt sind diesmal voraussichtlich 58 Länder.

    Der Naturwissenschaften ungeachtet will der Münchner Sprachwissenschaftler Wolfgang Schulze offenbar ganz neue Akzente setzen. Er fordert die Einführung eines Dialektunterrichtes an deutschen Schulen. Das Mundartsprechen stärke die Identität und verbessere die Ausdruckmöglichkeiten, so der Wissenschaftler. Beim Deutschen Philologenverband rennt er damit offene Türen ein. Sein Vorsitzender Heinz-Peter Meidinger, kann sich sogar vorstellen, dass etwa ein Referat über bayerische Geschichte - in Mundart gehalten - besser ankomme - na, der möglicherweise norddeutsche Geschichtslehrer steht dann mit Sicherheit vor neuen pädagogischen Herausforderungen. Dennoch: "Dialekt macht schlau" - das vermuten süddeutsche Pädagogen schon länger - auch wegen der besseren PISA-Ergebnisse in den mundartbetonten Ländern Bayern und Baden-Württemberg - Ja, wahrscheinlich haben die Cleverle aus dem Ländle nicht umsonst den Satz geprägt: "Wir können alles, außer Hochdeutsch."