Gerner: Der Irak im Visier der USA. Jüngste Planspiele gehen von einem möglichen Angriff auf das Regime in Bagdad zwischen Oktober diesen und Februar nächsten Jahres aus. US-Präsident Bush sagt, er habe keine offiziellen Pläne für einen Angriff in der Schublade. Unzweifelhaft scheint aber zu sein, dass Washington derzeit bemüht ist, die Unterstützung der maßgebenden Verbündeten für einen Waffengang zu gewinnen. Deutschland, sollte es soweit kommen, wird in der ein oder anderen Form dann Farbe bekennen müssen. Am Telefon Gert Weisskirchen, außenpolitischer Sprecher der SPD. Herr Weisskirchen, von welchem Zeitplan gehen Sie im Moment aus?
Weisskirchen: Wir gehen davon aus, dass zunächst einmal im Senat in diesen Tagen Anhörungen stattfinden werden. Der Vorsitzende des zuständigen auswärtigen Ausschusses hat schon einige kritische Fragen gestellt, die in den USA, selbst in der Administration in Washington heftig debattiert werden. Insofern gibt es durchaus einige politische Überlegungen, aber für uns gilt ganz eindeutig und klar, dass ein Schlag gegen Saddam natürlich durch eine neue Resolution des Sicherheitsrates autorisiert werden müsste.
Gerner: Und wenn es dieses UN-Mandat nicht gibt? Was bedeutet das für Deutschland?
Weisskirchen: Für uns ist recht klar, dass die bisherigen Resolutionen, also 678 und 687, eindeutig auf Kuwait und auf einen Waffenstillstand nach der damals erfolgten Operation gerichtet sind. Insofern brauchen wir, politisch gesehen, definitiv eine neue Resolution, und ich bin ziemlich sicher, dass die USA alles daran setzen wird, um eine völkerrechtlich einwandfreie Grundlage für eine denkbare Operation zu konstruieren.
Gerner: Es sieht ja ganz danach aus, als würden die USA auch die militärische Hilfe ihrer Verbündeten einfordern?
Weisskirchen: Woher wissen Sie das?
Gerner: Das deuten die Meldungen der vergangenen Tage an. Militärische Hilfe kann ja auch logistische Hilfe heißen.
Weisskirchen: Wir wollen mal die Dinge auseinanderhalten. Sie sprachen von militärischer Hilfe. Ich sage Ihnen, dass dafür eine klare und eindeutige völkerrechtliche Grundlage notwendig ist. Darüber wird gegenwärtig debattiert, auch in den USA selbst. Und bevor es da zu keiner Erklärung gekommen ist, gibt es bei uns keine Notwendigkeit, sich irgendwelchen Szenarien, die gegenwärtig überlegt werden, anzuschließen.
Gerner: Großbritannien und Frankreichs Präsident Chirac haben ja, wie zu lesen ist, ein prinzipielles Einverständnis für den US-Waffengang schon signalisiert. Kann Deutschland sich dem dann entziehen? Stichwort Solidarität mit den USA.
Weisskirchen: Ich gehe davon aus, dass der Bundeskanzler heute mit den französischen Präsidenten sorgfältig darüber debattieren wird, und dass natürlich auch zwischen London und Berlin darüber debattiert wird. Jedenfalls was amerikanische Delegationen in Berlin anbetrifft, davon stimmt kein einziges Wort. Von daher gesehen glaube ich, dass wir, gegenwärtig jedenfalls, ganz klare politische Vorgaben brauchen. Der Bundestag jedenfalls hat sich darauf verständigt, dass alle bisherigen Resolutionen nicht ausreichen. Von daher warten wir gespannt darauf, was politisch jetzt debattiert wird.
Gerner: Ein ehemaliger UN-Waffeninspekteur hat gestern gesagt, die USA selbst hätten internationales Recht missachtet, indem sie damals Inspektionen der UN für Spionagetätigkeit genutzt hätten. Stellt das die Propaganda der USA gegen den Irak in ein neues Licht oder ist das ein Kavaliersdelikt?
Weisskirchen: Man kann nie völlig ausschließen, dass auch innerhalb von UN-Missionen einige Mitarbeiter dabei sind, die anderes vorhaben. Das ist eine der Gründe, der gegenwärtig vom Irak vorgeschoben wird. Nein, der Irak hat sich eindeutig nach der Resolution 1284 daran zu orientieren, dass das neue Sanktionsinstrument ausprobiert werden muss. Darum geht gegenwärtig die Auseinandersetzung. Kofi Annan, der damit beauftragt ist, mit dem Außenminister darüber zu verhandeln, kommt bisher zu keinem vernünftigen Ergebnis, das heißt der Irak verweigert sich gegenwärtig immer noch gegenüber diesem Instrument, sich zu öffnen. Die UNO muss darauf bestehen, dass die Resolution 1284 eingehalten wird, und darauf richten sich alle unsere politischen Anstrengungen. Und das wird man abwarten müssen. Im September wird die Generalversammlung darüber debattieren, und wir werden schauen. Wir hoffen jedenfalls darauf, dass der Irak einlenkt.
Gerner: Vielen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio
Weisskirchen: Wir gehen davon aus, dass zunächst einmal im Senat in diesen Tagen Anhörungen stattfinden werden. Der Vorsitzende des zuständigen auswärtigen Ausschusses hat schon einige kritische Fragen gestellt, die in den USA, selbst in der Administration in Washington heftig debattiert werden. Insofern gibt es durchaus einige politische Überlegungen, aber für uns gilt ganz eindeutig und klar, dass ein Schlag gegen Saddam natürlich durch eine neue Resolution des Sicherheitsrates autorisiert werden müsste.
Gerner: Und wenn es dieses UN-Mandat nicht gibt? Was bedeutet das für Deutschland?
Weisskirchen: Für uns ist recht klar, dass die bisherigen Resolutionen, also 678 und 687, eindeutig auf Kuwait und auf einen Waffenstillstand nach der damals erfolgten Operation gerichtet sind. Insofern brauchen wir, politisch gesehen, definitiv eine neue Resolution, und ich bin ziemlich sicher, dass die USA alles daran setzen wird, um eine völkerrechtlich einwandfreie Grundlage für eine denkbare Operation zu konstruieren.
Gerner: Es sieht ja ganz danach aus, als würden die USA auch die militärische Hilfe ihrer Verbündeten einfordern?
Weisskirchen: Woher wissen Sie das?
Gerner: Das deuten die Meldungen der vergangenen Tage an. Militärische Hilfe kann ja auch logistische Hilfe heißen.
Weisskirchen: Wir wollen mal die Dinge auseinanderhalten. Sie sprachen von militärischer Hilfe. Ich sage Ihnen, dass dafür eine klare und eindeutige völkerrechtliche Grundlage notwendig ist. Darüber wird gegenwärtig debattiert, auch in den USA selbst. Und bevor es da zu keiner Erklärung gekommen ist, gibt es bei uns keine Notwendigkeit, sich irgendwelchen Szenarien, die gegenwärtig überlegt werden, anzuschließen.
Gerner: Großbritannien und Frankreichs Präsident Chirac haben ja, wie zu lesen ist, ein prinzipielles Einverständnis für den US-Waffengang schon signalisiert. Kann Deutschland sich dem dann entziehen? Stichwort Solidarität mit den USA.
Weisskirchen: Ich gehe davon aus, dass der Bundeskanzler heute mit den französischen Präsidenten sorgfältig darüber debattieren wird, und dass natürlich auch zwischen London und Berlin darüber debattiert wird. Jedenfalls was amerikanische Delegationen in Berlin anbetrifft, davon stimmt kein einziges Wort. Von daher gesehen glaube ich, dass wir, gegenwärtig jedenfalls, ganz klare politische Vorgaben brauchen. Der Bundestag jedenfalls hat sich darauf verständigt, dass alle bisherigen Resolutionen nicht ausreichen. Von daher warten wir gespannt darauf, was politisch jetzt debattiert wird.
Gerner: Ein ehemaliger UN-Waffeninspekteur hat gestern gesagt, die USA selbst hätten internationales Recht missachtet, indem sie damals Inspektionen der UN für Spionagetätigkeit genutzt hätten. Stellt das die Propaganda der USA gegen den Irak in ein neues Licht oder ist das ein Kavaliersdelikt?
Weisskirchen: Man kann nie völlig ausschließen, dass auch innerhalb von UN-Missionen einige Mitarbeiter dabei sind, die anderes vorhaben. Das ist eine der Gründe, der gegenwärtig vom Irak vorgeschoben wird. Nein, der Irak hat sich eindeutig nach der Resolution 1284 daran zu orientieren, dass das neue Sanktionsinstrument ausprobiert werden muss. Darum geht gegenwärtig die Auseinandersetzung. Kofi Annan, der damit beauftragt ist, mit dem Außenminister darüber zu verhandeln, kommt bisher zu keinem vernünftigen Ergebnis, das heißt der Irak verweigert sich gegenwärtig immer noch gegenüber diesem Instrument, sich zu öffnen. Die UNO muss darauf bestehen, dass die Resolution 1284 eingehalten wird, und darauf richten sich alle unsere politischen Anstrengungen. Und das wird man abwarten müssen. Im September wird die Generalversammlung darüber debattieren, und wir werden schauen. Wir hoffen jedenfalls darauf, dass der Irak einlenkt.
Gerner: Vielen Dank für das Gespräch.
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